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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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aus gelbem Metall mit drei roten Steinen am vierten Finger der linken Hand … der linke Daumen, offenbar vor dem Tod am Schaft des mittleren Fingerglieds abgetrennt, fehlt.«
    »Sie ist es«, sagte Bob Thompson ruhig und ging davon.
     

11
     
    MITTWOCH NACHMITTAG, 17. MAI
    Bergland der südlichen Sierra Nevada
     
    Ben erwähnte für die Aufzeichnung, dass Detective Thompson nicht mehr anwesend war, machte dann ein paar weitere Bemerkungen, die in erster Linie »offenbar prämortale Traumen« betrafen, und nannte einige Verletzungen, die vermutlich perimortal – etwa um den Todeszeitpunkt – oder postmortal entstanden waren. Er hielt inne, nahm sich offenbar eine ganze Weile Zeit, um die Leiche als Ganzes zu betrachten, und sagte dann: »Okay, das war’s fürs Erste.«
    Er bat Flash, ein paar Einzelaufnahmen zu machen, und nannte spezielle Einstellungen, die er haben wollte. Er forderte David auf, Flash zu sagen, ob er noch weitere brauchte, und bat ihn, die Hände und Füße einzupacken – also Plastiktüten über sie zu stülpen, damit sie intakt blieben. Er bat mich, ihm zu folgen, zog seine Maske herunter und stieg rückwärts über den Haufen mit seinen Gerätschaften. Ich nahm nur allzu gern meine eigene Maske ab und fragte mich kurz, ob er – nachdem er ja bereits erraten hatte, dass ich unter Klaustrophobie litt – auch meine Abneigung dagegen erahnt hatte, einen Teil des Gesichts bedeckt zu haben.
    Er erwähnte jedoch nichts dergleichen, sondern bat mich lediglich, ihm dabei zu helfen, die Leichtgewichtstrage zusammenzubauen, die er mitgebracht hatte. Er gab mir einen Leichensack, und gemeinsam transportierten wir Sack und Trage zur Fundstelle.
    Während wir diese Aufgaben erledigt hatten, war Thompson zurückgekehrt, und nachdem sich Ben eine Weile mit ihm besprochen hatte, gab er ihm ein Paar Handschuhe und eine frische Maske.
    »Sie auch, Ms. Kelly, wenn es Ihnen nichts ausmacht«, sagte Ben, zeigte auf meine Maske und reichte auch mir ein Paar Handschuhe.
    Mit schlimmen Befürchtungen nahm ich die Handschuhe entgegen. »Was soll ich denn tun?«
    »Wir müssen alle zusammen helfen, um sie aus dem Grab und in den Leichensack zu heben«, antwortete er.
    Mein Mund wurde trocken. »Ist sie so schwer?«
    »Wahrscheinlich nicht, vielleicht fünfzig, fünfundfünfzig Kilo. Aber ich möchte den Schaden möglichst gering halten.«
    Er kniete sich an den Rand des Grabs, lehnte sich hinein und packte das Ende der Plastikfolie, wo der Schädel lag. Er zog leicht daran, als wolle er deren Haltbarkeit testen. Dann dirigierte er jeden von uns an eine bestimmte Stelle am Rand des Grabs. Bob Thompson und Andy waren rechts von ihr, David und J. C. links. Ben war an ihrem Kopf, ich an den Füßen. Trage und Leichensack lagen neben Bob und Andy Flash bediente erneut die Videokamera. Ich hoffte inständig, dass er keine Aufnahme davon bekäme, wie etwas aus dem Plastik spritzte und auf meinen Stiefeln landete.
    Ich tat es den anderen gleich und kniete mich hin. David und Ben falteten die Plastikfolie sorgfältig wieder zu ihrem ursprünglichen Zustand zusammen, sodass die Leiche bedeckt war.
     
    »Bitte versuchen Sie, die Ränder des Grabs nicht zu beschädigen«, sagte Ben. »Bereit? Fest anpacken.«
    Das Plastik fühlte sich unter meinen behandschuhten Fingern kühl und steif an. Ich sagte mir, dass ich es aushielt, die warme, nahe Luft meines Atems in der Maske zu spüren. Ich sagte mir, dass ich nicht in das Grab fallen würde. Ich trat ein paar Zentimeter zurück.
    »Ich zähle bis drei«, erklärte Ben. »Wenn ich die Ziffer drei ausspreche, heben wir alle ganz langsam, ganz vorsichtig und ganz gleichmäßig an. Die Gebeine sind empfindlich. Womöglich bewegen sie sich innerhalb der Plastikfolie hin und her. Womöglich stellen wir fest, dass das Plastik nicht stark genug ist, sie zu halten, und dann müssen wir sie wieder absetzen. Ich weiß, dass das eine unbequeme Art zu heben ist. Versuchen Sie, Ihren Rücken nicht zu überlasten. Wenn jemand Schwierigkeiten bekommt, soll er es sofort sagen. Wir heben sie bis genau auf ebene Erde herauf, dann gebe ich Ihnen weitere Anweisungen. Alles soll so ablaufen, als würden wir uns in Zeitlupe bewegen. Behalten Sie mehr im Auge als nur den Abschnitt direkt vor Ihnen, und achten Sie darauf, dass wir gemeinsam heben. Sind alle bereit?«
    Wir nickten.
    »Sachte. Eins … zwei … drei …«
    Knistern war zu hören, als wir anzuheben begannen.
    »Langsam … langsam

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