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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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verfärbt hat. Als er das Schwert herauszieht, gibt die Klinge ein singendes Geräusch von sich, das mich erschauern lässt.
    » Liuye «, sagt er leise.
    Ich nicke. »Ein Weidenblatt-Säbel.«
    »Und Sie sagen, er ist ein Familienerbstück?«
    »Er gehörte meiner Mutter und davor der Mutter meiner Mutter.«
    »Wie viele Generationen reicht es zurück?«
    »Bis zu General Washi.«
    Er blickt auf, offenbar verblüfft. »Tatsächlich?«
    »So sagt es unser Familienstammbaum.«
    Detective Rizzoli fragt: »Wer war dieser General?«
    »Dieses historische Detail dürfte Ihnen gefallen, Detective«, sagt Dr. Cherry. »General Washi war eine Frau, und sie war die berühmteste unter den Meistern des doppelten Dao. Eine Kriegerin, die mit zwei Säbeln kämpfte, eines in jeder Hand. Sie befehligte Tausende von Soldaten in der Ming-Dynastie und führte sie in Feldzügen gegen die japanischen Piraten, von denen ich Ihnen erzählt habe.« Er betrachtet mich staunend. »Und Sie sind ihre Nachfahrin.«
    Ich lächle ihn an und nicke. »Es freut mich, dass Sie sie kennen.«
    »Aber das ist ja wirklich verblüffend. Die Vorstellung …«
    »Dr. Cherry«, schaltet Detective Rizzoli sich ein. »Was ist jetzt mit dem Säbel?«
    »Oh, ja. Natürlich.« Er holt seine Brille hervor und setzt sie auf die Nase, kneift voller Konzentration die braunen Augen hinter den Gläsern zusammen. »Dieses Schwert hat die typische Rundung eines Weidenblatt-Dao. Das ist eine sehr alte Form«, erklärt er. »Diese Waffe ist ein wenig kürzer als gewöhnlich, was aber wohl zu erwarten ist, wenn sie tatsächlich eigens für die Hand einer Frau gefertigt wurde. Diese Blutrinnen sind ebenfalls charakteristisch; sie sollen die Klinge ein wenig leichter machen. Sehen Sie sich diese Gravuren im Stahl an! Ich bin verblüfft, wie tief sie noch sind! Und dieser Griff – man könnte fast glauben, es sei noch das Original, wenn man nicht wüsste, dass er fast fünfhundert Jahre …« Er hält inne. Über seiner Brille kann ich sehen, wie die Falten in seiner Stirn sich tiefer eingraben. Eine Weile sagt er gar nichts. Er führt den Dao dicht an seine Brille heran und studiert eingehend die Schneide der Klinge. Er prüft ihre Biegsamkeit. Schließlich greift er in seine Tasche und holt eine Lupe hervor, mit der er die gravierten Felder untersucht.
    Endlich richtet er sich auf, und als er mich ansieht, bemerke ich eine seltsame Traurigkeit in seinen Augen. Einen Blick, der beinahe bedauernd ist. Mit ruhigen Bewegungen schiebt er den Dao in die Scheide zurück und hält es mir hin. »Madam Fang«, sagt er. »Danke, dass Sie mir gestattet haben, einen Blick auf Zheng Yi zu werfen.«
    »Dann sind Sie also fertig damit?«, frage ich.
    »Es ist doch nicht nötig, dass wir ihn mitnehmen.«
    Detective Rizzoli protestiert: »Dr. Cherry, das Labor muss den Säbel untersuchen.«
    »Glauben Sie mir, das ist nicht die Waffe, nach der Sie suchen.«
    Rizzoli wendet sich an Detective Frost. »Ist das der Säbel, den du gesehen hast?«
    Frost wirkt verlegen. Sein Blick zuckt hin und her zwischen meinem Gesicht und dem Säbel, den ich in der Hand halte. Er läuft dunkelrot an, als ihm klar wird, dass er vielleicht einen Fehler gemacht hat.
    »Nun sag schon, ist es derselbe?«
    Frost schüttelt den Kopf. »Ich bin mir nicht sicher. Ich meine, ich habe den Säbel ja schließlich nur ganz kurz gesehen.«
    »Detective Frost«, sage ich kühl, »ich hoffe, bei Ihrem nächsten Besuch werden Sie die Höflichkeit besitzen, mir zu sagen, was Sie wirklich von mir wollen.«
    Meine spitze Bemerkung sitzt, und er zuckt getroffen zusammen.
    Detective Rizzoli seufzt. »Mrs. Fang, ganz gleich, was Dr. Cherry sagt, wir müssen den Säbel trotzdem für weitere Untersuchungen mitnehmen.«
    Sie streckt die Hände aus und wartet darauf, dass ich ihr die Beute übergebe. Nach einer Weile lege ich Zheng Yi in ihre Hände. »Ich erwarte, dass ich ihn unversehrt zurückerhalte.«
    Als die Besucher gehen, sehe ich, wie Detective Frost sich noch einmal bedauernd umschaut, doch ich trage meine Verachtung vor mir her wie einen Schild, an dem jede Entschuldigung abprallt. Mit hängenden Schultern schleicht er zur Tür hinaus.
    »Sifu?«, sagt Bella leise, als sie mein Büro betritt.
    Nebenan setzen die Schüler ihre Kampfübungen fort; sie springen und treten, ächzen und schwitzen. Bella schließt die Tür, damit sie den zufriedenen Blick nicht bemerken, den wir wechseln.
    Zug und Gegenzug. Die Schachpartie geht

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