Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman
Jahre erhalten. Der Erste Minister Don Manuel Príncipe de la Paz.«
Goya, jetzt ehrlich bewegt, sagte heiser: »Ich danke Ihnen, Don Manuel.« – »Nichts zu danken, mein Lieber«, sagte Don Manuel, seine leise Verstimmung war verweht vor der sichtbar tiefen Freude des Malers. Pepa aber schaute Goya mit ihren schönen, grünen, schamlosen Augen voll ins Gesicht und sagte: »Ich wollte die erste sein, dir zu gratulieren, Francho.«
Als Goya allein war, überlas er das Dokument nochmals und abermals. Vor allem der Zuschuß zur Wohnung freute ihn, und mehr noch die fünfhundert Dukaten für den Wagen. Immer hatte er sich Gewissensbisse gemacht wegen dieses Wagens; nun wurde ihm bestätigt, daß er ihn zu Recht angeschafft hatte. Er hatte manchmal den König für filzig gehalten, weil dieser das Gehalt des Ersten Malers so lange hatte einsparen wollen. Er hatte ihm unrecht getan. Don Carlos war generös und wußte die Kunst zu schätzen. Er wird nichts auf ihn kommen lassen, wenn in Zukunft die Freunde auf ihn schimpfen.
Als er Josefa die Ernennung mitteilte, atmete sie tief auf. Ihr in Gott entschlafener Bruder hatte wieder und wieder erklärt, der Maler müsse das Wahre mit dem Schönen verbinden. Francho hatte gegen diese Grundregel verstoßen, undbis zuletzt hatte sie gefürchtet, die Majestäten würden mit seiner Darstellung ihrer geheiligten Personen nicht einverstanden sein. Jetzt zum ersten Mal war sie überzeugt, daß ihr Francho seinen Aufstieg nicht ihrem Bruder und seiner Verbindung mit dem großen Namen Bayeu verdankte, sondern daß er ein Maler war aus eigenem Verdienst und zu eigenem Recht.
Seinem Freunde Martín Zapater schrieb Goya: »Ich habe Dir lange nicht geschrieben, aber ich war überlastet mit Arbeit. Mit guter Arbeit. Ich kann Dir auch heute nicht lange schreiben, ich muß schleunigst nach dem Süden, zu einer gewissen großen Dame, Du ahnst schon, zu wem. Ich bin auch zum Ersten Maler des Königs ernannt worden und werde Dich um Rat fragen müssen, wie ich neues Geld anlegen soll. Ich habe meinen Agustín beauftragt, Dir eine Abschrift meines Diploms zu schicken. Zeig es meiner Mutter und meinen Brüdern und überhaupt allen in Saragossa, vor allem auch unserm alten Fray Joaquín in Fuendetodos, der nie gewußt hat, ob er was von mir halten soll oder nicht. Jetzt bin ich im Begriff, in meinen Wagen zu steigen, den mir übrigens in Zukunft der König zahlt, 500 Dukaten per Jahr, gelobt sei die Jungfrau. Ich bin ganz erschöpft von der getanen Arbeit und von meinem Glück. Kauf ein paar dicke Kerzen für die Virgen del Pilar. Mein Herzensmartín! Der König und die Königin zerreißen sich um
Deinen Freund Francho.« Er fuhr nach Aranjuez, den Majestäten seinen Dank abzustatten. Er bestellte Extrapost nach dem Süden. Gleich nach der Audienz kleidete er sich um, schickte seine Gala-Uniform zurück nach Madrid und machte sich geradewegs auf die Reise nach Andalusien.
Trieb zur Eile, trieb zur Eile.
Doch am zweiten Tage wollte
Der erfahrne Kutscher einen
Umweg machen, da die große
Straße voll von Löchern sei und
Von Banditen. Aber Goya
Wollte nichts von Umweg wissen.
Einen runden Golddukaten
Gab er dem erstaunten Kutscher.
»Keine Angst, Gevatter«, sagte
Er. »In deinem Wagen fährt ein
Glückspilz.«
31
Goya saß halb angezogen in dem bequemen Sessel und schaute zu, wie Cayetana im Bett ihre Schokolade trank. Die Vorhänge des Alkovens, in welchem das breite Bett stand, waren aufgezogen. Auf jeder Seite des Bettes war eine antike Göttin, sorglich aus edelm Holz gedrechselt, die Brüste der beiden Göttinnen trugen Leuchter, und wiewohl es schon hoher Vormittag sein mußte, waren die Kerzen angezündet. Sie gaben nicht viel Licht, das Zimmer lag in wohltuender Dämmerung, man konnte die Fresken, welche die Wände entlangliefen, ein lächerliches Gartenpanorama, nur undeutlich erkennen. Der Alkoven selber war ausgemalt mit Darstellungen von hohen Fenstern, die gemalten Fensterläden hatten neckischerweise gemalte Gucklöcher, durch welche eine erträumte Sonne einströmen konnte, und es war angenehm, sich in der Kühle des Zimmers vorzustellen, wie heiß es draußen sein mußte.
Spielerisch und genäschig tauchte Cayetana süßes Gebäck in die dicke Schokolade. Die Dueña schaute besorgt zu, ob nichts heruntertröpfeln werde. Auch Goya schaute zu, faul und zufrieden. Niemand sprach.
Cayetana war mit ihrem Frühstück zu Ende, Doña Eufemia nahm ihr die Tasse ab,
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