Grab im Wald
zwielichtige Quelle ausgegeben hat. Es dauert eine Weile, bis ich dem nachgegangen bin und genug Druck gemacht habe, dass die ihre Aufzeichnungen rausrücken.«
Ich schüttelte den Kopf. Wir betraten den Gerichtssaal.
»Was anderes«, sagte sie. »Haben Sie schon mal von MVD gehört?«
»Most Valuable Detection«, sagte ich.
»Genau. Die größte Privatschnüffler-Firma in New Jersey.
Cingle Shaker, die Frau, die ich auf die Verbindungsjungs angesetzt habe, hat da früher gearbeitet. Gerüchte besagen, dass sie den Auftrag bekommen haben, ohne Rücksicht auf die Kosten irgendwas gegen Sie auszugraben, um Sie beruflich fertig zu machen.«
Ich war vorne im Gerichtssaal angekommen. »Na super.« Dann gab ich ihr ein altes Foto von Gil Perez.
Sie sah es an. »Was soll ich damit?«
»Macht Farrell Lynch immer noch die Computerarbeit für uns?«
»Ja.«
»Bitten Sie ihn, das Foto durch ein Alterungsprogramm zu schicken. Der Mann soll zwanzig Jahre älter werden. Und er soll eine Glatze bekommen.«
Loren Muse wollte weitere Fragen stellen, aber irgendetwas in meinem Gesicht hielt sie davon ab. Sie zuckte die Achseln und verschwand. Ich setzte mich. Richter Pierce kam herein. Alle erhoben sich. Dann trat Chamique Johnson in den Zeugenstand.
Flair Hickory stand auf, knöpfte sich sorgfältig das Jackett zu und ging auf sie zu. Ich runzelte die Stirn. Einen himmelblauen Anzug in diesem Farbton hatte ich zum letzten Mal auf dem Foto von einem Abschlussball aus dem Jahr 1978 gesehen. Er sah Chamique lächelnd an.
»Guten Morgen, Miss Johnson.«
Chamique wirkte verängstigt. »Morgen«, bekam sie heraus.
Flair stellte sich vor, als hätten sie sich gerade auf einer Cocktailparty kennengelernt. Er ging Chamiques Vorstrafenregister durch. Er sprach leise, aber bestimmt. Sie war wegen Prostitution festgenommen worden, korrekt? Sie war wegen Drogenbesitzes festgenommen worden, korrekt? Sie war beschuldigt worden, einen Freier ausgenommen und um vierundachtzig Dollar erleichtert zu haben, korrekt?
Ich legte keinen Einspruch ein.
Das war alles ein Teil meiner »Ungeschminkte-Wahrheit«-Strategie. Vieles davon hatte ich in meiner Befragung schon angesprochen, aber Flairs Kreuzverhör war sehr effektiv. Er ging nicht auf ihre Aussage ein oder forderte sie auf, etwas daraus näher zu erläutern. Er machte sich nur etwas warm, indem er die Fakten und Polizeiberichte abarbeitete.
Nach zwanzig Minuten fing er an, Ernst zu machen. »Sie haben Marihuana geraucht, ist das richtig?«
Chamique sagte: »Ja.«
»Hatten Sie auch in der Nacht, in der Sie angeblich angegriffen wurden, Drogen konsumiert?«
»Nein.«
»Nein?« Flair legte die Hand auf die Brust, als wäre er von dieser Antwort zutiefst erschüttert. »Hmm. Haben Sie sich Alkohol zugeführt? Vielleicht ein Bier oder Wein getrunken?«
»Nein.«
»Nichts?«
»Nichts.«
»Hmm. Und alkoholfreie Getränke? Vielleicht eine Cola oder so etwas?«
Ich wollte Einspruch erheben, aber meine Strategie war darauf ausgelegt, dass Chamique so viel wie möglich alleine machte.
»Ich habe ein bisschen Punsch getrunken«, sagte Chamique.
»Punsch, verstehe. Und der war alkoholfrei?«
»Das haben sie mir gesagt.«
»Wer?«
»Die Jungs.«
»Welche Jungs?«
Sie zögerte. »Jerry.«
»Jerry Flynn?«
»Ja.«
»Und wer noch?«
»Was?«
»Sie sagten die Jungs. Mit einem s hinten. Also mehr als einer. Jerry Flynn wäre ein Junge. Wer hat Ihnen also noch gesagt, dass der Punsch, den Sie zu sich genommen haben – ach, wie viele Gläser haben Sie eigentlich getrunken?«
»Weiß ich nicht.«
»Mehr als eins?«
»Ich glaub schon.«
»Sie sollen hier nicht raten, Miss Johnson. War es mehr als ein Glas?«
»Ja, wahrscheinlich.«
»Mehr als zwei Gläser?«
»Das weiß ich nicht.«
»Aber möglich wäre es?«
»Ja, kann sein.«
»Also vielleicht auch mehr als zwei. Mehr als drei?«
»Das glaub ich nicht.«
»Aber Sie sind sich nicht sicher?«
Chamique zuckte die Achseln.
»Sie müssen so antworten, dass man Sie hören kann.«
»Ich glaub nicht, dass ich drei Gläser getrunken hab. Wahrscheinlich waren es zwei. Vielleicht aber auch weniger.«
»Und der Einzige, der Ihnen gesagt hat, dass der Punsch alkoholfrei ist, war Jerry Flynn, ist das korrekt?«
»Ich glaube.«
»Vorhin haben Sie ›Jungs‹ gesagt, also die Mehrzahl benutzt, aber jetzt sagen Sie, dass es nur eine Person war. Wollen Sie Ihre Aussage ändern?«
Ich stand auf. »Einspruch.«
Flair winkte ab.
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