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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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für mich. Aber ein Kind zu verlieren, das ist mit nichts zu vergleichen. Mein einziges Kind. Diese Briefe und diese Anzeige in der Zeitung, das bringt alles wieder hoch. Das ist es, was wirklich wehtut, Detective. Und deswegen will ich, dass das aufhört.«
    »Ich werde tun, was ich kann, Mr. Dion.«
    Obwohl sie sich schon die Hand gegeben hatten, fasste er noch einmal die ihre; ein Abschied, der sie deprimiert und schweigsam zurückließ, als sie und Frost zu Janes Wagen zurückgingen. Sie entriegelte die Türen, stieg aber nicht gleich ein. Stattdessen starrte sie über den Rasen hinweg, hinüber zu den Bäumen, über die Gartenwege, die sich in den länger werdenden Nachmittagsschatten verloren. Das alles hier gehört ihm, dachte sie, und doch hat er nichts – und das kann man an seinem Gesicht ablesen. An den hängenden Mundwinkeln, den Ringen unter seinen Augen. Neunzehn Jahre danach ließ ihm der Geist seiner Tochter immer noch keine Ruhe, und das war auch nur natürlich. Allen Eltern würde es so gehen. Ein Kind zu haben bedeutete stets, sein Glück in die Hände des Schicksals zu legen.
    »Detective?«
    Jane drehte sich um und sah Mrs. Gilmore die Vortreppe hinunterkommen. Grimmig entschlossen marschierte sie auf Jane und Frost zu, tief vornübergebeugt von ihrem Witwenbuckel.
    »Das muss ich Ihnen noch sagen, bevor Sie gehen. Ich weiß, Patrick und Mark sind überzeugt, dass die Sache geklärt ist. Dass es keine Zweifel daran gibt, was in dem Restaurant passiert ist. Aber was ist, wenn sie sich irren? Wenn wir die Wahrheit tatsächlich nicht kennen?«
    »Sie haben also Zweifel«, sagte Jane.
    Die Züge der Frau verhärteten sich. »Mein Sohn Joey war kein Heiliger, das gebe ich gerne zu. Ich habe versucht, ihn zu einem guten Jungen zu erziehen, das können Sie mir glauben. Aber es gab so viele Versuchungen, und es ist nur zu leicht, in schlechte Gesellschaft zu geraten.« Sie starrte Jane an. »Sie wissen wahrscheinlich, dass Joey in Schwierigkeiten geraten ist.«
    »Ich weiß, dass er für Kevin Donohue gearbeitet hat.«
    Bei der Erwähnung dieses Namens spuckte Mrs. Gilmore aus. »Ein mieses Dreckstück! Wie der ganze Donohue-Clan. Aber Joey hat Macht stets bewundert, und er war immer auf das schnelle Geld aus. Er dachte, Donohue wäre derjenige, der ihm zeigen kann, wie’s läuft. Als ihm dann endlich klar wurde, worauf er sich eingelassen hatte, konnte er nicht mehr aussteigen. Donohue hat es nicht zugelassen.«
    »Sie glauben, dass Donohue Ihren Sohn ermorden ließ?«
    »Den Verdacht hatte ich von Anfang an.«
    »Dafür gab es aber keinerlei Indizien, Mrs. Gilmore.«
    Die Frau hustete rasselnd und geräuschvoll. »Meinen Sie, Donohue könnte nicht mal eben ein paar Cops schmieren? Er könnte jede Ermittlung sabotieren.«
    »Das ist eine ernste Anschuldigung.«
    »Ich bin in South Boston aufgewachsen. Ich weiß, was in dieser Stadt läuft, und ich weiß, was man mit Geld alles kaufen kann.« Ihre Augen verengten sich, als sie Jane fixierte. »Und Sie wissen das sicher auch, Detective.«
    Der unausgesprochene Vorwurf ließ Jane erstarren. »Ich werde Ihrem Anliegen die Aufmerksamkeit widmen, die es verdient, Mrs. Gilmore«, sagte sie ruhig und stieg in ihren Wagen. Als sie davonfuhren, sah sie die Frau im Rückspiegel. Sie war in der Auffahrt stehen geblieben und schickte ihnen finstere Blicke hinterher.
    »Das ist aber gar keine nette alte Dame«, murmelte Jane.
    Frost lachte ungläubig. »Hat sie uns gerade vorgeworfen, dass wir uns bestechen lassen?«
    »Genau das hat sie getan.«
    »Und dabei wirkte sie so reizend.«
    »In deinen Augen sind sie alle reizend. Du hast noch nie eine getroffen, die du nicht gemocht hast.« Oder eine, die dich nicht gemocht hat.
    Frosts Handy klingelte. Während er den Anruf annahm, dachte sie darüber nach, wie mühelos Frost es immer wieder schaffte, ältere Damen mit seinem Charme zu umgarnen. Zumindest bei Iris Fang hatte er offensichtlich gute Fortschritte gemacht – einer Frau, die noch jung genug war, um sowohl mit ihrem Aussehen als auch mit ihrem Charakter zu beeindrucken. Sie erinnerte sich an das, was Patrick über sie gesagt hatte: Schwer traumatisiert. Größenwahn. Glaubt, dass sie aus einem Kriegergeschlecht stammt. Iris mochte Wahnvorstellungen haben, aber ein Mensch aus Fleisch und Blut war in ihre Wohnung eingebrochen und hatte ein Messer in ihr Kopfkissen gesteckt. Wem bist du auf die Füße getreten, Iris?
    Mit einem Seufzer beendete Frost das

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