Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman
dummen Mächtigen erkannten es. Und auch die Franzosen werden es erkennen, sogar die Deutschen. Und auch die Späteren. Idioma universal. Da hatte der junge Quintana das rechte Wort gefunden. Und heute hatte er den sichtbaren Erfolg und morgen die wunderbare Geliebte.
Er fuhr zurück nach Madrid. Bereitete seine Reise nach Andalusien vor.
Solange er an der »Familie des Carlos« gearbeitet hatte, war in ihm kaum ein Gedanke an Cayetana gewesen, jetzt brannte ihn Sehnsucht, stach ihn Ungeduld. Er konnte nicht arbeiten; der Geruch der Farben, der bloße Anblick der Leinwand war ihm zuwider. Allein er wagte sich nicht fort von Madrid, ehe er das Dokument der Ernennung in Händen hielt. Er glaubte nicht daran, solange er’s nicht verbrieft und besiegelt hatte. Es stand vieles zwischen einem Wort und seiner Erfüllung, und er fürchtete die Dämonen, die immer lauernden. Darum auch, um die Dämonen nicht herbeizuziehen, ließ er niemand wissen von dem Versprechen des Königs, nicht Agustín, nicht Josefa. Er verzehrte sich in Erwartung und wagte sich nicht fort.
Der Schatzmeister der Krone, Don Rodrigo Soler, besuchte ihn. »Was Ihre Honorierung anlangt, Don Francisco«, eröffnete er ihm, »so gehen wir wohl darin einig, daß es sich um 6 hohe Köpfe à 2000 Realen und um 5 hohe Köpfe à 1000 Realen handelt. Wie Sie sehen, habe ich den Kopf Seiner Hoheit des Erbprinzen-Säuglings mit in Rechnung gestellt. Andernteils werden Sie wohl einverstanden sein, daß die Köpfe 12 und 13, die Köpfe der abwesenden Hohen Infantinnen, nicht honoriert werden. Desgleichen kommt wohl auch Kopf 14, der Ihre, nicht in Betracht.« Goya fand die Rechnung nicht generös, aber auch nicht schäbig.
Wieder verging ein Tag, ein zweiter, ein dritter. Eine Ernennung trat in Kraft erst, nachdem sie alle beteiligten Ämter durchlaufen hatte, so daß lässige oder mißgünstige Beamte sie nach Belieben hinziehen konnten. Es war also nur natürlich, daß Goya zu warten hatte. Aber seine Ungeduld wurde krankhaft, sein Hörvermögen verschlechterte sich. Immer häufiger kam ihm der Gedanke, sogleich nach Andalusien zu reisen, zu Cayetana, was immer daraus erwachsen möge.
Da, am vierten Tage nach dem Besuch des Schatzmeisters, stellte sich, begleitet von Pepa, Don Manuel ein. Einer seiner Rotbestrumpften, eine große Aktenmappe tragend, hielt sich bescheiden im Hintergrund.
»Man hat mir von Ihrem Bild erzählt, Don Francisco«, plauderte Pepa, »und ich bin mit Erlaubnis Don Manuels, gewissermaßen hinter dem Rücken der Majestäten, nach Aranjuez gefahren und habe mir das Bild angeschaut. Das ist gegen meine Art, aber Sie wissen, wie sehr ich mich für Ihre Kunst interessiere. Es ist wirklich ein gutes Bild, man muß schon sagen: ein Gemälde. Nicht nur das größte, sondern auch das beste, was Sie hervorgebracht haben. Manchmal haben Sie sich’s freilich ein bißchen leicht gemacht. Der Erbprinz von Parma zum Beispiel ist zweifellos zu lang. Aber im ganzen ist es ein ausgezeichnetes Bild. Und so bunt.«
Don Manuel sagte: »Ich komme in offizieller Funktion. Ich habe Ihnen eine angenehme Mitteilung zu machen.« Er winkte dem Rotbestrumpften, der überreichte ihm ein Schriftstück mit großem Amtssiegel. »Ich habe selber interveniert«, erklärte er, »sonst hätte es noch drei Wochen gedauert. So kann ich Ihnen das Dokument schon heute überreichen. Soll ich es Ihnen vorlesen?« fragte er gewichtig.
Goya wußte natürlich, worum es ging, und Don Manuel war berechtigt, Dank zu erwarten; trotzdem konnte er leisen Ärger über die großspurige Begönnerung kaum überwinden. »Es steht heute wieder nicht sehr gut um mein Gehör«, antwortete er. »Darf ich das Dokument selber lesen?« – »Wie Sie wollen«, sagte gekränkt der Minister.
Goya las: »Der König Unser Herr wünscht, Ihre hohen Verdienste zu belohnen und Ihnen einen Beweis Höchstseiner Gnade zu geben, der den andern Professoren der Akademie zur Aufmunterung dienen und ihnen zeigen möge, wie hoch Seine Majestät Meisterschaft in der edeln Kunst der Malerei schätzt. Aus diesem Grunde hat der König Unser Herr geruht, Sie zum Ersten Hofmaler zu ernennen, mit einem Jahresgehalt von 50 000 Realen, fällig von heute an. Des weiteren ist das Schatzamt angewiesen, Ihnen 500 Dukaten jährlich zu bezahlen für die Spesen Ihres Wagens. Fernerhin wird das Schatzamt mit Ihnen verhandeln über einen angemessenen Zuschuß zu einer repräsentativen Wohnung. Möge Gott Sie uns noch lange
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