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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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Vielleicht hat das dazu beigetragen, die Last, die sie mit sich herumschleppt, ein bisschen leichter zu machen – wenigstens für ein paar Minuten. Sie ist sonst immer so ernst und reserviert.«
    »Und da habe ich geglaubt, diese gefühlsarme Fassade hätte sie nur bei mir vorgeschützt.«
    »Es lag nicht an dir«, entgegnete ich. »Bei mir ist sie auch immer so. Deshalb war es ja so toll, sie lachen zu hören. Normalerweise scheint überhaupt nichts zu ihr durchzudringen. Jason behauptet, sie sei kalt. Ich glaube, das ist ihre Art, mit den Ereignissen fertig zu werden. Sie entzieht sich einfach. Und sie musste in letzter Zeit einiges verkraften – nach dieser langen Zeit wurde ihre Mutter gefunden, aber es war ja nicht gerade ein Happy End.«
    »Ich will nicht unterschätzen, was sie durchgemacht hat, aber« – er täuschte ein Schaudern vor – »ich schließe mich Jason an.«
    »Ich glaube nicht, dass du ihre aufgesetzte Masche für bare Münze nehmen darfst.«
    »Vermutlich nicht. Aber du musst zugeben, dass sie ein bisschen seltsam ist.«
    Die ganze Familie ist seltsam, dachte ich. »Weißt du, ich habe über Giles nachgedacht. Ich frage mich, ob er schon eine Affäre mit seiner Sekretärin hatte, bevor Julia verschleppt wurde. Als Gillian mich zum ersten Mal aufgesucht hat, habe ich meine gesamte Aufmerksamkeit darauf konzentriert, ob Julia eine Affäre hatte oder nicht.«
    »Aller Wahrscheinlichkeit nach hat ihn Bob Thompson unter die Lupe genommen. Wenn eine verheiratete Frau verschwindet, gehen wir in der Regel der Möglichkeit nach, ob der Mann sie loswerden wollte.«
    »Wäre es schwer, das herauszufinden?«
    »Ich glaube, Reed Collins hat den Fall Sayre übernommen – einer von mehreren, die man ihm nach Bobs Tod übergeben hat. Er hat ihn abgeschlossen, als ihre Leiche identifiziert worden war. Vermutlich hat er die Akte noch. Sie wird von der Parrish-Sondereinheit benutzt, und natürlich muss die Anklage noch erstellt werden. Reed lässt mich sicher einen Blick hineinwerfen.«
    »Giles hat so verstört gewirkt, als ich ihn das erste Mal gesprochen habe. Aber jetzt ist er völlig in sich selbst versunken. Je mehr ich mir überlege, was seine Kinder gesagt haben, desto mehr frage ich mich, ob dieser anfängliche Schmerz nichts als Theater war.«
    »Aber ihn mit einem Kerl wie Parrish in Verbindung zu bringen –«
    »Parrish war eine Zeit lang sein Nachbar.«
    »Das heißt aber nicht, dass er wusste, was Parrish im Schilde führte. Und Parrish ist kein Auftragskiller; er mordet zu seinem eigenen Vergnügen.«
    »Vielleicht hat er beides getan. Ich spreche mal mit Phil Newly«, erklärte ich. »Vielleicht weiß er, ob Parrish mit irgendjemand anderem Kontakt hatte oder mit jemandem befreundet war.«
    »Phil mag mir ja geholfen haben, dich zu finden«, erwiderte Frank, »aber viel Glück, wenn du ihn dazu bewegen willst, das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Klient derart auf die leichte Schulter zu nehmen.«
    Ich wählte Phil Newlys Nummer mehrmals am Sonntagnachmittag und – abend. Niemand da. Ich nahm an, er sei übers Wochenende weggefahren.
    Das war eine meiner Sorgen in den nächsten Tagen – dass Phil Newlys Telefon, ohne dass abgenommen wurde, vor sich hin klingelte. Ich hätte mir noch mehr Sorgen machen sollen, als ich es ohnehin schon tat.
     

48
     
    MONTAG MORGEN, 18. SEPTEMBER
    Las Piernas
     
    Am Montagmorgen, als Jack auf mich aufpasste, konnten wir den Van vom Polizeiparkplatz abholen. Ich wusch ihn sorgfältiger, als ich je ein Fahrzeug gewaschen habe. Wir brachten Ben den Jeep zurück, gerade rechtzeitig, dass er damit in seine erste Vorlesung fahren konnte. Es schien ihn zu wundern; dass er ihn heil zurückbekam.
    Ich rief Jo Robinson an, um mich über die Arbeitszeiten zu beklagen, die sie für mich vereinbart hatte, und sie erklärte mir, dass sie nicht damit gerechnet hatte, dass sich Wrigley einen solchen Zeitplan einfallen lassen würde. Sie ärgerte sich ebenfalls darüber, doch ihre Anrufe beim Express fruchteten offenbar nichts.
    Immer wieder versuchte ich es bei Newly.
    Travis rief an. Er hatte sich mit erfreulicher Regelmäßigkeit gemeldet, obwohl er von seinem Aufenthalt bei Stinger Dalton eindeutig enorm fasziniert war und es für mein Gefühl alles andere als eilig hatte, nach Las Piernas zurückzukommen. Er hatte bereits Soloflüge in kleinen Hubschraubern unternommen und erzählte mir mit ekstatischer Begeisterung, dass ihm Stinger nun beibrächte, den

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