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Grab im Wald

Grab im Wald

Titel: Grab im Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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gewesen sein als er. Er war ganz stolz darauf, bei welchen Unis sie sich überall beworben hat und so.«
    »Glenda ist Anwältin«, sagte Mrs Perez mit breiter Brust. »Sie war auf der Columbia Law School.«
    »Wirklich? Da war ich auch«, sagte ich.
    Mrs Perez lächelte. Sie ging zur Couch zurück. »Tomás wohnt in der Wohnung nebenan«, sagte sie. »Wir haben eine Zwischenwand rausgerissen.«
    »Er kann alleine wohnen?«
    »Ich kümmer mich um ihn. Und dann kommt noch jemand für die Pflege.«
    »Ist er jetzt zu Hause?«
    »Ja.«
    Ich nickte und setzte mich wieder hin. Ich wusste selbst nicht
genau, warum ich das gefragt hatte. Trotzdem überlegte ich, inwiefern er in die Sache eingeweiht war und wusste, was mit seinem Bruder geschehen war oder wo er die letzten zwanzig Jahre verbracht hatte.
    Lucy war sitzen geblieben. Sie hielt sich zurück und überließ mir die Gesprächsführung. Sie nahm alles in sich auf, sah sich das Haus und die Einrichtung an und versuchte wohl, das Persönliche auszublenden und ganz die Rolle der Psychologin einzunehmen.
    Mrs Perez sah mich an. »Was wollen Sie hier?«
    »Die Leiche, die wir gefunden haben, das ist Gil.«
    »Ich habe Ihnen doch schon erklärt …«
    Ich hob den braunen Umschlag hoch.
    »Was ist das?«
    Ich steckte die Hand hinein und zog das obere Foto raus. Es war das alte aus dem Lager. Ich legte es auf den Couchtisch. Sie starrte das Bild ihres Sohnes an. Ich betrachtete ihr Gesicht. Sie zeigte keine erkennbare Reaktion, was aber vielleicht auch nur bedeutete, dass sie sich so gut unter Kontrolle hatte, dass ich nichts davon sah. Im ersten Moment wirkte sie vollkommen entspannt. Dann brach ihre Fassade urplötzlich zusammen, und die Zerstörungen der letzten Jahre kamen zum Vorschein.
    Sie schloss die Augen. »Warum zeigen Sie mir das?«
    »Die Narbe.«
    Sie öffnete die Augen nicht.
    »Sie haben gesagt, dass Gil seine Narbe am rechten Arm hatte. Dieses Foto beweist das Gegenteil. Sie war links.«
    Sie sagte nichts.
    »Mrs Perez?«
    »Dieser Tote war nicht mein Sohn. Mein Sohn ist vor zwanzig Jahren von Wayne Steubens ermordet worden.«
    »Nein.«
    Ich griff in den Umschlag. Lucy beugte sich vor. Sie hatte das
Foto noch nicht gesehen. »Das ist Manolo Santiago, der Mann aus dem Leichenschauhaus.«
    Lucy schreckte auf. »Wie heißt der?«
    »Manolo Santiago.«
    Lucy sah mich perplex an.
    »Was ist?«, fragte ich.
    Sie schüttelte nur den Kopf. Ich wandte mich wieder an Mrs Perez.
    »Und dies …«, ich zog das letzte Bild heraus, »… ist ein mit einem Alterungsprogramm bearbeitetes Bild. Zur Erklärung: Mein Mitarbeiter hat das alte Foto von Gil genommen und ihn mit Hilfe dieses Programms zwanzig Jahre altern lassen. Dann hat er den rasierten Kopf und die Gesichtsbehaarung so gestaltet, dass sie der von Manolo Santiago entspricht.«
    Ich legte die Bilder nebeneinander.
    »Gucken Sie sich das an, Mrs Perez.«
    Das tat sie. Sie sah ihn lange an. »Er sieht ihm ziemlich ähnlich. Mehr aber auch nicht. Aber vielleicht gehören Sie zu den Menschen, die glauben, dass alle Latinos gleich aussehen.«
    »Mrs Perez?«
    Lucy sprach Gils Mutter zum ersten Mal direkt an. »Warum sind da keine Fotos von Gil?«
    Sie deutete auf den Kaminsims. Mrs Perez sah nicht in die Richtung, in die sie zeigte. Sie starrte Lucy an. »Haben Sie Kinder, Mrs Silverstein?«
    »Nein.«
    »Dann verstehen Sie das nicht.«
    »Bei allem Respekt, Mrs Perez, das ist Unsinn, was Sie erzählen.«
    Mrs Perez sah aus, als hätte sie eine Ohrfeige bekommen.
    »Da stehen auch Fotos von den Kindern, als sie noch klein waren. Und da hat Gil noch gelebt. Aber er ist auf keinem Bild zu sehen. Ich habe mit trauernden Eltern gearbeitet. Die haben
alle irgendwo in der Wohnung Fotos von ihren verstorbenen Kindern gehabt. Alle, ohne Ausnahme. Dann haben Sie darüber gelogen, an welchem Arm Gil seine Narbe hatte. Sie hatten das nicht vergessen. So einen Fehler macht eine Mutter nicht. Dazu kommen diese Fotos. Die lügen nicht. Und unseren letzten Trumpf hat Paul noch gar nicht ausgespielt.«
    Ich hatte keine Ahnung, was der letzte Trumpf war, also verhielt ich mich ruhig.
    »Der DNA-Test, Mrs Perez. Das Ergebnis ist so gut wie fertig. Endgültig ist es noch nicht, die bisherigen Daten passen aber. Es ist Ihr Sohn.«
    Mann, dachte ich, sie ist gut.
    »DNA-Test?«, rief Mrs Perez. »Ich habe nicht erlaubt, dass ein DNA-Test durchgeführt werden darf.«
    »Die Polizei braucht Ihre Genehmigung nicht«, sagte Lucy. »Laut

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