Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
Vom Netzwerk:
da bin ich doch lieber arm.« Sie sah ihn an. »Okay, jetzt müssen wir da drin ein bisschen Schadensbegrenzung betreiben. Nach dem, was wir von Mr. Dion gehört haben, waren sie wohl nicht gerade entzückt von Tam.«
    Frost schüttelte den Kopf. »Wir müssen dem Jungen sagen, dass er seinen Feuereifer ein bisschen dämpfen muss. Er geht an alles mit Vollgas ran. Es ist, als ob er die Bremse nicht mehr findet.«
    »Aber weißt du, an wen Tam mich erinnert?«
    »An wen?«
    »An mich. Er sagt, er will es ins Morddezernat schaffen, ehe er dreißig ist.« Sie stieß ihre Tür auf. »Und das traue ich ihm sogar zu.«
    Sie stiegen die Granitstufen zum Eingang hinauf, doch ehe Jane klingeln konnte, ging die Tür auf, und ein silberhaariger Mann stand vor ihnen. Obwohl schon Ende sechzig, sah er immer noch fit und attraktiv aus, doch sein Gesicht wirkte eingefallen, und die zu weite Hose verriet Jane, dass er in letzter Zeit abgenommen hatte.
    »Ich habe Sie die Auffahrt heraufkommen sehen«, sagte er. »Ich bin Patrick Dion.«
    »Detective Rizzoli«, stellte sie sich vor. »Und das ist mein Partner, Detective Frost.« Sie gaben sich die Hand. Dions Händedruck war fest, sein Blick ruhig.
    »Treten Sie bitte ein. Wir sind alle im Wohnzimmer.«
    »Ist Mr. Mallory bei Ihnen?«
    »Ja. Und ich habe Mary Gilmore ebenfalls dazugebeten. Wir sollten geschlossen auftreten, denn wir sind alle sehr bestürzt über diese Sache und wollen wissen, wie man dem Einhalt gebieten kann.«
    Als sie das Haus betraten, sah Jane glänzende Parkettböden und ein elegantes Geländer, das sich im Bogen zu einer hohen Galerie emporschwang. Aber es blieb ihr kaum Zeit, das Treppenhaus zu bewundern, denn Patrick führte sie direkt in den vorderen Salon, wo die beiden anderen Besucher bereits warteten.
    Mark Mallory erhob sich mit athletischer Behändigkeit vom Sofa. Er war Mitte dreißig, durchtrainiert und braun, ohne eine Spur von Grau in seinen dunklen Haaren. Jane registrierte seinen Gürtel aus Alligatorleder, seine Segelschuhe Marke Sperry Top-Siders und seine Breitling-Armbanduhr – alles kleine Signale, die höhnisch verkündeten: Ich habe mehr Geld, als du je besitzen wirst. Sein Händedruck war flüchtig; offenbar konnte er es kaum erwarten, zur Sache zu kommen.
    Die dritte Person im Raum hätte Jane glatt übersehen können, wenn sie nicht schon über ihre Anwesenheit informiert gewesen wäre. Mary Gilmore war ungefähr in Patricks Alter, aber so klein und gebeugt, dass sie fast in dem riesigen Sessel am Fenster verschwand. Als die Frau sich mühsam aufzurichten suchte, eilte Frost sogleich an ihre Seite.
    »Bitte bemühen Sie sich nicht, Mrs. Gilmore. Setzen Sie sich einfach wieder hin, ja?«, sagte er, während er ihr half, es sich wieder im Sessel bequem zu machen. Jane sah, wie die Frau strahlend zu ihm aufschaute, und sie dachte: Frost hat irgendwie ein Händchen für ältere Damen. Er mag sie alle, und sie alle mögen ihn.
    »Meine Tochter wollte auch dabei sein«, sagte Mrs. Gilmore. »Aber sie hat nicht freibekommen, deshalb habe ich den Brief mitgebracht, den sie bekommen hat.« Sie wies mit einer arthritischen Hand auf den Couchtisch. »Er kam am gleichen Tag wie meiner mit der Post. Jedes Jahr am dreißigsten März bekommen wir sie, am Todestag von meinem Joey. Sie ist wie einer von diesen Stalkern. Das ist Psychoterror. Kann die Polizei denn nichts tun, um sie daran zu hindern?«
    Auf dem Couchtisch lagen drei Umschläge. Ehe Jane sie anfasste, griff sie in ihre Tasche und nahm ein Paar Handschuhe heraus.
    »Das mit den Handschuhen können Sie sich sparen«, sagte Mark. »Es sind nie irgendwelche Fingerabdrücke auf den Briefen oder den Umschlägen.«
    Jane sah ihn an und runzelte die Stirn. »Woher wollen Sie das denn wissen?«
    »Detective Ingersoll hat sie im Labor überprüfen lassen.«
    »Er weiß von diesen Briefen?«
    »Er bekommt sie auch. Wie jeder, der irgendetwas mit den Opfern zu tun hat; sogar die Geschäftspartner meines Vaters. Es sind bis zu ein Dutzend Personen, von denen wir wissen. Das geht nun schon seit Jahren so, und nie findet das Labor irgendwelche Spuren auf den Briefumschlägen oder den Botschaften. Sie muss Handschuhe tragen, wenn sie sie verschickt.«
    »Mrs. Fang leugnet, irgendwelche Briefe verschickt zu haben.«
    Mark schnaubte verächtlich. »Wer soll denn sonst dahinterstecken? Sie ist diejenige, die die Anzeige im Globe geschaltet hat. Sie ist besessen von diesem Thema.«
    »Aber sie leugnet,

Weitere Kostenlose Bücher