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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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bestandenen Fährlichkeiten und Abenteuern; aber der Graf war mitunter ein wenig langweilig, wegen der gepriesnen Reize seiner Braut und des Glückes, das ihn erwartete.
    Auf diese Weise waren sie in die Berge des Odenwaldes gekommen, und ritten durch einen seiner einsamsten und dickbelaubtesten Pässe. Man weiß, daß die Wälder von Deutschland jederzeit eben so sehr von Räubern, als seine Burgen von Gespenstern heimgesucht worden sind; und gerade um diese Zeit waren die ersteren besonders zahlreich, da Schaaren von entlassenen Soldaten im Lande umherstreiften. Es wird daher nicht ungewöhnlich scheinen, daß auch die Ritter von einer Bande dieser Herumstreifer, mitten im Walde, angefallen wurden. Die Angegriffenen vertheidigten sich sehr tapfer, waren aber fast übermannt, als des Grafen Gefolge zu ihrem Beistande herzukam. Bei ihrem Anblick nahmen die Räuber die Flucht; der Graf hatte indessen bereits eine tödtliche Wunde erhalten. Man brachte ihn langsam und vorsichtig nach Würzburg zurück, und rief, aus einem benachbarten Kloster, einen Mönch zu Hülfe, der seiner Heilkunde für Leib und Seele wegen in gleich großem Rufe stand; allein die Hälfte seines Wissens war unnütz; die Augenblicke des unglücklichen Grafen waren gezählt.
    Mit seinem letzten Athemzug bat er seinen Freund sich sogleich nach dem Schlosse von Landshort zu begeben, um dorthin die Nachricht von dem Vorfalle zu bringen, der ihn an der Erfüllung seines Versprechens hinderte. Obgleich nicht der leidenschaftlichste Liebhaber, war er doch einer der pünktlichsten Menschen, und es schien ihm äußerst viel daran zu liegen, daß diese Sendung schnell und gehörig ausgerichtet werde. »Geschieht dieß nicht,« sagte er: »so werde ich nicht ruhig in meinem Grabe schlafen!« Er wiederholte diese letzteren Worte mit besonderer Feierlichkeit. Eine, in einem so bedeutsamen Augenblicke gethane Bitte ließ kein Zaudern zu. Starkenfaust suchte den Grafen zu beruhigen, versprach, seinen Wünschen getreulich nachzukommen, und gab ihm seine Hand zum feierlichen Pfande. Der Sterbende drückte sie, in dankbarer Anerkennung, verfiel aber bald in Geistesabwesenheit – sprach von seiner Braut – seiner Verbindung – seinem gegebenen Worte; befahl, daß man ihm sein Pferd bringen solle, damit er nach dem Schlosse von Landshort reiten könne, und gab in dem Augenblick seinen Geist auf, wo er sich in den Sattel zu schwingen glaubte.
    Starkenfaust weihte dem frühzeitigen Tode seines Waffengefährten einen Seufzer und eines Kriegers Thräne, und dachte dann über den bedenklichen Auftrag nach, den er auszurichten übernommen hatte. Sein Herz war schwer, und sein Kopf ungewiß; denn er sollte, ein ungebetener Gast, sich feindlich gesinnten Leuten vorstellen und mit einer Nachricht, welche ihre Hoffnungen vereiteln mußte, ihre Freude stören. Indeß regte sich bei ihm doch ein Gefühl von Neugierde, die weitberühmte Schönheit von Katzenellenbogen zu sehen, die den Augen der Welt so sorgsam entzogen wurde; denn er war ein leidenschaftlicher Bewunderer des schönen Geschlechts, und es lag in seinem Charakter eine Hinneigung zum Außerordentlichen und ein Unternehmungsgeist, die ihm ein großen Gefallen an jedem Abenteuer einflößten.
    Vor seiner Abreise nahm er mit der heiligen Brüderschaft des Klosters die nöthige Abrede wegen des Begräbnisses seines Freundes, der in der Cathedrale zu Würzburg neben einigen seiner erlauchten Verwandten beigesetzt werden sollte. Das trauernde Gefolge des Grafen übernahm die Aufsicht über seine irdischen Ueberbleibsel.
    Es ist jetzt hohe Zeit, zu der alten Familie von Katzenellenbogen, welche mit Ungeduld auf den Gast, und mit noch größerem Verlangen, auf das Mittagsessen wartete, und zu dem würdigen kleinen Baron zurückzukehren, den wir auf dem Wartthurm, frische Luft schöpfend, verließen.
    Die Nacht brach an, aber immer noch erschien kein Gast. In Verzweiflung stieg der Baron vom Thurme herab. Das Gastmahl, welches von Stunde zu Stunde verzögert worden war, konnte nicht länger verschoben werden. Die Speisen waren bereits verdorben; der Koch in Todesangst; und die ganze Hausgenossenschaft sah aus, wie eine durch Hunger zur Uebergabe gebrachte Besatzung. Der Baron sah sich gezwungen, das Fest ohne die Gegenwart des Gastes beginnen zu lassen. Alle setzten sich an den Tisch und waren eben im Begriff anzufangen, als der Klang eines Hornes von Außen die Ankunft eines Fremden meldete. Ein zweiter langgezogener Ton

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