Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman
dasaß, ihn anblickend aus den grünen, weit auseinanderstehenden Augen. Jetzt erst könnte er sie richtig malen, in ihrem schweren, grünlichen Kleid zum Beispiel mit den Spitzen darüber, das wäre das Richtige für sein neues silbriges Grau. Schlecht war auch jenes andere Bild nicht gewesen, das er für den Admiral Mazarredo gemalt hatte, er war damals recht verliebt gewesen in die Pepa, das hatte er in das Bild hineingemalt. Es war eigentlich spaßhaft, daß er selber Don Manuels Appetit geweckthatte mit seinem guten Bild. Ganz deutlich jetzt sah er die Pepa, wie sie war und wie er sie hätte malen müssen und wie er sie vielleicht malen wird. Und wiewohl er vorhatte, noch ein paarmal mit ihr zu schlafen, nahm Francisco Goya in diesem Augenblick Abschied von seiner Freundin Pepa Tudó. »Es wird«, sagte er formell, »Señora Josefa Tudó sicherlich eine Ehre und eine Freude sein, Eure Exzellenz zu sehen.«
Bald darauf erschien einer der rotbestrumpften Diener und meldete: »Die Dame wartet bereits zehn Minuten, Exzellenz.« Das unbewegte, diskret respektvolle Gesicht des Mannes zeigte, wer die Dame war: die Königin. »Schade«, seufzte Don Manuel, »da müssen wir wohl aufhören.«
Zwiespältigen Gefühles ging Goya nach Hause. Er hatte Frauen schlecht behandelt, hatte Frauen aufgegeben um seiner Karriere willen. Aber niemals hatte jemand gewagt, an ihn ein Ansinnen zu richten wie dieses, und er konnte sich nicht vorstellen, daß er ein solches Ansinnen hingenommen hätte, ginge es nicht um Jovellanos.
In seinem Atelier fand er Agustín. Der mit seinem sauren, immer fordernden Gesicht hatte auch sein Teil dazu beigetragen, ihn in diesen unbehaglichen Handel hineinzuhetzen. Francisco nahm die Skizzen vor, die er von Don Manuel hatte. Er zeichnete weiter; aus dem fleischigen Gesicht des Herzogs schwand die Gutmütigkeit, schwand der Geist, er wurde immer faunischer, schweinischer. Goya zerriß die Skizze, streute Sand über den Tisch, zeichnete in den Sand. Eine begehrliche, tief verspielte Lucía mit dem Gesicht einer bösen Katze, einen schlauen, eckigen Miguel mit dem Gesicht eines Fuchses. Unmutig seufzend wischte er die Gesichter weg.
Schlecht gelaunt verbrachte Goya
Diese Nacht und schlecht gelaunt die
Nächste. Doch am dritten Tage
Kam ihm Botschaft aus dem Hause
Alba. Ein livrierter Diener
Überbrachte eine Karte,
Darin wurde Don Francisco
Eingeladen zu dem Fest, mit
Dem die Herzogin von Alba
Ihr Palais Buenavista
Einzuweihn gedachte, ihre
Neue Wohnstatt. Ferner hieß es
Auf der Karte: »Und wann krieg ich
Meinen Fächer, Don Francisco?«
Lächelnd sah, tief atmend, Goya
Auf die krause, kleine Handschrift.
Dieses war Bestätigung, dies
War der Lohn des Himmels, weil er
Sich und seine Hoffart hatte
Überwunden für die Sache
Spaniens, für Jovellanos.
8
Der preußische Gesandte, Herr von Rohde, berichtete nach Potsdam über Don Manuel Godoy, Herzog von Alcudia:
»Er steht früh auf und gibt seinen Stallmeistern und andern Angestellten ausführliche Weisung für den Tag und die nächste Zeit. Um acht Uhr geht er dann in die Reitbahn seines Landhauses; jeden Morgen, gegen neun, besucht ihn dort die Königin, um ihm beim Reiten Gesellschaft zu leisten. Er ist ein ausgezeichneter Reiter. Das geht so bis elf. Wenn der König von der Jagd zurückkommt, reitet er mit. Auf den Herzog warten mittlerweile schon zahllose Leute, die mit ihm Geschäfte aller Art bereden wollen. Sie werden binnen einer Viertelstunde abgefertigt. Dann findet sein offizielles Lever statt, gewöhnlich sind ein halbes Dutzend Damen von Rang anwesend, und die besten Musiker konzertieren. Um ein Uhr begibt sich Don Manuel in das königliche Palais. Dort hat er sein eigenes großes Appartement, Wohnzimmer,Arbeitszimmer, Schlafzimmer. In seiner Eigenschaft als Kammerherr nimmt er an dem offiziellen Diner des Königs teil. Nach dem Diner begibt er sich in seine Privaträume, diese befinden sich unmittelbar unter dem Appartement der Königin. Dort nimmt dann Don Manuel seine wirkliche Mahlzeit ein, in Gegenwart der Königin, die über eine versteckte Treppe zu ihm herunterkommt, während der König bereits wieder auf der Jagd ist. Bei diesen Zusammenkünften pflegen sich Doña María Luisa und Don Manuel über die Maßnahmen zu einigen, die sie dem König vorschlagen.
Gegen sieben Uhr begibt sich Don Manuel zum König, um ihm Vortrag zu halten. Um acht Uhr geht er wieder in seine Privatwohnung, wo sich gewöhnlich
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