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Grabeskaelte

Grabeskaelte

Titel: Grabeskaelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maren Schwarz
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von der Hauptstraße abzweigenden Weg, der für Autofahrer gesperrt war. Henning der hier noch nie entlang gelaufen war, vermittelte sich der Eindruck in eine abgelegene Wochenendhaussiedlung geraten zu sein. Unter Bäumen entlang, vorbei an vereinzelt stehenden Häusern, die von blickdichten Hecken umgeben waren und einen verlassenen Eindruck auf ihn machten, erreichte er nach einer Weile einen kleinen Birkenhain, der an der Straße unterhalb des Friedhofs lag und an eine Pferdekoppel grenzte.
    Er überquerte die Fahrbahn. Unentschlossen blickte er sich um. Hinter einer von Bäumen verborgenen Hecke entdeckte er ein abgeschiedenes Eigenheimgrundstück. Weit und breit waren keine weiteren Häuser zu sehen. Henning trat näher und las das Schild am Briefkasten – R. Caspari. Hier schien er richtig zu sein. Nachdem es ihm gelungen war das Gartentor, das leicht klemmte, zu öffnen, folgte er dem mit Fruchtschiefer belegten Weg zum Haus. Er stieg die mit einem hölzernen Vorbau überdachte Treppe empor und klingelte. Schritte näherten sich und er hörte, wie ein Schlüssel im Schloss gedreht wurde. Die Tür ging auf und Henning sah sich einem großen dunkelhaarigen Mann gegenüberstehen.
    „Roman Caspari?“ Der so Angesprochene nickte.
    „Mein Name ist Lüders, Henning Lüders ich bin …“
    „Ich weiß, wer Sie sind“, unterbrach Roman ihn, bevor er seinen Satz beenden konnte.
    „Senta hat mir Ihren Besuch schon angekündigt. Bitte kommen Sie doch herein.“
    Er nahm Henning seinen tropfenden Schirm ab und stellte ihn in eine bäuerlich bemalte Milchkanne, die sich neben der Tür befand. Nachdem Henning abgelegt hatte, folgte er Roman in einen Eichenholz getäfelten Raum, in dem sich ein Schreibtisch, ein Computer, zwei Ledersessel und ein Aktenschrank befanden.
    Nachdem er seinem Gast einen Platz angeboten hatte, bemerkte Roman: „Sie haben Glück, dass Sie mich noch antreffen. Ich sitze sozusagen schon auf gepackten Koffern, fliege morgen früh für ein paar Tage auf die Kanaren. Aber noch bin ich ja hier.“
    Sein schmallippiger Mund verzog sich zu einem charmanten Lächeln. „Was darf ich Ihnen zu trinken anbieten? Kaffee, Kognak? Ich habe so ziemlich alles im Haus.“
    „Danke, aber für mich nur ein Wasser.“
    „Bin gleich zurück.“ Wenig später kam Roman mit einem, mit Gläsern und Flaschen beladenen Tablett zurück. Während er für seinen Gast ein Glas Selters und für sich einen Gin Tonic eingoss, musterte Henning ihn unauffällig. Er empfand Roman Casparis zuvorkommende Gastfreundschaft als wohltuend, besonders im Hinblick auf sein, erst vor wenigen Stunden geführtes Gespräch mit Uwe Siebert. Roman hatte dunkle, tief liegende Augen. Seine scharf geschnittenen Gesichtszüge und seine leicht gebogene Nase gaben ihm allerdings ein raubtierhaftes Aussehen. Sein Gang war geschmeidig. Wie ein Panter, der seine Beute umlauert, schoss es Henning durch den Kopf. Doch gleich darauf verwarf er diesen Gedanken wieder. Roman war ganz und gar Gentleman. Er besaß Stil. Allein die Art, wie er sich kleidete, zeugte von auserlesenem Geschmack. Henning wusste nicht so recht, ob er vor diesem Mann besser auf der Hut sein oder sich von seiner Aura faszinieren lassen sollte.
    Romans Hände, deren Nägel sorgfältig manikürt waren, ruhten auf der Schreibtischunterlage. Eine steile Falte hatte sich über seiner Nasenwurzel gebildet, er sah nachdenklich aus.
    „Cora war für mich wie ein eigenes Kind“, eröffnete er das Gespräch. „Ich kenne sie, seit sie auf der Welt ist und deshalb kann ich noch immer nicht glauben, dass es sie nicht mehr gibt.“ Verzweifelt fuhr er sich mit beiden Händen durchs Haar, das für sein Alter, Henning schätzte ihn auf Anfang sechzig, noch bemerkenswert dicht und dunkel war.
    „Das alles ist auch für mich wie ein einziger böser Albtraum. Vor allem seit ich von Senta weiß, dass Sie hinter alledem einen kriminellen Hintergrund vermuten. Darf ich fragen, worauf sich Ihr Verdacht gründet?“
    Henning überlegte, wie er am besten beginnen sollte. Um etwas Zeit zu gewinnen nahm er, bevor er antwortete, einen tiefen Schluck aus seinem Wasserglas: „Wie Sie ja sicher wissen, ermittle ich auf eigene Faust. Bis zum Zeitpunkt meiner Pensionierung zweifelte ich noch nicht an Coras Selbstmord. Ihr Fall wurde zu den Akten gelegt. Leider kenne ich die Mühlen der Bürokratie nur allzu gut. Um die Ermittlungen wieder aufzunehmen, braucht es stichhaltiger Beweise. Und diese habe ich

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