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Grab im Wald

Grab im Wald

Titel: Grab im Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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KGB-Haudegen, die das amerikanische Internet verwendeten, um Informationen zu sammeln – welche Ironie.

    »Was sollen wir jetzt machen?«, fragte Kokorow.
    »Machen?«
    »Ja. Was sollen wir machen?«
    »Nichts, Alexej. Das ist schon so lange her.«
    »Aber in diesem Land verjährt Mord nicht. Sie werden die Ermittlungen wieder aufnehmen.«
    »Und was finden sie dann?«
    Kokorow sagte nichts.
    »Es ist vorbei. Wir haben weder einen Geheimdienst noch ein Land, das uns beschützt.«
    Schweigen. Alexej strich sich übers Kinn und blickte zur Seite.
    »Was ist?«
    Alexej sagte: »Fehlen dir die alten Zeiten nicht manchmal, Sosch?«
    »Meine Jugend fehlt mir«, sagte er. »Sonst nichts.«
    »Die Leute haben uns gefürchtet«, sagte Kokorow. »Sie haben gezittert, wenn wir an ihnen vorbeigegangen sind.«
    »Und das war gut, Alexej?«
    Sein Lächeln war schrecklich anzusehen, die Zähne waren zu klein für den großen Mund, erinnerten an die eines Nagetiers. »Jetzt tu doch nicht so. Wir hatten Macht. Wir waren Götter.«
    »Nein, wir waren Schläger. Keine Götter. Wir waren allenfalls die schmutzigen Handlanger der Götter. Macht hatten die anderen. Und wir hatten auch Angst, also haben wir denen, die noch unter uns standen, ein bisschen mehr Angst gemacht. Und dadurch sind wir uns dann wie große Männer vorgekommen  – weil wir die Schwachen terrorisieren konnten.«
    Alexej winkte ab. »Du wirst alt.«
    »Das sind wir beide längst.«
    »Mir gefällt es nicht, dass diese alte Geschichte plötzlich wieder auftaucht.«

    »Es hat dir auch nicht gefallen, als Pavel plötzlich wieder da war. Er erinnert dich an seinen Großvater, stimmt’s?«
    »Nein.«
    »An den Mann, den du festgenommen hast. Den alten Mann und seine alte Frau.«
    »Glaubst du, du wärst damals besser gewesen, Sosch?«
    »Nein. Ich bin ganz bestimmt nicht besser gewesen.«
    »Es war nicht meine Entscheidung. Das weißt du ganz genau. Sie wurden angezeigt, und dann sind wir in Aktion getreten.«
    »Genau«, sagte Sosch. »Die Götter hatten dir befohlen, das zu tun. Also hast du es getan. Fühlst du dich immer noch so stark?«
    »So war das nicht.«
    »Genauso war’s.«
    »Du hättest dasselbe gemacht.«
    »Ja, das hätte ich.«
    »Wir haben einem höheren Ziel gedient.«
    »Hast du das je wirklich geglaubt, Alexej?«
    »Ja. Und ich glaube es immer noch. Ich frage mich auch jetzt noch, ob das wirklich schlecht war. Wenn ich mir die Gefahren ansehe, die die Freiheit mit sich gebracht hat, bin ich mir da nicht so sicher.«
    »Ich habe es nie geglaubt«, sagte Sosch. »Wir waren einfach Gangster.«
    Schweigen.
    Kokorow sagte: »Und was passiert jetzt – wo sie die Leiche gefunden haben?«
    »Vielleicht passiert gar nichts? Vielleicht sterben noch ein paar Menschen mehr. Und vielleicht bekommt Pavel auch endlich die Chance, sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen.«
    »Hast du ihm nicht gesagt, dass er damit aufhören soll – dass er die Vergangenheit ruhen lassen soll?«

    »Natürlich«, sagte Sosch. »Aber er hat nicht auf mich gehört. Und wer weiß, wer von uns am Ende Recht behalten wird?«

    Dr McFadden kam herein und erzählte mir, dass ich Glück gehabt hätte, weil die Kugel seitlich durch meinen Körper gegangen war, ohne irgendwelche inneren Organe zu treffen. Im Kino habe ich immer mit den Augen gerollt, wenn der Held getroffen wurde und dann sein Leben einfach so fortsetzte, als ob nichts passiert wäre. Die Wahrheit ist aber, dass viele Schussverletzungen so abheilen. Wenn ich hier im Krankenhaus saß, ging das auch nicht schneller, als wenn ich mich zu Hause ausruhte.
    »Die Schläge, die Sie an den Kopf bekommen haben, machen mir viel mehr Sorgen«, sagte er.
    »Aber ich kann nach Hause gehen?«
    »Schlafen Sie doch lieber noch ein bisschen, ja? Und dann gucken wir mal, wie Sie sich hinterher fühlen. Mir wäre es am liebsten, wenn Sie diese Nacht noch bei uns blieben.«
    Ich wollte Einspruch erheben, aber es hätte auch nichts gebracht, wenn ich jetzt nach Hause fuhr. Mir war schlecht, alles war wund und tat weh. Wahrscheinlich sah ich so furchtbar aus, dass ich Cara mit meinem Anblick nur erschreckt hätte.
    Sie hatten im Wald eine Leiche gefunden. Das wollte mir immer noch nicht in den Kopf.
    Muse hatte die vorläufigen Obduktionsergebnisse ins Krankenhaus gefaxt. Sie wussten noch nicht viel, aber im Prinzip sprach alles dafür, dass es sich um die Leiche meiner Schwester handelte. Lowell und Muse hatten sich die

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