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Gotteszahl

Gotteszahl

Titel: Gotteszahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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Johanne noch Knut Bork hatten die geringste Ahnung davon, wie es in den Kreisen der Reichen zuging. Sie wechselten einen kurzen Blick, dann vertiefte Inger Johanne sich wieder in das Dokument, das die Anwaltssekretärin gebracht hatte.
    »Wenn ich es richtig sehe, dann ist das ein gültiges Testament«, sagte sie. »Wenn es kein später datiertes gibt, dann ist dieses hier …«
    Sie schüttelte den Kopf und hielt die Unterlagen hoch.
    »… das gültige.«
    »Aber Georg Koll ist schon viele Jahre tot«, sagte Silje verwirrt. »Und seine Kinder haben das Erbe angetreten. Die ehelichen Kinder, meine ich. Ich hatte keine Ahnung davon, dass er noch einen Sohn hatte. Steht das wirklich da?«
    Inger Johanne nickte. »›Mein Sohn Niclas Winter ‹ «, zitierte sie.
    »Von dem kann niemand etwas gewusst haben«, sagte Silje. »Ich weiß noch, wie mein Vater gefeixt hat, als das Erbe verteilt wurde, denn Georg Koll hatte keinen Kontakt mehr zu seinen Kindern, seit er seine Frau verlassen hatte. Damals waren die Kinder noch klein. Er war wirklich unmöglich, der Kerl. Die Exfrau und die Kinder lebten in bescheidenen Verhältnissen in Vålerenga, Georg dagegen lebte in Saus und Braus. Die Firma wird jetzt von seinem ältesten Sohn geleitet, von Marcus Koll jr. Ich glaube, er hat das Ganze ein wenig umstrukturiert, aber …«
    Sie drehte sich zu ihrem Computer um. »Ich google den Typ mal kurz«, murmelte sie und starrte gespannt auf den Bildschirm.
    »Bingo. Er ist gestorben am …18. August 1999.«
    »Ziemlich genau vier Monate vor seinem Tod hat er das Testament unterzeichnet«, sagte Inger Johanne, die immer nachdenklicher wurde. »Kaum wahrscheinlich, dass er noch ein neues gemacht hat. Ich glaube ganz einfach, dass unser Freund Niclas Winter um sein Erbe betrogen worden ist!«
    »Aber in diesem Land kann man doch eheliche Kinder nicht enterben«, rief Knut Bork.
    »Aber man kann ihr Erbe auf einen Pflichtteil beschränken.« Inger Johanne blätterte in dem dicken roten Buch. »Der Pflichtanteil für Kinder liegt bei einer Million Kronen«, sagte sie, während sie nach der Erbgesetzgebung suchte. »Wie viele Geschwister hat dieser Marcus?«
    »Zwei«, sagte Silje, »eine Schwester und einen Bruder, wenn ich es richtig in Erinnerung habe.«
    »Nach diesem Testament«, sagte Inger Johanne, »würden die drei jeweils eine Million bekommen, und der Rest ginge an Niclas.«
    Silje stieß einen langen Pfiff aus. »Es geht hier um ganz schön viel Geld«, sagte sie. »Aber das muss doch …«
    Knut Bork sprang auf und riss das Testament an sich. »Es muss doch irgendeine Verjährungsfrist geben«, sagte er wütend, als stünde sein eigenes Vermögen auf dem Spiel. »Niclas Winter hätte doch nicht so viele Jahre später einfach antanzen und verlangen können, dass …«
    Er verstummte und erstarrte in einer Haltung, die ihn aussehen ließ wie einen eifrigen Dozenten. »Verdammt, wieso hab ich die Frau laufen lassen«, sagte er. »Sie hat etwas davon erwähnt, dass Niclas Winter irgendwie ziellos herumtelefoniert habe. Seine Mutter sei gerade gestorben, das hat er erzählt, und auf dem Sterbebett hat sie behauptet, dass in irgendeiner Anwaltskanzlei ein wichtiges Dokument für ihn läge. Das würde seine Zukunft sichern. Vielleicht hatte er nicht …«
    Inger Johanne hatte die Erbgesetzgebung gefunden und schob die Hand zwischen die Seiten des Gesetzbuches. »Wie konnte die Mutter es dem Typ denn verheimlichen, dass er vielleicht zum Krösus würde? Hätte eine Mutter nicht dafür gesorgt, dass …«
    »Vielleicht sollte er erst nach ihrem Tod erfahren, wer sein Vater war«, sagte Silje. »Wir wissen viel zu wenig. Es bringt nichts, hier noch weitere Spekulationen anzustellen.«
    »Gerade über ihn wissen wir doch etwas«, wandte Inger Johanne ein. »Nach seinem Tod erschien in Dagens Næringsliv ein Artikel über Niclas Winter. Seine Installationen sind im Preis gewaltig in die Höhe gegangen, und das zu einer Zeit, in der moderne Kunst fast unverkäuflich ist. Im Artikel stand, dass er keine Erben habe. Da stand auch, er sei … vaterlos aufgewachsen. Seine Mutter war Einzelkind, seine Großeltern waren tot.«
    »Dann können wir davon ausgehen, dass Niclas keine Ahnung hatte, wer sein Vater war, und dass er der Haupterbe sein sollte«, sagte Knut Bork, setzte sich auf die Fensterbank und stellte einen Fuß auf Inger Johannes Stuhl.
    »Bis auf Weiteres jedenfalls«, sagte sie. »Und dann endet die Verjährungsfrist

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