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Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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Piga-a-a-alle.«
    Der Adjutant schrie ihn an: »Immer der letzte, Stefan!«
    »Immer, mon adjudant, aber beim Schnapsfassen der erste.«
    Da lachte der Adjutant und streckte ihm die Rumflasche hin. Stefan trank in gierigen Zügen, bis die grünen Augen unter den Lidern aufquollen.
    »Füttern«, gellte eine Stimme. Inmitten des Vierecks stand der klapprige Sergeant Veyre in voller Ausrüstung. Sogar den Revolver hatte er umgeschnallt. »Füttern«, schrie er noch einmal.
    Ein dumpfes Getrappel war hörbar, von Hufen und genagelten Schuhen. Die Tassen flogen in die Zelte. Trésor, der Fuchs des Adjutanten, wieherte der aufgehenden Sonnenscheibe entgegen, die müde hinter den Bergen hervorkroch. Plötzlich Stille. Neben der Küche, auf dem Kalkofen, stand immer noch breitbeinig der Adjutant, blickte ins Tal hinab, aus dem das Rauschen des Oued klang. Ein Geruch von verfaultem Holz, ranzigem Speck und Schweiß drang ihm in die Nase. »Ostia!« fluchte er laut. Als er die Hand vor die Augen legte, war ein Bild aus seiner Jugend da: Eine Straße bei Parma, weiß in der Sonne der Poebene, Bäume in der Ferne. Maisfelder, die um eine kleine Schenke grünten. Sein Fuhrwerk stand davor, beladen mit Flußsand. Er trug ein Stück Speck in der Tasche, dessen fetter Geruch ihn hungrig machte. »Ostia!« hatte er auch damals geflucht, weil ihm ein Leitseil gerissen war.
    »Antreten!« bellte er. Zum Spaß schoß er noch den Revolver ab. Und auch der Widerhall des Knalls erinnerte ihn an seine Fuhrmannszeit.
    »H-o-o-o«, heulte es von allen Seiten; die Sektion trat an in zwei Reihen.
    »Ausrichten!«
    Da standen sie alle wie die Puppen, den leeren Blick auf den Nebenmann gerichtet.
    »Ruhen.«
    Füßescharren, gedämpftes Murmeln. Dann begann das Aufrufen, eintönig. Doch als der kleine Schneider aufgerufen wurde, unterbrach der Adjutant:
    »Steh gerade, Schneider; wie ein nasser Wollappen sieht er aus.«
    »Melde mich krank«, stieß Schneider hervor.
    »Ich kenne keine Kranken.« Der Adjutant wurde rot und sein verdorrter Schnurrbart sträubte sich. Schneider tauchte unter und verschwand hinter dem Rücken seines Vordermannes.
    Der Appell ging weiter.
    »Wird das Paar nicht endlich ruhig stehen?« schrie wieder der Adjutant. Lachen sprang auf, ein gezwungenes Lachen, wie es schlechten Vorgesetztenwitzen gebührt. Patschuli zeigte sein verwelktes Gesicht und Peschke seine Apachenlocke. Der Adjutant ließ eine Zote fahren und begann die Front abzuschreiten.
    »Zwei, vier, sechs, zehn. Sergeant Veyre, Caporal Dunoyer: Holz. – Zwei, sechs, zehn, zwölf und der Rest – Sergeant Schützendorf, Caporal Claus: Steine holen.«
    Die beiden Geraden zerbrachen in viele Teile; da rief der Adjutant: »Halt. Fünf bleiben im Lager, um den Kalkofen herzurichten.«
    Das Getrappel begann wieder. Der Hund des Adjutanten bellte laut einigen Arabern nach, die mit kleinen schwerbepackten Eseln auf der nahen Straße vorbeizogen. Die Sonne beleuchtete das schwere Grün der Oleanderbüsche an den Ufern des Oued.
    Der kleine Schneider mühte sich ab, seinem gereizten Maultier den Sattel aufzulegen. Er hatte es Jakob getauft und es war sehr kitzlig. Peschke sattelte das Pferd des Adjutanten und warf schnelle Blicke nach Patschuli, der mit Fuad schäkerte. Er wollte dazwischen fahren, doch erinnerte er sich, daß er dem Türken noch fünf Franken schuldete.
    Sergeant Schützendorf balancierte auf seiner Lisa, einem schläfrigen Tier, das mit gesenkten Ohren geduldig wartete.
    »Aufsitzen!« krächzte er. Dann kehrte er die Lisa und ritt auf einen Bergsattel zu, den ein Nebel zart verschleierte. Hinter ihm ordnete sich der Zug. Als letzter fuhr Stefan mit der Araba, einem leichten zweirädrigen Karren, mit drei nebeneinander trabenden Mauleseln bespannt.
    Der kleine Schneider saß zusammengeschrumpft im Sattel. Er hatte am Morgen Chinin geschluckt, das er sich zusammengespart hatte, und nun dröhnten vor seinen Ohren rasch sich folgende Paukenschläge. »Reiten, reiten«, sprach er vor sich hin. Der graue Weg war ein schmaler Läufer, die blaßgrünen Alfabüschel und ihre Schatten warfen bunte Muster.
    »Der Adjutant hätte mich liegen lassen sollen.« Die Gedanken rollten gebremst durch seinen Kopf. »Er weiß ja gar nicht, wie es ist, krank zu sein. Wenn's ihm schlecht geht, säuft er Schnaps. Wer das auch könnte! Aber wir haben ja nie Geld. Wenn ich nur die Prämie noch hätte, aber die ist längst beim Teufel. Ich könnte ja beim Juden dort oben

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