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Grabeskaelte

Grabeskaelte

Titel: Grabeskaelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Schwarz
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wieder in Gang zu bringen. Von dieser Möglichkeit erhoffe ich mir ehrlich gesagt das Allermeiste.“
    Bei den letzten Worten des Kommissars war Ralph unruhig geworden. Nervös rutschte er auf seinem Hocker hin und her, kratzte sich am Kopf und suchte nach den rechten Worten. Schamrot im Gesicht stieß er schließlich hervor: „Ich kann Ihnen den Laptop nicht geben, weil ich ihn nicht mehr habe …“
    „Sie haben ihn nicht mehr? Was soll das heißen? Haben Sie ihn etwa verkauft, oder verschenkt?“
    „Wenn es doch bloß das wäre!“ Gequält rang Ralph sich die folgenden Worte ab:
    „Eigentlich bin ich sonst gar nicht so, ich meine so aggressiv. Aber eines Abends bekam ich solche Wut wegen der ganzen Sache – das können Sie sich gar nicht vorstellen. Ich brauchte unbedingt ein Ventil, etwas, woran ich meinen ganzen angestauten Frust abreagieren konnte. Da kam ich hierher. Und da stand da noch immer der offene Laptop mit Lauras letzten Worten auf dem Bildschirm. Ich habe minutenlang darauf gestarrt, mir noch einmal Wort für Wort davon durchgelesen – dann bin ich ausgerastet. Ich habe ihn, außer mir vor Wut, gepackt, das Kabel aus der Dose gerissen und auf den Boden geschleudert. Dann bin ich wie von Sinnen darauf herum getrampelt. Ich weiß nicht wie lange ich so getobt habe. Alles, was übrig blieb, habe ich am nächsten Tag in den Schrottcontainer geschmissen. Da gab es nichts mehr, was noch zu gebrauchen gewesen wäre. Sie müssen mir jetzt nicht sagen, was für ein riesengroßer Idiot ich bin – das weiß ich nämlich schon …“
    Henning konnte und wollte nicht glauben, was er da zu hören bekam. Seine letzte große Hoffnung, Coras Manuskript doch noch lesen zu können war soeben wie eine Seifenblase geplatzt. Er war wütend und das aus gutem Grund. Er musste jetzt allein sein. Auch Ralph schien das zu merken. Wie ein begossener Pudel schlich er aus dem Zimmer.
    Es dauerte eine ganze Weile, bis Henning sich dazu aufraffen konnte, den Raum unter die Lupe zu nehmen. Aber so war das nun einmal. Er musste versuchen, das Beste aus der verfahrenen Situation zu machen. Ohne allzu große Hoffnungen zu hegen, begann er, Coras Bücherregal zu durchforsten. Er ging die oberste Bücherreihe durch: Duden, ein Synonymwörterbuch, daneben noch eines für den Stil. Weitere Nachschlagewerke folgten. Er nahm sie alle zur Hand und blätterte sie in der Hoffnung, auf eine Nachricht zu stoßen, durch. Aber er fand nichts. In der Mitte des Regals angelangt, standen eine ganze Reihe von Titeln der Schriftstellerin Isabel Allende. Aus der Anzahl der Bücher schloss er, dass auch Cora sie verehrt haben musste, genau wie er selbst. Er konnte sich noch gut der Gefühle erinnern, die ihn erfüllten, als er kurz nach dem Tod seiner Frau den Roman „Paula“ gelesen hatte. Jetzt, als er das Buch wieder in Händen hielt, schien ihn ein Strom jener Zuversicht, die von dem Buch ausging – dem ausweglosen Kampf zum Trotz – erneut zu erfassen. Ungeachtet ihres schweren Schicksalsschlages gelang es der phantasievollen Autorin wie keiner anderen, mit dem was sie schrieb, pure, alle Sinne einbeziehende Lebensfreude zu vermitteln. Versonnen strich er über den Einband. Man sah dem Buch an, dass es schon mehrmals gelesen war.
    Die Untersuchung des Regals hatte nichts gebracht. Henning wandte sich dem Schreibtisch zu. In der Hoffnung auf ein Geheimfach zu stoßen, hob er alle Schubkästen, bis auf den untersten, der klemmte, heraus, und tastete die Innenverkleidung des monströsen Kolosses ab. Aber er fand nichts. Wer auch immer hier zu Werke gegangen war, er hatte seine Arbeit gründlich getan. Stück für Stück, bei solch einem massiv gefertigten Möbelstück keine leichte Arbeit, rückte Henning den Schreibtisch von der Wand weg. Ein schmaler Schlitz entstand. Er kniete sich davor, um besser dahinter sehen zu können. Vielleicht war ja an der Rückseite eine Nachricht befestigt? Doch auch das stellte sich als Fehlschlag heraus. Henning wollte das schwere Stück gerade wieder an seinen alten Platz zurückwuchten, als ihm ein vergilbtes Stück Papier, das unter dem rechten hinteren Schreibtischbein hervorlugte, auffiel. Er zwängte sich in den engen Spalt und zog es vorsichtig zu sich heran. Es war ein Zeitungsausschnitt. Neugierig geworden begann er zu lesen: Mordfall Kirstin L. aufgeklärt! Seit Wochen lebt unsere Stadt in Angst und Schrecken. Doch nun dürfen wir aufatmen. Denn es gelang der Polizei, den Mörder der

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