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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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erfüllte die alten Burghöfe, und der Widerhall wurde von dem Thurmwart beantwortet. Der Baron eilte, seinen künftigen Schwiegersohn zu empfangen.
    Die Zugbrücke war herabgelassen worden und der Fremde hielt vor dem Thore. Es war ein schlanker, stattlicher Ritter auf einem schwarzen Rosse. Sein Gesicht war bleich, aber er hatte ein glänzendes, schwärmerisches Auge und den Ausdruck edler Schwermuth. Der Baron fühlte sich etwas beleidigt, daß er so einfach und allein daher gekommen sei. Seine Würde war einen Augenblick gekränkt, und er fühlte sich geneigt, dieß als einen Mangel an gehöriger Ehrfurcht bei dieser wichtigen Gelegenheit und gegen die bedeutende Familie anzusehen, mit welcher der Bräutigam sich verbinden sollte. Er beruhigte sich indessen mit der Betrachtung, daß es jugendliche Ungeduld gewesen sei, welche ihn vermocht habe, seinem Gefolge voraus zu eilen.
    »Es thut mir leid,« sagte der Fremde, »hier zu so ungelegener Zeit zu überraschen« –
    Hier unterbrach ihn der Baron mit einer Fluth von Complimenten und Begrüßungsworten, denn, die Wahrheit zu sagen, er bildete sich auf seine Höflichkeit und Beredsamkeit etwas ein. Der Fremde versuchte ein oder zweimal, den Strom seiner Rede zu hemmen, allein vergebens; er neigte also den Kopf, und ließ ihn dahin rauschen. In dem Augenblicke, wo der Baron zu einer kleinen Pause gekommen war, hatten sie den innern Schloßhof erreicht und der Fremde wollte so eben wieder anfangen zu reden, als er abermals durch die Erscheinung der weiblichen Mitglieder der Familie unterbrochen wurde, welche die zaudernde und erröthende Braut herbeiführten. Er blickte diese einen Augenblick wie ein Verzückter an; es schien, als ob seine ganze Seele sich in einem einzigen Blick ergösse und auf der lieblichen Form verweile. Eine von den Basen flüsterte ihr etwas ins Ohr; sie machte einen Versuch zu sprechen; ihr feuchtes, blaues Auge erhob sich schüchtern; sie warf einen scheuen, forschenden Blick auf den Fremden, und schlug es wieder nieder. Die Worte erstarrten ihr auf den Lippen; allein ein sanftes Lächeln umschwebte diese, und die Grübchen auf ihren Wangen zeigten, daß ihr Blick nicht unbefriedigt geblieben sei. Es war unmöglich, daß einem Mädchen von achtzehn Jahren, für Liebe und Heirath bereits gestimmt, ein solcher Cavalier nicht gefallen hätte.
    Der Gast war spät angekommen, und alles weitere Reden wurde dadurch aufgehoben. Der Baron entschied, und verschob alle weiteren Unterredungen auf Morgen, und ging voran zu dem noch unberührten Gastmahl.
    Dieß ward in dem großen Rittersaal der Burg aufgetragen. An den Wänden umher hingen die Bilder der Helden aus dem Hause Katzenellenbogen, und die Siegeszeichen, welche sie in Schlachten und auf der Jagd davon getragen. Zerhackte Panzerhemden, gesplitterte Turnierlanzen und zerrissene Banner waren mit der Beute der Jagd vermischt; die Wolfsrachen und Eberhauer blinkten gräßlich zwischen Armbrüsten und Streitäxten hindurch, und ein gewaltiges Hirschgeweih zweigte sich unmittelbar über dem Haupte des jugendlichen Bräutigams auseinander.
    Der Cavalier gab auf die Gesellschaft oder das Mahl selbst nur sehr wenig Acht. Er genoß fast nichts, sondern schien in Bewunderung seiner Braut versunken. Er sprach so leise mit ihr, daß man nichts von dem, was er sagte, verstehen konnte – denn die Sprache der Liebe ist nie laut; aber wo gibt es ein so stumpfes weibliches Ohr, das nicht das leiseste Flüstern derselben auffaßte? Es lag ein Gemisch von Zärtlichkeit und Ernst in seiner Art und Weise, das auf die junge Dame einen mächtigen Einfluß zu haben schien. Während sie mit gespannter Aufmerksamkeit zuhörte, kam und wich ihre Gesichtsfarbe. Zuweilen antwortete sie erröthend, und wenn sich sein Auge von ihr abwandte, warf sie einen verstohlenen Blick auf sein romantisches Gesicht, und ein leichter Seufzer zärtlicher Glückseligkeit hob ihre Brust. Es war klar, daß das junge Paar ganz in einander verliebt war. Die Basen, tief in die Geheimnisse des Herzens eingeweiht, erklärten, daß Beide bei dem ersten Blicke sich geliebt hätten.
    Das Fest wurde sehr fröhlich, oder doch wenigstens mit großem Geräusche fortgesetzt, denn die Gäste waren sämmtlich mit jener derben Eßlust gesegnet, welche von leichten Börsen und Bergluft unzertrennlich ist. Der Baron erzählte seine besten und längsten Geschichten, und nie hatte er sie so gut oder mit so großer Wirkung erzählt. War irgend etwas

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