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Grab im Wald

Grab im Wald

Titel: Grab im Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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auseinanderzusetzen. Wenn man Angst vor der Konfrontation hat, findet man immer wieder Möglichkeiten, sich zu verstecken – wobei Lucys eine der gängigsten war: Sie hatte zu tief ins Glas geschaut. Die Menschen griffen nicht zur Flasche, um vor etwas zu fliehen.
    Sie griffen zur Flasche, um sich zu verstecken.
    Lucy setzte sich auf den Fahrersitz und merkte sofort, dass irgendetwas nicht stimmte.
    Der erste sichtbare Hinweis lag im Fußraum vor dem Beifahrersitz. Sie schaute hinunter und runzelte die Stirn.
    Eine Cola-Dose.
    Cola Light, um genau zu sein.
    Sie hob sie auf. Es war noch ein bisschen Flüssigkeit drin. Sie überlegte. Wie lange war es her, seit sie zum letzten Mal im Käfer gesessen hatte? Mindestens drei oder vier Wochen. Da hatte dort keine Dose gelegen. Und falls doch, hatte sie sie übersehen. Ganz ausschließen konnte sie das nicht.
    Dann stieg ihr der Geruch in die Nase.
    Er erinnerte sie an etwas, das in der Nähe des Ferienlagers
passiert war, als sie ungefähr zwölf Jahre alt war. Ira war mit ihr spazieren gegangen. Sie hatten Schüsse gehört, und Ira war völlig durchgedreht. Jäger waren auf ihr Land gekommen. Er war ihnen gefolgt und hatte dann angefangen zu schreien, dass sie sich auf einem Privatgrundstück befänden. Einer der Jäger hatte zurückgeschrien. Er war dann auf sie zugekommen und hatte Ira gegen die Brust gestoßen, und Lucy erinnerte sich, dass er furchtbar gerochen hatte.
    Und diesen Geruch hatte sie jetzt wieder in der Nase.
    Lucy drehte sich um und sah auf den Rücksitz.
    Der Boden war voller Blut.
    Und dann hörte sie in der Ferne Schüsse.

    Die Überreste des Skeletts waren auf einem Edelstahltisch mit winzigen Löchern ausgelegt. Durch die Löcher war der Tisch leichter zu reinigen – man brauchte ihn nur mit einem Schlauch abzuspülen. Der Boden war gefliest, fiel zur Mitte hin leicht ab, in der sich dann auch ein Abfluss befand wie im Duschraum eines Sportclubs. Auch das erleichterte die Reinigung und die Beseitigung etwaiger Reste. Muse wollte gar nicht darüber nachdenken, wodurch solch ein Abfluss verstopft sein konnte, womit man ihn reinigte, ob normaler Abflussreiniger ausreichte oder ob man hier etwas Stärkeres benutzte.
    Lowell stand auf einer Seite des Tisches, Muse und Tara O’Neill standen ihm gegenüber.
    »Und was gibt’s jetzt?«, fragte Lowell.
    »Erstens fehlen noch ein paar Knochen. Ich fahr morgen noch mal raus und such danach. Aber eigentlich fehlt nur Kleinzeug. Das ist bei so einer Sache ganz normal. Ich wollte gerade ein paar Röntgenaufnahmen machen, die Verknöcherungen prüfen, besonders am Schlüsselbein.«
    »Was bringt das?«

    »Das bringt eine grobe Altersangabe. Im Alter hören die Knochen auf zu wachsen. Als Letztes setzen die Verknöcherungen da oben ein, wo das Schlüsselbein auf das Brustbein trifft. Mit ungefähr zweiundvierzig ist das abgeschlossen. Aber darum geht es mir jetzt überhaupt nicht.«
    Lowell sah Muse an. Die zuckte die Achseln.
    »Und was haben Sie jetzt so Großartiges gefunden?«
    »Dies.«
    O’Neill deutete auf das Becken.
    Muse sagte: »Das haben Sie mir schon gezeigt. Das ist der Beweis dafür, dass es sich um ein Frauenskelett handelt.«
    »Ja, das auch. Das Becken ist breiter, wie ich schon sagte. Außerdem haben wir die wenig ausgeprägte Augenhöhlenleiste und die geringere Knochendichte – lauter Hinweise darauf, dass es sich um ein Frauenskelett handelt. Ich bin fest davon überzeugt.«
    »Und was wollen Sie uns jetzt noch zeigen?«
    »Das Schambein.«
    »Was ist damit?«
    »Sehen Sie das hier? Die Kerbe da. Oder besser die Vertiefungen zwischen den Schambeinknochen?«
    »Ja.«
    »Die Knochen werden durch Knorpel zusammengehalten. Das weiß jeder, der ein paar Grundkenntnisse in Anatomie hat. Wahrscheinlich wissen Sie das auch. Meistens denken wir bei Knorpel an die Knie oder die Ellbogen. Er ist elastisch. Er dehnt sich. Aber sehen Sie das hier? Die Narben vorne am Schambein? Die bilden sich auf der Knorpeloberfläche, wenn die Knochen einmal zusammen waren und dann getrennt wurden.«
    O’Neill sah sie an. Ihr Gesicht glühte.
    »Können Sie mir folgen?«
    Muse sagte: »Nein.«
    »Die Kerben bilden sich, wenn der Knorpel gedehnt wird. Und das geschieht, wenn das Schambein getrennt wurde.«

    Muse sah Lowell an. Der zuckte die Achseln.
    »Und das bedeutet, dass die Knochen irgendwann im Leben dieser Frau voneinander getrennt wurden. Und das, Ermittlerin Muse, bedeutet, dass Ihr Opfer entbunden

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