Grab im Wald
jetzt gucken Sie mal, was wir gefunden haben.«
Reynolds hatte die Kassette schon an die richtige Stelle gespult. Nach ein paar Sekunden kam ein alter VW-Käfer ins Bild. Reynolds drückte die Pausetaste.
»Ist das unser Wagen?«, fragte York.
»Ein 71er VW-Käfer. Einer von unseren Experten sagt, das kann man an der Vorderrad-Aufhängung und der Form der Kofferraumhaube da vorne erkennen. Das Wichtigste daran ist aber, dass der Wagen zu den Teppichfasern passt, die wir an Mr Santiagos Kleidung gefunden haben.«
»Verdammte Axt«, sagte Dillon.
»Können Sie das Kennzeichen erkennen?«, fragte York.
»Nein. Wir haben ihn nur von der Seite. Auch keine Teilansicht von schräg vorne, deshalb können wir nicht mal den Bundesstaat erkennen.«
»Aber wie viele gelbe original VW-Käfer können noch unterwegs sein?«, sagte York. »Wir fangen bei den New Yorker Zulassungsstellen an, und wenn wir da nichts finden, machen wir in New Jersey und Connecticut weiter.«
Dillon nickte und kaute beim Sprechen wie eine wiederkäuende Kuh. »Eigentlich müssten wir ihn da finden.«
York wandte sich wieder an Reynolds. »Haben Sie sonst noch was?«
»Was die Qualität des Videos betrifft, hatte Dillon recht. Es ist nicht besonders gut. Aber wenn ich diesen Ausschnitt vergrößere …«, er drückte eine Taste, und das Bild zoomte heran, »… haben wir den Fahrer im Halbprofil.«
Dillon kniff die Augen zusammen. »Er sieht aus wie Jerry Garcia, oder so.«
»Lange graue Haare, langer grauer Bart«, stimmte Reynolds zu.
»Ist das alles?«
»Das ist alles.«
York sagte zu Dillon. »Lass uns die KFZ-Zulassungsstellen checken. Kann ja nicht so schwer sein, den Wagen zu finden.«
34
Sheriff Lowells Anschuldigungen schienen im Wald widerzuhallen.
Lowell, ein Mann, der offenbar wirklich nicht auf den Kopf gefallen war, glaubte, dass Paul Copeland damals gelogen hatte.
Hatte er das wirklich? Und wenn ja, war das wichtig?
Muse dachte darüber nach. Sie mochte Cope, das war keine Frage. Er war ein angenehmer Chef und ein verdammt guter Staatsanwalt. Aber Lowells Worte hatten sie in die Realität zurückgeholt. Sie hatten sie an etwas erinnert, was sie eigentlich hätte wissen müssen: Dies war ein Mordfall wie jeder andere. Man musste den Spuren folgen, ganz egal, wohin sie einen führten – selbst wenn es zu ihrem eigenen Chef war.
Jede Form von Parteinahme war verboten.
Ein paar Minuten später hörte sie Geräusche im Unterholz. Muse sah Andrew Barrett. Er hatte Schlaksigkeit zu einer Kunstform erhoben. Mit seinen langen Gliedmaßen und spitzen Ellbogen bewegte er sich ungelenk und ruckartig.
Er zog etwas hinter sich her, das wie ein Kinderwagen aussah. Das musste das Bodenradar sein. »Hey«, rief Muse. Barrett blickte auf. Man sah ihm an, dass ihm die Störung bei seiner Arbeit nicht behagte. Als er Muse erkannte, hellte sich seine Miene auf.«
»Hey, Muse.«
»Andrew.«
»Wow, schön Sie zu sehen.«
»Mhm«, sagte sie. »Was machen Sie da?«
»Wie meinen Sie das?« Er legte den Griff des Geräts auf den Boden. Drei junge Leute in John-Jay-T-Shirts trotteten hinter ihm her – das mussten die Studenten sein. »Ich suche nach Gräbern.«
»Ich dachte, Sie hätten schon eins gefunden.«
»Hab ich auch. Das ist da oben, so hundert Meter weiter. Aber es werden ja zwei Leichen vermisst, also dachte ich mir, hey, warum soll ich mich auf meinen Lorbeeren ausruhen, wenn Sie wissen, was ich meine.«
Muse schluckte. »Sie haben eine Leiche gefunden?«
Barretts Gesicht glühte vor Begeisterung, wie man es normalerweise nur von christlichen Erweckungsversammlungen kannte.
»Muse, dieses Gerät, mein Gott, es ist einfach fantastisch. Wir haben natürlich auch Glück gehabt. Hier hat’s schon länger nicht geregnet, ja, seit – ich weiß nicht – wie lange Sheriff?«
»Seit zwei, drei Wochen«, sagte Lowell.
»Sehen Sie, und das hilft. Das hilft sogar sehr. Weil der Boden trocken ist. Haben Sie irgendeine Vorstellung davon, wie so ein Bodenradargerät funktioniert? Ich hab hier ein 800-Megahertz-Signal
eingestellt. Damit komm ich zwar nur gut einen Meter in die Erde rein – aber was für einen Meter. Die meisten Kollegen suchen viel zu tief. Dabei gräbt kaum ein Mörder tiefer als einen Meter. Außerdem kann man mit den Geräten, die es bisher gibt, gleichgroße Gegenstände kaum voneinander unterscheiden. Man wusste also nicht, ob man ein Stück Rohr oder tiefe Baumwurzeln oder eben einen Knochen sieht. Das
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