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Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition)

Titel: Gottfried Crayon's Skizzenbuch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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führen.«
    »Nein! nein!« erwiederte der Fremde, mit zehnfacher Feierlichkeit: »ich bin keiner Braut verpflichtet – die Würmer! die Würmer erwarten mich! ich bin todt – Räuber haben mich erschlagen – mein Körper liegt in Würzburg– um Mitternacht soll ich zur Erde bestattet werden – das Grab erwartet mich – ich muß mich einstellen!«
    Er schwang sich auf sein schwarzes Streitroß, sprengte über die Zugbrücke, und der Klang der Hufe verlor sich im Pfeifen des Nachtwindes.
    Der Baron kehrte, in der äußersten Bestürzung, in den Saal zurück, und erzählte, was vorgefallen war. Zwei Damen fielen sogleich in Ohnmacht, und andern ward wehe bei dem Gedanken, mit einem Gespenst geschmaust zu haben. Einige meinten, es sei der in den deutschen Sagen berühmte wilde Jäger gewesen, Andere sprachen von Berg-oder Waldgeistern und anderen überirdischen Wesen, mit welchen die guten Deutschen seit undenklichen Zeiten so sehr geplagt sind. Einer von den armen Verwandten wagte es zu äußern, das Ganze sei wohl ein scherzhafter Ausweg des jungen Cavaliers gewesen, und selbst das düstere dieses Einfalls passe zu dem finstern Wesen des Mannes. Allein diese Aeußerung machte den Unwillen der ganzen Gesellschaft, und besonders den des Barons rege, der ihn geradezu wie einen Ungläubigen behandelte, so daß er gern so schnell als möglich seine Ketzerei abschwor und sich an die wahren Gläubigen anschloß.
    Welche Zweifel man aber auch gehabt haben mochte, so wurden sie am folgenden Tage durch die, auf regelmäßigem Wege anlangenden Nachrichten, welche die Ermordung des jungen Grafen und seine Beisetzung in der Cathedrale von Würzburg bestätigten, vollkommen widerlegt.
    Man kann sich leicht die Angst in dem Schlosse denken. Der Baron verschloß sich in sein Zimmer. Die Gäste, welche hergekommen waren, sich mit ihm zu freuen, konnten ihn doch nicht wohl in den Stunden seiner Trauer verlassen. Sie wandelten auf den Höfen umher, oder sammelten sich in Gruppen, im Saale, schüttelten die Köpfe oder zuckten die Achseln über das Unglück eines so guten Mannes, und saßen länger zu Tische und aßen und tranken wackerer als je, um sich bei gutem Muthe zu erhalten. Am bedauerungswürdigsten war aber die Lage der verlassenen Braut. Einen Gatten verloren zu haben, ehe sie ihn nur einmal umarmt – und solch einen Gatten! War das Gespenst schon so edel und angenehm, wie mußte der lebende Mann gewesen sein? Sie erfüllte das Haus mit Klagen.
    In der zweiten Nacht ihres Wittwenthums hatte sie sich in ihr Zimmer zurückgezogen, begleitet von einer ihrer Basen, welche darauf bestand, mit ihr in einem Gemache zu schlafen. Die Base, eine der besten Geistergeschichten-Erzählerinnen in Deutschland, hatte grade eine ihrer längsten aufgetischt, und war mitten in derselben eingeschlafen. Das Zimmer war abgelegen, und hatte die Aussicht aus einen kleinen Garten. Die Nichte lag gedankenvoll und blickte auf die Strahlen des aufgehenden Mondes hin, wie sie auf den Blättern einer Espe zitterten, die vor dem Fenster stand. Die Schloßuhr hatte so eben die Stunde der Mitternacht verkündigt, als eine sanfte Musik aus dem Garten herauf ertönte. Sie sprang eilig aus dem Bett und trat leise an das Fenster. Eine schlanke Gestalt stand im Schatten der Bäume. Als sie den Kopf erhob, fiel ein Strahl des Mondlichts auf ihr Gesicht. Himmel und Erde! sie sah den Geister-Bräutigam! In diesem Augenblick hörte sie einen lauten Schrei hinter sich, und ihre Base, die von der Musik erwacht, und ihr stillschweigend nach dem Fenster gefolgt war, fiel ihr in die Arme. Als sie wieder hinblickte, war das Gespenst verschwunden.
    Von den beiden Frauenzimmern bedurfte die Base jetzt denn am meisten Ermuthigung, sie war vor Schreck ganz außer sich. Was die junge Dame betraf, so war selbst mit dem Geiste ihres Geliebten noch etwas verknüpft, das ihr erfreulich schien. Der Anschein männlicher Schönheit war stets noch da; und obgleich der Schatten eines Mannes wenig gemacht ist, die Gefühle eines liebekranken Mädchens zu beschwichtigen, so ist doch selbst dieß, wenn der wirkliche Geliebte fern ist, noch tröstend genug. Die Base erklärte, daß sie nie wieder in diesem Zimmer schlafen, die Nichte, dießmal widerspenstig, erklärte fest, daß sie in keinem andern des Schlosses schlafen würde. Natürlich mußte sie nun allein bleiben; vorher ließ sie sich aber von der Base das feierliche Versprechen geben, die Geschichte von dem Geiste Niemand zu

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