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Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman

Titel: Goya oder der arge Weg der Erkenntnis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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zurückzugewinnen. Aber leider sind die uns verbündeten Fürsten und Völker nicht so opferwillig wie wir und unsere Spanier. Sie sind bereit, die Französische Republik anzuerkennen, ob mit oder ohne uns. Halten wir aber allein aus, dann müssen wir gewärtigen, daß eine gewisse andere gierige Nation, neidisch auf unsere Seemacht, über uns herfällt, während wir an unsern Landesgrenzen verwickelt sind in einen Kampf auf Leben und Tod. Wir sind also, der König und ich, zu dem Schluß gekommen, daß wir unserer und unserer Nation Ehre genuggetan haben und daß wir vor Gott und der Welt berechtigt sind, unsern Völkern den Frieden zurückzugeben. Es wird ein Frieden in Ehren sein.«
    So sprach María Luisa von Parma und Bourbon. Sie war nicht aufgestanden, sie thronte mit ihrem weiten Rock, ihren Juwelen und Federn, gleich einem Götzenbild. Sie hatte den Porträts ihrer Ahnen die königliche Haltung abgeschaut, sie hatte eine gute, geübte Stimme, und der leise, italienische Akzent, mit dem sie sprach, erhöhte den feierlichen Abstand zwischen ihr und ihren Hörern.
    Verzweiflung überkam bei ihren Worten den armen Monsieur de Havré, Botschafter des königlichen Knaben von Frankreich und seines Regenten. Er hatte sich gefreut auf diesen Abend. Es war ihm eine Genugtuung gewesen, daß die Herzogin von Alba ihn eingeladen hatte und daß sein armes,schönes und so begabtes Kind in dem Divertimento hatte mitspielen dürfen. Allein das kurze Erscheinen Genevièves auf der Bühne war das einzige Licht gewesen in der Schwärze dieses Abends. Erst hatte er das Gesicht des schlauen Abate wahrnehmen müssen, dieser dicken Schlange, die ihr Gift gegen seinen königlichen Herrn verspritzte, dann gar noch das verhaßte Antlitz des Jovellanos, des Erzrebellen, dessen Kopf nicht die Herzogin von Alba, sondern der Henker den Katholischen Majestäten präsentieren sollte. Ganz zu schweigen von dem Anblick des frechen Malers, der ihn pöbelhafterweise wieder und wieder um Geld anging, statt der Ehre froh zu sein, den Botschafter der kleinen, rührenden Majestät von Frankreich auf der Leinwand festzuhalten. Und jetzt hatte der furchtbarste Schlag ihn getroffen. Mit eigenen Ohren hatte er hören müssen, wie die Königin dieses Landes in Gegenwart ihrer Granden in nackten, schamlosen Worten das Prinzip der Monarchie verriet, dessen erste Vertreterin sie war. Und er mußte dasitzen, gelassen, in Haltung, er durfte nicht den Kopf über die Arme werfen und losheulen. Oh, wäre er in dem meuterischen Paris geblieben und mit seinem König unter der Schärfe der Guillotine gestorben!
    So größer war die Freude des Abate und des Jovellanos. Der Abate war stolz darauf, mit seelenkennerischem Geschick den rechten Augenblick wahrgenommen zu haben. Im Grunde war er der einzige Staatsmann auf dieser Seite der Pyrenäen. Es beeinträchtigte sein Siegesgefühl nur wenig, daß vermutlich die Geschichte sein Verdienst um den Fortschritt niemals verzeichnen wird. Jovellanos seinesteils wußte natürlich, daß es nicht die Rücksicht auf die Wohlfahrt des Landes war, welche diese María Luisa, diese Messalina, die gekrönte Hure bewog, ihre Friedensabsicht zu verkünden, sondern nur die Sorge, daß sie und ihr Beischläfer bei den steigenden Kriegskosten nicht genug Gold haben würden, ihrer maßlosen Verschwendungssucht zu frönen. Aber welches immer die Gründe sein mochten, sie hatte, allen vernehmlich, ihre Bereitschaft erklärt, den Krieg zu beenden.Friede wird kommen und die Zeit, da ein Mann, erfüllt von Eifer für das Gute, wohltätige Reformen für sein Volk wird durchsetzen können.
    Den meisten der Gäste kam die Ankündigung Doña María Luisens nicht ganz unerwartet, aber doch als Überraschung. Sie fanden den Entschluß der Krone nicht rühmlich, aber vernünftig. Sie waren es zufrieden, wenn der Krieg beendet wurde; seine Fortführung bedeutete für jeden einzelnen wirtschaftliche Einschränkungen. Auch mußte man der Königin zugestehen, daß sie ihre wenig glorreiche Entscheidung klug und würdig einkleidete.
    Doña María Luisa gefiel also ihren Granden. Doch nicht gefiel sie Doña Cayetana de Alba. Sie wollte es nicht leiden, daß diese Frau, ihre Rivalin, ein großes, stolzes letztes Wort haben sollte, noch dazu in ihrem neuen Hause. Sie antwortete, sie widersprach. »Sicherlich«, sagte sie, »werden sehr viele Spanier die Weisheit des königlichen Entschlusses bewundern. Aber ich persönlich und mit mir vermutlich mancher

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