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Grab im Wald

Grab im Wald

Titel: Grab im Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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LEICHE
     
    Die erste. Das wiederum deutete darauf hin, dass weitere folgen würden. Offenbar scheute Monsieur Jenrette, vermutlich mit der finanziellen Unterstützung von Marantz, keine Kosten. Wenn sie etwas von den alten Beschuldigungen gegen meinen Vater erfahren hatten – das war jetzt immerhin mehr als fünfundzwanzig Jahre her –, dann waren sie offensichtlich verzweifelt und auf so etwas angewiesen.
    Was würden sie noch finden?
    Ich war kein schlechter Mensch. Aber auch keineswegs perfekt. Das war niemand. Sie würden etwas finden. Sie würden es
bis zur Unkenntlichkeit aufblähen. Sie konnten JaneCare, meinem Ruf und meinen politischen Ambitionen dadurch ernsthaften Schaden zufügen – aber andererseits hatte Chamique auch Leichen im Keller gehabt. Und ich hatte sie dazu überredet, sie alle hochzuholen und der Welt offen zu präsentieren.
    Konnte ich von mir selbst weniger verlangen?
    Als ich beim indischen Restaurant ankam, hielt ich an und stellte den Motor aus. Ich befand mich zwar außerhalb meines Zuständigkeitsbereichs, ging aber nicht davon aus, dass das etwas ausmachte. Ich sah aus dem Autofenster, dachte noch einmal an diese Leiche und rief Loren Muse an. Als sie sich meldete, sagte ich: »Cope hier. Wie es aussieht, könnte ich wohl ein kleines Problem bekommen.«
    »Und das wäre?«, fragte Muse.
    »Jenrettes Vater hat es auf mich abgesehen.«
    »Was macht er?«
    »Er durchforstet meine Vergangenheit.«
    »Wird er was finden?«
    »Wenn man die Vergangenheit eines Menschen gründlich genug durchforstet«, sagte ich, »dann findet man immer was.«
    »Bei mir nicht«, sagte sie.
    »Wirklich nicht? Und was ist mit diesen Leichen in Reno?«
    »Alle Verfahren wurden eingestellt.«
    »Oh, großartig.«
    »War nicht ernst gemeint, Cope. Das sollte ein Witz sein.«
    »Ein echter Brüller, Muse. Das Timing bei der Pointe ist schon fast professionell.«
    »Okay, also sagen Sie schon, was Sie von mir wollen.«
    »Sie sind doch mit ein paar Privatdetektiven aus der Gegend befreundet, stimmt’s?«
    »Stimmt.«
    »Rufen Sie sie an. Versuchen Sie herauszubekommen, wen die auf mich angesetzt haben.«

    »Okay, bin schon dabei.«
    »Muse?«
    »Was noch?«
    »Das hat keine Priorität. Wir haben nicht genug Leute, also übertreiben Sie’s nicht.«
    »Alles klar, Cope. Wie schon gesagt, ich bin schon dabei.«
    »Und wie fanden Sie unseren Auftritt im Gericht?«
    »Es war ein guter Tag für die Guten«, sagte sie.
    »Ja.«
    »Aber womöglich doch nicht gut genug.«
    »Cal und Jim?«
    »Ich bin drauf und dran jeden abzuknallen, der einen dieser Namen trägt.«
    »Kümmern Sie sich darum«, sagte ich und legte auf.
    Was die Inneneinrichtung betraf, gab es bei indischen Restaurants offenbar zwei Strömungen – sehr dunkel und sehr hell. Dieses war hell, farbig und orientierte sich an Hindu-Tempeln – allerdings an extrem kitschigen. Falsche Mosaike, leuchtende Ganesch-Statuen und andere, mir vollkommen unbekannte Gottheiten bestimmten das Ambiente. Die Kellnerinnen trugen bauchfreie, aquamarinfarbene Zweiteiler. Das Outfit erinnerte mich an die böse Schwester in Bezaubernde Jeannie.
    Wir haben alle unsere Vorurteile, aber die ganze Szenerie sah so aus, als würde die ganze Belegschaft jeden Moment ein Stück aus einem Bollywood-Musical zum Besten geben. Ich versuche, den unterschiedlichen Kulturen gerecht zu werden, aber so sehr ich mich auch bemühe, die Musik, die in indischen Restaurants gespielt wird, verabscheue ich. Gerade klang es so, als würde jemand mit einer Sitar eine Katze quälen.
    Als ich eintrat, runzelte die Kellnerin die Stirn. »Wie viele?«, fragte sie.
    »Ich will nichts essen«, sagte ich.
    Sie wartete einfach.

    »Ist Raya Singh da?«
    »Wer?«
    Ich wiederholte den Namen.
    »Ich kenne … ach, warten Sie, die Neue.« Sie verschränkte die Arme und sagte nichts.
    »Ist sie da?«, fragte ich.
    »Wer will das wissen?«
    Ich versuchte die Augenbrauen hochzuziehen. Das war nicht meine Stärke. Es sollte verwegen aussehen, wirkte aber meist so, als hätte ich eine Verstopfung. »Der Präsident der Vereinigten Staaten.«
    »Hä?«
    Ich gab ihr eine Visitenkarte. Sie las sie und überraschte mich dann, indem sie laut rief: »Raya! Raya Singh!«
    Raya Singh trat vor, und ich wich einen Schritt zurück. Sie war jünger, als ich gedacht hatte, Anfang zwanzig, und absolut atemberaubend. Das Erste, was einem auffiel – es war in dem aquamarinfarbenen Kostüm beim besten Willen nicht zu

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