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Gotteszahl

Gotteszahl

Titel: Gotteszahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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KKK und AN entstanden ist. Diese Gruppe wollte damals Revolution machen und die Regierung der USA stürzen. Darunter taten sie es nicht. Der auffälligste Unterschied zwischen ihnen und den neuen Gruppen ist die Zusammenarbeit der Religionen. Und sie sind leider nicht allein. Wir haben zum Beispiel eine weitere Ausbrechergruppe von …«
    Inger Johanne legte den Arm um Karens Schultern. »Hör auf«, sagte sie traurig. »Ich ertrage einfach nicht mehr. Können wir sagen, dass es für heute Abend genug Hassgerede war? Ich möchte mehr über deine Kinder sprechen, über deinen Mann, über … deinen Bruder? Ist er noch immer so ein großer Schürzenjäger?«
    » You bet! Er ist zum dritten Mal verheiratet.«
    Inger Johanne schob die Hand unter Karens Arm, als sie weitergingen. »Jetzt ist es nicht mehr weit«, sagte sie und bog nach rechts ab. »Yngvar wird sich sehr über deinen Besuch freuen.«
    Das stimmte. Er würde glücklich sein, egal, wie spät es war.
    Wenn die Kinder, die Arbeit, das Haus und die Familie ihren Teil abbekommen hatten, war Inger Johanne meistens tod-müde. Sie und  Yngvar gingen manchmal noch zu Freunden zum Essen, aber ihr grauste immer davor. Selten luden sie Gäste ein. Es war immer nett, kostete sie aber viel zu viel Kraft. Yngvar dagegen schaffte es immer, sich seinen Interessen zu widmen, sowie er eine Stunde übrig hatte. Er verbrachte viel Zeit mit Amund, seinem Enkel, der ein Säugling gewesen war, als Yngvars erwachsene Tochter und seine erste Frau bei einem furchtbaren Unfall ums Leben gekommen waren. Auch hatte er jede Menge Kumpels, mit denen er sich regelmäßig traf. In letzter Zeit sprach er sogar davon, sich wieder ein Pferd zuzulegen.
    Und immer redete er auf sie ein: Geh doch aus. Lad jemanden ein. Ruf eine Freundin an, geh ins Kino. »Kristiane kann sehr gut ein paar Stunden ohne dich zurechtkommen«, sagte er häufiger, als sie es hören mochte.
    Er würde entzückt sein.
    Sie näherten sich dem Maridalsvei. Die Wolken trieben über den Himmel, das Rauschen der kahlen Baumkronen übertönte fast den Lärm der Autos auf dem Ringvei im Norden.
    Noch drei Minuten, dann wären sie zu Hause.
    Fast hatte sie Lust, Kristiane zu wecken.
    Nur um sie vorzuführen.

Und wenn du hinkommst
    »Ich muss dir zuerst das hier zeigen«, sagte Kjetil Berggren und legte vier Gegenstände vor sie auf ein weißes Stück Stoff. »Lass dir nur Zeit dabei.«
    Seine Stimme war leise und lief fast über vor Mitgefühl, als stünden sie bereits an Mariannes Grab. Aber dann wären sie beide unpassend angezogen. Inzwischen war Samstag, der 10. Januar, und Kjetil Berggrens verschlissener Anorak hing an einem Haken neben der Tür. Als er um den Tisch ging, um sich wieder zu setzen, musste er einen Strumpf unter seiner Kniebundhose hochziehen.
    »Ich hätte mit hautengem Overall und Schlittschuhstiefeln gerechnet«, sagte Synnøve.
    Der Polizist gab keine Antwort.
    »Mir geht es jetzt besser«, sagte sie tonlos. »Mach dir also keine Sorgen.«
    Zum ersten Mal seit genau zwei Wochen hatte sie geschlafen. Wirklich geschlafen. Kaum waren Berggren und die Pastorin am Vorabend bereit gewesen, sie in Ruhe zu lassen, hatte sie die Hunde gefüttert und war ins Bett gefallen. Vierzehn Stunden später wurde sie wach. Einige Sekunden lang war sie liegen geblieben, ohne so recht zu wissen, wo sie war und was sie empfand. Als die Gewissheit von Mariannes Tod über sie hereinbrach, fing sie wieder an zu weinen. Aber es war doch anders. Es gab keinen Grund mehr, sich zu ängstigen. Marianne war tot, und die Suche war zu Ende.
    Irgendwann würde sie mit dieser Trauer leben können. Das ahnte sie jetzt, nach vierzehn Tagen in der Hölle. Ein schmerzhafter Stillstand war in Bewegung geraten. Auf etwas zu. Wenn sie dort angekommen wäre, müsste alles besser sein.
    Erst an diesem Morgen hatte sie wirklich verstanden, wie angespannt sie in diesen beiden Wochen gewesen war. Ihr Rücken schmerzte und es fiel ihr schwer, den Kopf zu bewegen. Ihre Kiefer wirkten wie verklemmt, als sie versuchte, zu einem späten Frühstück ein paar Löffel Haferbrei zu verzehren. Am Ende gab sie auf und ließ sich ein heißes Bad einlaufen. Dort lag sie dann, bis das Wasser nur noch lau war und die Haut an den Fingerspitzen sich kräuselte.
    Synnøve Hessel war durch das stille Haus gewandert. Sie hatte Kaja als Trost und als Gesellschaft hereingeholt, zum allerersten Mal. Marianne hatte Polarhunde nur unter der Bedingung gehalten, dass die

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