Grabesdunkel
Gespräch war kurz. AnschlieÃend trat sie zu Joakim.
»Er ist bereit, sich mit Ihnen zu treffen, aber er sagt, dass er kein Interview geben wird, sondern sich nur mit Ihnen trifft.«
»Wo finde ich ihn?«
»Er ist zu Hause.«
»Haben Sie die Adresse?«
»Die müssen Sie schon selber nachschlagen.«
Joakim bedankte sich für die Hilfe und fragte sie nach ihrem Namen. Sie nannte ihm nur den Vornamen â Marianne.
Im Auto rief er über Handy die Auskunft an. Es gab nur einen Tom Marius Westerberg, und der wohnte in der Thereses gate in Bislett.
Wenig später standen sie vor dem Mietshaus. Joakim klingelte. Keine Reaktion. Er versuchte es noch einmal und fluchte leise. Hoffentlich war die Fahrt nicht vergeblich gewesen. Dann hörten sie ein Knistern in der Sprechanlage.
»Ja?«
»Joakim Lund von Nyhetsavisen. Ich habe in der Handelshochschule mit Marianne gesprochen. Sie hat mir gesagt, dass ich vorbeikommen kann.«
Der Türsummer ertönte.
Die Wohnung lag in der ersten Etage. Es war eine Eckwohnung. Das Wohnzimmer war riesig und hatte Fenster in drei Richtungen. Es war ziemlich unaufgeräumt. Hinter der Eingangstür standen leere Flaschen und ein Stapel mit leeren Pizzakartons, und auf dem groÃen Wohnzimmertisch thronte ein überquellender Aschenbecher. Trotz der Unordnung war offensichtlich, dass Tom Geld und Geschmack besaÃ, vielleicht weil er aus einer Familie mit Geld und Geschmack stammte.
Die Wohnung war mit exklusiven hellen Ledermöbeln, einem Parkettboden in einem dunklen Walnusston, dicken, weichen Teppichen und geschmackvollen Gardinen eingerichtet. Tom war mittelgroà und schlank und hatte lange dunkelblonde Haare, die etwas zerzaust wirkten.
»Heute waren schon fünf Journalisten an der Tür«, sagte Tom.
»Haben Sie mit ihnen gesprochen?«
»Nein. Als ich heute früh die Zeitungen am Kiosk gesehen habe, bin ich sofort nach Hause gegangen und habe das Handy ausgeschaltet. Mariannes Freund war ein paar Stunden bei mir. Sie hat am Telefon gemeint, Sie seien okay. Deshalb habe ich zugestimmt, mich mit Ihnen zu treffen. Aber ich weià noch nicht, ob ich reden will.«
»Das ist völlig in Ordnung«, sagte Joakim. »Das entscheiden Sie. Wenn Sie wollen, haben Sie jetzt die Gelegenheit, Ihre Version darzulegen.«
Tom seufzte.
»Ich müsste mit einem Anwalt sprechen, bevor ich mit Ihnen rede.«
»Ich schreibe nichts, was Sie nicht wollen.«
Schweigen. Toms Augen waren geschwollen. Er hatte nach der Vernehmung auf der Polizeiwache wahrscheinlich nicht gut geschlafen.
»Ich habe seit Monaten nicht mehr mit Helle gesprochen. Das Ganze ist total surreal. Wir hatten letzten Herbst eine kurze Beziehung, und jetzt werde ich als ihr Mörder hingestellt.«
»Wo waren Sie am Sonntag?«
»Im Lesesaal.«
»Und dafür gibt es auch Zeugen?«
Tom nickte.
»Wie lange waren Sie mit ihr zusammen?«
Er schnaubte.
»Wir waren eigentlich gar nicht richtig zusammen. Es hat nur ein paar Monate gehalten. Sie war nicht gerade einfach.«
»Wie meinen Sie das?«
»Schon nach ein paar Wochen ist sie mir ausgewichen. Hat immer mehr Zeit mit dieser Ester verbracht. Streckenweise waren sie jeden Abend zusammen im Hjørnet. Ich glaube, sie hat ein doppeltes Spiel gespielt.«
»Wie meinen Sie das?«
»Sie hatte einen anderen.«
»Waren Sie eifersüchtig?«
»Natürlich. Wir hatten einen ziemlichen Krach, bevor es aus war. Ich habe ihr gesagt, dass sie nicht mehr jeden Abend in die Stadt gehen, sondern bei mir bleiben soll. Das wollte sie nicht, und damit war es aus.«
»Wie haben Sie reagiert, als Sie erfahren haben, dass sie tot ist?«
»Ich bin total fertig. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie nicht mehr da ist. Wer sollte ein Interesse daran haben, sie umzubringen? Der Täter muss wirklich ein krankes Schwein sein.«
»Ja«, sagte Joakim und lieà die Antwort eine Weile in der Luft hängen.
Als das Interview zu Ende war, einigten sie sich darauf, später noch zu telefonieren. Joakim würde Tom den Artikel am Telefon vorlesen, und dann konnte Tom endgültig entscheiden, ob Nyhetsavisen ihn drucken durfte oder nicht.
Von der Redaktion aus rief Joakim die Staatsanwältin Kristine Rosenberg an. Sie war zur Ermittlungsleiterin ernannt worden. Was für Joakim Gold wert war. Weil Kikki telefonierte, landete
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