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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Absicht, mein Gala-Bett erst im späten Herbst abzuhalten. Heuteaber habe ich mich entschlossen, es früher abzuhalten, und ich hoffe, Sie werden mich besuchen.« Es war aber in diesem Teile des Landes Sitte, daß Frauen von einigem Wohlstand alljährlich auf ein bis zwei Wochen krank wurden, sich ins Bett legten, sich verwöhnen ließen, von Freunden und Bekannten Besuche und Geschenke erhielten; ein prunkvolles Bett, das nur zu diesem Zweck verwandt wurde, gehörte zur Aussteuer jedes Mädchens, das auf sich hielt.
    Goya sah sie an, er schaute
    Lange, unbekümmert um die
    Anderen, und sie gab seinen
    Blick zurück, und in den beiden
    War der klagende, eintönig
    Stampfende Gesang, die Weise:
    »Darum laßt uns heute in den
    Tiefen Schoß der Liebe tauchen,
    Morgen können wir’s nicht mehr.« Dann
    Endlich tat den Mund er auf, den
    Zauber brechend, und, ein Majo
    Zu der Maja, sprach er: »Halte
    Nicht erst lang ein Gala-Bett ab,
    Serafina, solcher Dinge
    Braucht’s nicht zwischen uns. Ich male
    Dich auch so. Wir sehen uns auch
    Ohne Vorwand, Serafina.«

36
    Zwei Tage später, des Abends, war er allein mit Cayetana. Es wehte Solano, der schwüle, afrikanische Wind; durch die Windstöße hörte man die abendlichen Signale der beiden feindlichen Geschwader, des nahen spanischen und des ferneren englischen.
    Francisco war nervös und gereizt. Er wollte zurück nach Sanlúcar, wollte Cayetana wieder ganz für sich haben. Er war mit einemmal des Lebens in Cádiz überdrüssig, der vielen Menschen, mit denen man hier zusammensein mußte. Dehnte er seinen Urlaub über Gebühr aus, setzte er die Gunst des Hofes aufs Spiel, um sich mit Señor Martínez und dessengleichen zu unterhalten? Cayetana aber fand offenbar Gefallen an der Verehrung dieser Menschen. Für ihn hatte sie kein Verständnis. Sie sollte Herz und Höflichkeit genug haben, endlich zu merken, daß er nicht länger hierbleiben wollte.
    Er hatte diesen Gedanken nicht zu Ende gedacht, als sie den Mund auftat: »Du brauchst es nicht erst zu sagen, Francisco.« – »Was denn?« gab er zurück mit verstellter Harmlosigkeit. »Was brauche ich nicht erst zu sagen?« Und sie, lächelnd: »Wenn es dir recht ist, gehen wir morgen zurück nach Sanlúcar.«
    Aller Mißmut fiel ab von ihm, als er wieder in Sanlúcar mit ihr allein war; er war strahlend glücklich wie in den Wochen vor der Reise. Auch die Erinnerung an Cádiz verschönte sich ihm. Die Männer hatten ihn gefeiert, die Frauen sich in ihn verliebt, man hatte ihm Preise gezahlt wie kaum je einem Maler vorher; sein Ruhm war sichtlich übers ganze Reich gedrungen. Dabei hatte er erst angefangen zu zeigen, was er konnte, seine Kunst war im Wachsen. Und jetzt war er hier, allein mit seiner wunderbaren Geliebten, die sich allen seinen Launen fügte. Er war jung, er hatte sich’s bewiesen, er besaß alles, was er wünschte. »Sitzend an den goldenen Tischen des Lebens und der Kunst«, klang in ihm ein Vers, den ihm Don Miguel mochte zitiert haben.
    Einmal, im Bett, faul sich dehnend, fragte Cayetana: »Willst du mich noch immer nicht als Maja malen?« – »Aber gewiß«, antwortete er sogleich. Er malte ein zierliches, fröhliches Bild, auf dem er mit ihr spazierenging. Sie war im Maja-Kostüm, sie trug die schwarze Mantilla, er war ein wenig hinter ihr, und sie drehte sich ihm zu, drehte sich in derWespentaille, kokett, biegsam, die eine Hand hielt einladend den geöffneten Fächer, die andere wies auf den Fächer, auffordernd, mit herrisch ausgestrecktem Zeigefinger. Er selber aber, Goya, sprach in höfisch galanter Haltung auf sie ein, er war überaus elegant gekleidet, stutzerhaft geradezu, er trug einen bräunlichen Frack, kostbare Spitzen und hohe Stiefel, er war bis zur Unkenntlichkeit verjüngt und offenbar verliebt wie ein Käfer.
    Sie merkte gut, daß er sie noch immer nicht als Maja sehen wollte, daß er sie wieder nur als große Dame im Kostüm gemalt hatte. Aber sie hatte Freude an dem Bild. Seine Neckerei war harmlos, übermütig, und hatte er sich selber nicht noch viel jungenhafter gehänselt?
    Andern Tages erzählte sie ihm, sie habe wieder den Besuch ihrer toten Zofe Brígida gehabt. Die habe ihr wieder gesagt, sie werde früh sterben, doch nicht, ehe sie als Maja gemalt worden sei. Goya lag träg im Sessel. »Dann wirst du also jetzt leider dran glauben müssen«, antwortete er. »Red keinen Unsinn!« sagte sie. »Du weißt genau, was sie gemeint hat.« – »Ich finde«, erwiderte Goya, »das

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