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Grabesdunkel

Grabesdunkel

Titel: Grabesdunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Beverfjord
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er.

Kapitel 20
    Sverre Ekker drehte seinen Bürostuhl zum Fenster hin, nachdem Agnes sein Büro verlassen hatte. Das düstere Wetter tauchte alles in graues Licht.
    Ekker hatte Anfang der Woche eine ganze Sitzung damit vertan, mit Ressortleiter Fredrik Telle herumzustreiten, der ihn gebeten hatte, Agnes ausleihen zu dürfen. Sie verfüge über eine unschätzbare Quelle in dem Handelshochschulmord, hatte Telle angeführt. Außerdem seien die Nachrichtenredaktion und vor allem die Kriminalreporter durch Krankheit unterbesetzt. Auch Telle selbst machte einen erschöpften Eindruck.
    Â»Du kannst dir nicht einfach die Journalisten der anderen Ressorts unter den Nagel reißen. Wir stehen unmittelbar vor der Wahl. Agnes Lea wurde schließlich eingestellt, um die Wahlberichterstattung zu unterstützen«, hatte Ekker gewütet.
    Nachrichtenchefin Katarina Hoff war schließlich dazwischengegangen. Ihr Tonfall verriet, dass sie der Diskussion müde war.
    Â»Agnes Lea unterstützt die Nachrichtenredaktion, wenn sie gebraucht wird. Es ist noch genug Zeit bis zur Wahl – und wenn es so weit ist, braucht die Politikredaktion möglicherweise Hilfe von den Nachrichtenjournalisten.«
    Ekker war ihr die Antwort schuldig geblieben. Er hielt nicht besonders viel von Hoff. Sie war ein inkompetentes Weibsbild. Genau wie Ressortleiter Telle hatte auch Nachrichtenchefin Hoff eine Vergangenheit als Kriminalreporterin. Die Kriminalistik war ein Bereich, den Ekker nicht sonderlich schätzte, ein notwendiges Übel bei einer Zeitung – Sozialpornografie, nicht viel besser als der Promijournalismus. Politische Berichterstattung dagegen war Journalismus für Leute mit Gehirn. Das Problem war nur, dachte Ekker, dass das Fassungsvermögen von Hoffs Gehirn dafür nicht ausreichte, sie verstand nichts von diesem Fachgebiet. »Schreibt über die Konsequenzen, Leute!«, pflegte sie zu sagen. »Was bedeutet diese Politik für unsere Leser?«
    Ekker widersprach ihr bei diesen Gelegenheiten nur selten. Doch seiner Abteilung signalisierte er das Gegenteil, wenn sie unter sich waren.
    Â»Das politische Spiel ist das Interessante«, ermahnte er seine Leute. »Die internen Machtkämpfe in den innersten Reihen der Partei, die Personalkonflikte, die Siege und die Niederlagen.«
    Während der Ressortleiterbesprechung hatte er sie und Telle trotzig angestarrt. Wieder einmal hatte Nachrichtenchefin Katarina Hoff signalisiert, dass sie dem Blaulichtjournalismus Vorrang vor dem politischen Journalismus gab. Ekker hätte darauf gewettet, dass Agnes sich bereits hinter seinem Rücken bei der Nachrichtenchefin eingeschmeichelt hatte und deshalb die Erlaubnis erhielt, für die Kriminalredaktion zu arbeiten. Wahrscheinlich versuchte sie, von seinem Ressort wegzukommen, von ihm.
    Sverre Ekker war ein Kontrollfreak. Er hatte sich nach oben gekämpft. Nach seinem Master in Politologie hatte er zunächst als politischer Journalist und später als politischer Kommentator für Nyhetsavisen gearbeitet. Er war erst seit einem halben Jahr Ressortleiter der politischen Redaktion und konnte es sich noch nicht leisten, sich zurückzulehnen. Agnes war ein Schädling in seinen Augen. Sie durfte sich nicht in ein anderes Ressort verdrücken. Sie musste weg.

Kapitel 21
    Joakim begann den Tag damit, einen alten Bekannten aufzusuchen. Es war Vormittag, und er eilte Richtung Storgate. Sein Ziel lag in einem Keller in einer der Nebenstraßen und war für Außenstehende nicht leicht zu finden. Der Kampfsportklub TT war kein Klub für jedermann. Wer Mitglied wurde, hatte in der Regel schon Erfahrungen in anderen Kampfsportarten wie Thaiboxen, Kickboxen oder brasilianischem Jiu-jitsu. Der Klub war bekannt dafür, die härtesten Sportler, aber auch die brutalsten Schläger in Oslos Unterwelt hervorzubringen. Die Betreiber wussten fast alles, was an Kriminellem in der norwegischen Hauptstadt passierte. Einer davon, Otto Randsborg, gehörte zu Joakims alten Quellen und hatte einem Treffen zugestimmt.
    Nur eine Handvoll Männer befand sich in den Trainingsräumen, als Joakim kam. Es roch streng und stickig. Die weiß gestrichenen Betonwände waren schwarz von Dreck, Tritten und Schlägen. Otto nahm Joakim in Empfang. Er trug ein weißes Unterhemd, das seine muskulösen Arme freigab, und dazu eine graue Trainingshose. Sein Gesicht wirkte verhärmt, die Nase war

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