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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Kinder-Vermisstendatei.« Sie blickte auf.
    Tam nickte. »Gregory Boles ist der Vater eines vermissten Mädchens. Ich hatte mir eigentlich vorgenommen, sämtliche offenen Fälle in diesem Staat noch einmal zu sichten. Jedes Mädchen unter achtzehn Jahren, das in den vergangenen fünfundzwanzig Jahren verschwunden ist.« Er deutete auf die dicke Mappe, die er mitgebracht hatte. »Aber dann wurde mir klar, was für eine Herkulesarbeit es wäre, diesen ganzen Aktenberg durchzugehen, um nach eventuellen Verbindungen zu Charlotte oder Laura zu suchen. Und ehrlich gesagt war ich auch ein bisschen sauer, dass Sie mir diesen Job aufs Auge gedrückt hatten, weil ich dachte, es wäre reine Beschäftigungstherapie.«
    »Aber dann sind Sie doch noch auf etwas gestoßen«, sagte Jane.
    »Allerdings. Mir kam die Idee, dass ich die Telefonnummern von Ingersolls Verbindungsnachweis mit denen aus den Akten abgleichen könnte. Jede einzelne Nummer, die er entweder mit seinem Handy oder von seinem Festnetzanschluss aus angerufen hatte. Nach den Verbindungsdaten zu schließen, hatte er Anfang April damit begonnen, bestimmte Familien ausfindig zu machen. Dann brechen die Anrufe abrupt ab. Sowohl vom Handy als auch vom Festnetz.«
    »Weil er glaubte, er würde abgehört«, sagte Jane. Ein Verdacht, der sich bestätigt hatte: Die Kriminaltechniker hatten in der Tat in Ingersolls Festnetztelefon eine Wanze gefunden.
    »Aber aufgrund der Anrufe, die er bis zu diesem Zeitpunkt getätigt hatte, können wir davon ausgehen, dass dies die vermissten Mädchen sind, auf die er sich konzentriert hat.« Tam schob ihr ein einzelnes Blatt zu.
    Jane sah nur drei Namen. »Was wissen wir über diese Mädchen?«
    »Sie waren verschieden alt. Dreizehn, fünfzehn und sechzehn. Sie verschwanden alle drei in einem Umkreis von hundertfünfzig Meilen um Boston. Zwei waren weiß, eine asiatisch.«
    »Wie Laura Fang«, bemerkte Frost.
    »Und wie Laura waren es alles ›brave‹ Mädchen, wenn man so will«, sagte Tam. »Einser- oder Zweierschülerinnen, nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten, kein Grund zu der Annahme, dass sie von zu Hause weglaufen würden. Vielleicht hat Ingersoll sie deswegen in dieser Liste zusammengefasst. Er glaubte, das sei der gemeinsame Nenner.«
    »Wie alt sind diese Fälle?«, fragte Frost.
    »Diese Mädchen sind vor über zwanzig Jahren verschwunden.«
    »Er hat sich also nur alte Fälle angesehen? Warum nicht auch neuere?«
    »Das weiß ich nicht. Vielleicht hatte er gerade erst angefangen. Wenn er nicht ermordet worden wäre, hätte er vielleicht noch mehr Namen herausgefunden. Was ich nicht verstehe, ist, warum er sich eigentlich so in diese Geschichte reingehängt hat. Er war gar nicht mit diesen Vermisstenfällen befasst, als er noch beim Boston PD war. Was hat ihn also jetzt daran so fasziniert? War ihm der Ruhestand vielleicht zu langweilig?«
    »Vielleicht hatte ihn jemand als Privatdetektiv engagiert. Etwa eine der Familien.«
    »Das war auch mein erster Gedanke«, pflichtete Tam ihr bei. »Ich habe alle drei Familien erreicht, aber keine hat Ingersoll engagiert. Und wir wissen auch, dass Patrick Dion es nicht getan hat.«
    »Dann ist er vielleicht aus eigenem Antrieb aktiv geworden«, meinte Frost. »Er wäre nicht der erste Cop, der mit dem Ruhestand nicht klarkommt.«
    »Keines dieser drei Mädchen dürfte ein Fall für das Boston PD gewesen sein«, sagte Jane. »Sie sind alle aus anderen Polizeibezirken.«
    »Aber Charlotte Dion ist in Boston verschwunden. Und auch Laura Fang. Vielleicht waren die beiden für Ingersoll der Ausgangspunkt – der Grund, warum er sich mit der Sache befasst hat.«
    Jane sah auf die Namen der drei neuen Mädchen. »Und jetzt ist er tot«, sagte sie leise. »Verdammt, in was für ein Minenfeld hat er sich da begeben?«
    »In Kevin Donohues Revier«, sagte Tam trocken.
    Jane und Frost blickten zu ihm auf. Obwohl Tam noch keine zwei Wochen in ihrem Team mitarbeitete, hatte er sich schon einen ziemlich arroganten Ton angewöhnt. Mit seinem Anzug und seiner Krawatte, der akkuraten Kurzhaarfrisur und dem eisigen Blick hätte er als Geheimagent oder eine Figur aus einem Men-in-Black-Comic durchgehen können. Kein Typ, mit dem man schnell Freundschaft schloss – Jane jedenfalls konnte sich nicht vorstellen, je mit ihm beim Bier in der Kneipe zu hocken.
    »Auf der Straße erzählt man sich, dass Donohue seit Jahren die Finger im Mädchenhandel hat. Prostitution ist nur einer seiner verschiedenen

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