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Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion

Titel: Gourrama: Ein Roman aus der Fremdenlegion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Glauser
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Falten. Um nicht wieder an den beiden Sitzenden vorbei zu müssen, stiegen beide in das Tälchen links von der Straße hinab und erreichten das Sträßlein weiter unten.
    Schilasky steckte das letzte Stück Speck in den Mund, zog ein Taschentuch aus der Hose (es war wirklich ganz sauber, Todd stellte es erstaunt fest) und wischte sich den Mund und die Hände. Es sah aus, als putze sich ein alter, abgemagerter Kater. Dann ließ er sich auf die Böschung zurücksinken, benützte die verknüpften Finger als Kopfkissen und sah sich an einem Stück Himmel fest.
    Nun wandte Schilasky plötzlich den Kopf und saugte sich an den Augen Todds fest. Der Blick wirkte wie ein Schlag, er durchzitterte des andern Körper und sammelte sich schließlich als schmerzhafte Leere in der Magengrube.
    Ein Pfiff…
    Der Marsch ging weiter durch Alfagras und wilden Thymian, der Weg war grau, nicht einmal die Sonne vermochte ihn weiß zu färben. Manchmal führte er durch ein Bachbett, in dem ein fauliges Wasser die Wurzeln der Oleander bespülte. Die Maultiere schlürften einen Zug, wurden zurückgewiesen, schüttelten mißbilligend die Köpfe…
    Das südliche Marokko war wirklich öde. Im Norden sollte es besser sein, da gab es Wälder und Berge, sogar Wasserfälle und richtige Flüsse, wie daheim. Die Urlauber, die nach zwei Jahren Süden nach Casablanca in die Ferien gingen, erzählten davon, und vom Meer und den weißen Frauen, die dort durch die Straßen gingen. Es klang ganz wie ein Märchen.
    Es war Samotadji, des Capitaines blondbärtige Ordonnanz, welcher die Rede auf die Ferien brachte. Er ritt dem Zug entlang, schlug manchmal einen leichten Galopp an und hatte den langen Bart über die Schulter gelegt. Dazu tat er gar gnädig, spielte stellvertretende Autorität (der Capitaine war nirgends zu sehen), sprach geheimnisvoll in Andeutungen, von einem bevorstehenden Kampf. Ein Dschisch, das sei eine Räuberbande, erklärte er den Neuen, sei signalisiert, der Capitaine wisse Bescheid.
    »Wie sie sich aufspielen, wie sie sich aufspielen«, sagte Leutnant Lartigue zu Sitnikoff, der neben ihm ritt. »Mon bon ami, welche Wichtigtuerei, und der Alte freut sich noch, wenn wir angegriffen werden. Die Krawatte des Kommandeurs ist fällig, Offizier der Ehrenlegion ist er ja schon, in guter Gesellschaft muß ich sagen, mit Herrn Paul Bourget und Herrn René Bazin. Ich bitte Sie, welche Ehre bedeutet es, wenn irgend ein Minister mir einen silbernen Orden an die Brust heftet. Ich danke, ich mache nicht mit. Überhaupt«, er schob das Képi auf den Hinterkopf, »wächst mir die ganze Geschichte zum Hals heraus. Fieber hab' ich erwischt und hätte doch so bequem daheim in Paris leben können. Geld hab' ich genug, was tu ich in dieser ›Galera ambulante‹, wie irgendein Italiener sagt? Psychologische Studien dachte ich zu machen und habe mich deshalb in die Legion gemeldet, Schicksale riechen…!« Der Leutnant zog die Luft tief ein. »Aber fremde Schicksale sind langweilig, wenn man selbst keines aufzuweisen hat. Ich bin am Wege vergessen worden, bin stehengeblieben… Und muß nun den Zuschauer spielen. Das ist langweilig.«
    Sitnikoff schwieg. Das Geplapper des Leutnants wirkte einschläfernd, wie ein monotones arabisches Lied.
    Und wieder war es Samotadji, der Leben in die schläfrige Kolonne brachte. Von einen Ende des Zuges zum anderen ritt er, hielt bei einem Bekannten an, erzählte die Neuigkeit des bevorstehenden Kampfes; Lauscher kamen näher. Er, Samotadji, habe keine Angst, er habe bei den Honved gedient und alle Karpatenschlachten mitgemacht. Und dann auch noch die Revolution mit Bela Kun. Das sei ärger gewesen als der ganze Krieg. Schilasky, der Schweigsame, lächelte nur höhnisch. Er hatte keine Lust, mitzurenommieren. Aber der dicke Russe Samaroff, der ein besonders kräftiges Maultier brauchte, weil er über neunzig Kilo schwer war, nahm den Mund gar voll, erzählte in gebrochenem Französisch von Rennenkampf und Koltschak, fluchte auf die Bolschewiken und grinste dann wieder, wie zur Entschuldigung, als Samotadji, der Kommunist, vorbeiritt. Aber Samotadji hatte gar keine Lust, politische Diskussionen zu beginnen. Das war gut und recht für drüben. Hier gab es andere Interessen: Wichtiger war es, zu erfahren, ob man auf der Beförderungsliste stand, die der Capitaine nach Fez geschickt hatte. Was interessierte es jetzt noch den langen Wiener Malek, der behauptete, zur Holzhammerbande gehört zu haben und ein paar Gräfinnen aus

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