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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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ihm Stab und Hut verschafft hatte.
    Dann fand in der Kirche des Escorial, über den Gräbern der toten Weltherrscher, die Trauung Don Manuels mit der Infantin Doña Teresa statt, in Gegenwart der Majestäten und der Granden Spaniens. Nicht nur erhielt so Don Manuel den Titel eines Infanten von Kastilien, sondern der König verlieh ihm anläßlich seiner Verehelichung eine Würde, die vor ihm außer Christoph Columbus noch keiner innegehabt hatte: er ernannte ihn zum Großadmiral von Spanien und Indien.
    Ungefähr um die gleiche Zeit wurde, in Málaga, Señora Tudó getraut mit dem Grafen Castillofiel. Die neue Gräfin blieb einige Wochen bei ihrem Gatten in Andalusien, dann ließ sie ihn in Málaga, sie selber fuhr zurück nach Madrid.
    Don Manuel, seinem Versprechen getreu, gab ihr die Möglichkeit, ein Leben zu führen, wie es einer Señora de Título würdig war. Aus den fünf Millionen der Mitgift, die ihm die Infantin gebracht hatte, überwies er der Gräfin Castillofiel eine halbe. »Eine halbe Million«, diese Worte klangen Pepa poetisch ins Ohr und ins Herz, sie erinnerten sie an ihre Romanzen;allein in ihrem Boudoir saß sie, klimperte auf ihrer Guitarre und sang träumerisch vor sich hin: »Eine halbe Million«, und wieder und wieder: »Eine halbe Million.«
    Sie nutzte den neuen Reichtum, hielt üppig Haus und forderte ihre Freunde auf, an ihrem Glanze teilzunehmen. Lud sich Schauspieler ein, mit denen sie studiert hatte, kleine Offiziere, Bekannte aus der Zeit des Marineleutnants Tudó, auch ältere, etwas zweifelhafte Damen, Freundinnen der Dueña Conchita. Es fehlte nicht jener Señor Rivero, der Theaterunternehmer, der sie seinerzeit für seine Truppe in Málaga angestellt hatte. Er war ein findiger Geldmann, hatte Verbindungen mit berühmten Schmugglern und Banditen, war auch beteiligt an Kaperunternehmungen. Die Gräfin Castillofiel vertraute ihm die Verwaltung ihrer Finanzen an, sehr zu ihrem Vorteil.
    Inmitten der Süße ihres Erfolges war eine Bitternis: sie wurde nicht bei Hofe empfangen. Doña María Luisa nämlich ließ die neue Gräfin Castillofiel nicht zum Handkuß zu. Eine Person von Adel gelangte aber in den vollen Genuß ihrer Titel und Würden erst, nachdem sie bei Hofe vorgestellt war.
    Hof und Stadt indessen nahmen keinen Anstoß daran, daß die Gräfin Castillofiel im Grunde noch nicht zu den fünfhundertfünfunddreißig Personen de Título zählte, und man drängte sich zu ihrem Lever. Man glaubte an ihren Einfluß, und es war unterhaltsam im Palacio Bondad Real, in dem seltsam gemischten Kreise von Granden und Prälaten, Schauspielern, kleinen Offizieren und zweifelhaften alten Damen.
    Man fragte sich gespannt, ob nicht eines Tages auch der Erste Minister dort auftauchen werde. Aber er blieb dem Kreise um Pepa fern. Lebte statt dessen im besten Einvernehmen mit seiner Infantin, gab für sie in seinem Palacio Alcudia mehrere große Empfänge und zeigte sich der Welt als guter, beflissener Gatte. Wenn überhaupt, dann betrat er den Palacio Bondad Real nur durch die Hintertür.
    Nachdem aber zwei Monate verstrichen waren, eine, wie er glaubte, genügend lange Anstandsfrist, erschien er einesMorgens, freilich nur auf Minuten, bei Pepas Lever. Ein zweites Mal blieb er länger, dann zeigte er sich immer öfter. Schließlich wurde für ihn im Palacio Bondad Real ein Arbeitskabinett eingerichtet, und bald schrieben die fremden Gesandten ihren Höfen, es würden jetzt die Staatsgeschäfte zumeist im Palacio Bondad Real erledigt, Señora Pepa Tudó vergebe Ämter und Würden, und selbst ihre Dueña Conchita habe mehr in die Staatsgeschäfte einzureden als Don Manuels Ministerkollegen.
    Die Königin, als sie davon erfuhr, war nicht überrascht. Sie hatte gewußt, daß Manuel von diesem Geschöpf nicht loskommen werde. Sie wütete. Beschimpfte sich, daß sie selber nicht von ihm loskam. Aber das war nun einmal von der Natur so eingerichtet. Auch andere große Herrscherinnen hatten sich vergafft in Männer, mit denen kein Staat zu machen war. Die große Semiramis, die Tochter der Luft, hatte ihren Menon oder Nino oder wie er hieß, Elizabeth ihren Essex, die große Katharina ihren Potemkin. Sie wird also nicht erst den Versuch machen, ihren Manuel aus ihrem Leben zu streichen. Aber einfach hinnehmen wird sie seine Frechheit nicht.
    So töricht wird sie natürlich nicht sein, ihm eine Szene zu machen wegen seiner »Gräfin«, kein Wort wird sie verlieren über die Fortdauer der Affäre ihres

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