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Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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Blumenname paßte wenig zu seiner vierschrötigen Gestalt, doch war er (wem glich er darin nicht?) ganz außerordentlich von seiner eigenen Schönheit überzeugt. Ein Bart kräuselte sich um seine Wangen und um sein Kinn. Zwar ward behauptet, er trage diesen Bart nur, um eine tätowierte Schlange zu verbergen, die von einem Haaransatz zum andern um sein Gesicht lief. Narcisse war geizig und freigiebig, je nach den Leuten, mit denen er es zu tun hatte. Aber Geld hatte er stets genügend. Er verwaltete die Kompagniekasse.
    »Du«, sagte Dupont zu Lös, »auf elf Uhr sind sechzehn Wagen mit Gerste angesagt. Von Bou-Denib. Komm mit. Ich muß dir was erklären.«
    Er bot eine englische Zigarette an. Three-Castle stellte Lös fest. Der Sergeant-Major ließ diese Sorte in Tausenderschachteln von Fez kommen und verschacherte sie zu Wucherpreisen.
    Sie gingen hintereinander durch den Posten. Viele Müßige standen herum, saßen auch an den Mauern der Baracken und flickten Kleidungsstücke oder putzten Gewehre. Vor der Mitrailleusensektion gab Sergeant Sitnikoff Theorie: »Die Mitrailleuse Hotchkiss ist eine automatische Waffe, die mittels der entweichenden Pulvergase getrieben wird. Sie besteht aus Rohr, Dreifuß und…«
    Sitnikoff grüßte freundlich. Narcisse dankte kaum.
    »Ein Trockenfurzer«, sagte er und packte mit dem Unterkiefer die Oberlippe. Dadurch stand der Bart waagrecht nach vorn.
    Lös ließ ihm den Vortritt. Der Sergeant-Major hatte einen stark vorspringenden Hinterteil, den er in Pendelschlägen hin und her warf.
    In Lös' Kammer war es still und etwas kühl. Die Läden des kleinen Fensters waren geschlossen. Lös ging zwei Flaschen Bier holen, die im kleinen Kanal vor der Hütte kühlten.
    Narcisses geringelter Bart wurde von Schaumflöckchen verziert, als er das Glas geleert hatte. Dann begann der Chef zu sprechen, und seine Worte machten ihm sichtlich Freude. Die Endsilben ließ er genießerisch auf der Zunge vergehen.
    Wenn der Ort, von dem die Ware komme, erklärte er, mehr als hundert Kilometer entfernt sei, so dürfe man laut Reglement (wo hast du's? Hier? Bien!) pro hundert Kilometer zwei Prozent abschreiben. Der Spanier, der die Gerste bringe, sei stets bereit gewesen, diesen Überschuß sofort zu kaufen, ja bar zu bezahlen. Der Preis der Gerste sei augenblicklich recht hoch, sechzig Franken der Zentner.
    Immerhin eine Einnahme von rund dreihundert Franken. Das sei wohl nicht zu verachten. Aber er bitte sich aus, da er doch diesen Vorschlag gemacht habe, daß seine Mühe honoriert werde. Fünfzig Franken dünke ihn gerade recht. Damit wolle er aus Freundschaft zufrieden sein und dafür auch das Abladen der Säcke beaufsichtigen, falls, man könne ja nicht wissen, zufällig ein Offizier oder gar der Alte dazukäme. Er sei dann immer da, um Auskunft zu geben.
    Lös war einverstanden.
    »Chef«, sagte er (diese Anrede wurde im Posten gebraucht, wenn man Narcisse besonders schmeicheln wollte, es war der Titel, der einem Sergeant-Major der Kavallerie gebührte, Maréchal des Logis-Chef), »Sie kümmern sich um mich, als ob ich Ihr Bruder wäre. Wenn ich Ihnen irgendwie von Nutzen sein kann, so sagen Sie es nur.«
    Der Chef lächelte ein kurvenreiches Lächeln zwischen seinem geringelten Bartwuchs. Er schlug sich mit der Hand auf die gepolsterte Brust, die vorstand wie bei einer Frau, und meinte, er kenne sich schon aus und wisse gut, mit wem er es zu tun habe. Und Lös habe ihm von Anbeginn gefallen, darum habe er sich auch beim Capitaine verwendet, um ihn in die Verwaltung zu bringen, ob er sich noch erinnere an die erste Inspektion, da habe eine Capotte gefehlt, und sonst noch manches. Und wer habe das alles ersetzt? Er, der Chef. Ja, das sei eben die Kunst, im Leben keinen Schwierigkeiten zu begegnen. Man müsse die Richtigen aussuchen, sie an die richtige Stelle setzen, dann sei die Arbeit ein Vergnügen. Darum duze er sich auch mit dem Korporal, er wisse wohl warum, denn er, Lös, habe doch mehr Bildung und mehr Fingerspitzengefühl als dieser Sergeant. Nur sich schön ruhig in dieser Administration halten, und übers Jahr, vielleicht schon früher, werde er den Capitaine schon dazu bringen, Lös zum Sergeanten vorzuschlagen. Also, punkt elf Uhr, bis dahin auf Wiedersehen.
    Der Chef kreuzte ab, steif und wippend.
    Die Sektionen kamen fassen. Brot, Wein, Seife.
    Dann spazierte Lös durch den Posten, besah sich die Baracken, die dunkel und voll summender Fliegenschwärme waren. Holpriger Steinboden,

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