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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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zu blicken.
    Ich sah die Camping-Einrichtung – Schränkchen, die kleine Spüle, Herd und Kühlschrank, einen Klapptisch und Sitze, die zu Betten umfunktioniert werden konnten. Ich starrte und starrte, doch es waren keine Knochen da.
    Es war eine große Erleichterung und im Grunde doch überhaupt keine.
    Ich warf genau in dem Moment einen Blick zur Straße zurück, als ein alter Mann mit Hut seinen Dodge Dart, ohne zu schauen, in meine Spur lenkte. Ich wich aus und hätte ihn fast gerammt. Er besaß die Chuzpe, mich anzuhupen.
    Was trieb ich da eigentlich? Selbst wenn Parrish in dem Honda saß, was wollte ich denn tun? Ich war nicht bewaffnet.
    Ich sehe nach, ob er es ist. Wenn ja, schreibe ich mir die Autonummer auf.
    Gut.
    Da! Auf der äußersten linken Spur, von einer Ampel gestoppt und zwei Autos vor der Kreuzung, stand ein dunkelgrüner Honda Accord. Den Fahrer konnte ich nicht sehen. Die Ampel sprang auf Grün, doch ich wurde von einem Wagen aufgehalten, der links abbog. Der Honda kam davon!
    Endlich war das Auto vor mir abgebogen, und ich raste zur nächsten Kreuzung. Ich legte den Parkgang ein, machte die Tür auf und stellte mich auf den Rahmen, um einen Blick auf den Fahrer des grünen Honda zu werfen. Ein Mann – ein Mann, der Parrish hätte sein können. Die Nummernschilder waren nicht zu sehen.
    Der Fahrer des Wagens hinter mir hupte und zeigte mir den Stinkefinger. Die Ampel war wieder grün geworden. Weitere Hupen ertönten. Ich stieg wieder ein und fuhr los, blinkte und versuchte ganz nach links zu gelangen, da ich den Honda keinesfalls aus den Augen verlieren wollte.
    Aber der Fahrer auf der Spur links von mir war der Typ, der mir den Finger gezeigt hatte. Nach wie vor wütend auf mich, weigerte er sich, mich vorbeizulassen. Er schüttelte die Faust gegen mich und rammte prompt den Wagen vor ihm, der daraufhin auf meine Spur schlitterte. Ich trat voll auf die Bremse.
    Jetzt saß ich fest.
    Durch meine offenen Fenster hörte ich, wie der rotgesichtige Typ mit dem Stinkefinger brüllte, dass es meine Schuld sei. Als ich erneut nach dem Honda Ausschau hielt, war er verschwunden.
    Ich ignorierte Rotgesicht und fragte den Mann, der gerammt worden war, ob mit ihm alles in Ordnung sei. Er nickte. Dann wandte er sich an Rotgesicht und wies ihn an, die Klappe zu halten, was zu meinem Erstaunen befolgt wurde.
    Die Geschichte sorgte während des Essens für Erheiterung – oder vielmehr der Teil der Geschichte, den ich erzählte, was allerdings nur ein sehr geringer war, der rein gar nichts mit Hondas oder Knochen zu tun hatte.
    Der unterschwellige Geruch von Knochen hatte mich sogar noch nach meiner Ankunft zu Hause verfolgt. Ich duschte ausgiebig und heiß, und meine Gedanken kehrten immer wieder zu den Ereignissen des Nachmittags zurück.
    Es könnten Knochen in einem der Schränkchen im Van sein. Es gab viele kleine Fächer und Winkel, wo man suchen konnte, überlegte ich.
    Aber was, wenn ich suchte und nirgends Knochen waren?
    Wenn man Angst hat und es nichts gibt, wovor man Angst haben müsste, man sich selbst beweist, dass es nichts gibt, wovor man Angst haben müsste, und man aber immer noch Angst hat … Zusätzlich zu verschwindenden Hondas und falschen Parrishs wurde mir gespenstischer Knochengeruch einfach zu viel. Wenn keine Knochen da waren, war ich wirklich verrückt.
    Je länger das warme Wasser mich überspülte, desto mehr kam es mir so vor, als wäre schon die Suche selbst die Handlung einer völlig Verrückten. Ich schwor mir, den Geruch zu ignorieren.
    Und so brachte ich es fertig, die Geschichte vom Landkartenkauf, dem rotgesichtigen Mann und der Karambolage witzig darzustellen, und falls mein eigenes Lachen ein bisschen spröde ausfiel, so schien das niemand außer Frank wahrzunehmen.
    Als ich sah, dass Frank auch das Zittern meiner Hände beim Ausbreiten der Landkarten bemerkte, hoffte ich, dass er es dem Gebiet zuschrieb, das die Karten abbildeten, und nicht den Ereignissen, die sich bei ihrem Kauf abgespielt hatten.
    Ich vertiefte mich in die Karten. Das erforderte Konzentration. Mein Verstand wurde klar.
    Beginnend mit der Karte mit dem größten Maßstab versuchten wir, die schnellsten und einfachsten Routen zu finden, die jemand von der Höhle aus – wo man inzwischen Hinweise auf Parrishs Aufenthalt gefunden hatte – hätte einschlagen können, um zur Ranger-Station und der Hubschrauber-Einheit zu gelangen.
    Es gab noch andere Wege, auf denen man die Ranger-Station erreichen

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