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Grabesstille

Grabesstille

Titel: Grabesstille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Burke
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gegen meine Artikel über Julia Sayre hatte. In Thompsons Augen waren sie ein ständiges, peinliches Hinausposaunen der Tatsache, dass es ihm nicht gelungen war, den Fall zu lösen.
    »Wenn er einer neuen Anklage nachgehen kann«, erklärte Ben, »könnte sich der Staatsanwalt mit beiden Gruppen wieder versöhnen: Wahrscheinlich behauptet er, dass er versucht hätte, Julia Sayre zu finden, aber nicht zögern wird, für einen dritten Mord die Todesstrafe zu fordern. Und für die mögliche Klärung eines weiteren Vermisstenfalls wäre die Polizei von Las Piernas Ihnen bestimmt auch dankbar.«
    Thompson warf einen Blick zum Lager zurück, wo Parrish umgeben von seinen Wachen stand und uns anstarrte. Parrish war zu weit entfernt, um uns deutlich zu sehen oder von uns deutlich gesehen werden zu können, doch schien er sich brennend für unsere Aktivitäten zu interessieren. Und selbst auf diese Entfernung war der Trotz in seiner Haltung unverkennbar.
    Als ich jedoch nach hinten zu Thompson blickte, erkannte ich, dass Bens Worte das Gegenteil von dem bewirkt hatten, was er im Sinn gehabt hatte. Hatte Thompson schon zuvor auf rasches Vorgehen gedrängt – als er nur daran gedacht hatte, nach erfolgreich abgeschlossener Mission nach Hause zurückzukehren –, so hatte ihn Bens Traumbild einer heldenhaften Rückkehr nur noch ungeduldiger werden lassen, um genau dies zu erreichen.
    »Wer sonst hätte die Leiche hier deponiert haben können?«, fragte er. »Parrish hat uns doch direkt hierher geführt!«
    Ben seufzte. »Glauben Sie mir, Detective Thompson, ich will ebenso dringend wissen wie Sie, was unter diesem Plastik liegt. Aber wissen Sie noch, was ich Ihnen über den möglichen Zustand der Leiche gesagt habe? Wenn das Plastik aus dem Grab gehoben wird, könnte das dazu führen, dass die Gebeine verschoben und womöglich beschädigt werden. Wir müssen vorsichtig arbeiten.«
    »Herrgott, Sheridan, Sie haben das Tempo einer dreibeinigen Schildkröte vorgelegt! Wenn das, was Sie bis jetzt getan haben, nicht ›vorsichtig arbeiten‹ war, dann sind wir allesamt Skelette, bis Sie bereit sind, die Leiche dort rauszuheben!«
    »Wenn Sie lieber ohne meine Hilfe weitermachen würden –«
    »Werden Sie nicht albern!«, schimpfte Thompson, wurde aber ein bisschen ruhiger. »Hören Sie, ich will Sie nicht drängen –«
    David lachte.
    »Ich will Sie nicht drängen, etwas zu tun, wodurch Beweise zerstört werden«, fuhr Thompson fort, »aber ich habe weder die Zeit noch die Ressourcen, um Ihnen zu erlauben, dies zu einer archäologischen Ausgrabung im Museumsstil umzufunktionieren.« Er warf einen Blick zurück zum Lager und übersah die spöttischen Blicke, die die anderen austauschten. Dann wandte er sich wieder Ben zu. »Abgesehen von allen anderen Problemen muss ich Parrish möglichst schnell wieder in eine Zelle bringen.«
    »Wenn wir uns wieder an die Arbeit machen dürfen«, sagte Ben hintergründig, »bekommen Sie Ihre Antworten früher.«
    Und tatsächlich sagte Ben nur wenig später: »Wir können die Leiche wohl nicht auswickeln, ohne Schäden zu riskieren. Wir sind bereit, das Plastik aufzuschneiden.«
    David, der mich aufstehen sah, sagte: »Ich kann Bingle zum Dortbleiben bewegen, wenn Sie näher kommen wollen – zumindest lang genug, dass Sie einen Blick hineinwerfen können.«
    »Falls das hier nicht Julia Sayre ist«, wandte Ben ein, »kommen womöglich Einzelheiten ans Licht, die wir nicht veröffentlicht sehen wollen.«
    Entnervt fauchte Thompson: »Versichern Sie, dass Sie es für sich behalten, ja, Kelly? Falls das hier nicht die Sayre ist, können Sie berichten, dass ein anderes Opfer gefunden wurde. Den Rest halten Sie aus der Zeitung raus – schreiben Sie erst dann darüber, wenn wir die Information freigeben.«
    »Aber der Rest geht zuerst an den Express «, verlangte ich.
    »Okay, einverstanden. Sheridan, machen Sie weiter.«
    Ben bemühte sich nicht, seine Verachtung mir gegenüber zu verbergen, aber als erfahrene Reporterin war ich gegen Ablehnung aller Art schon lange immun, und es steht nicht zu erwarten, dass mich je eine Brüskierung umwirft. Je früher er begriff, dass sein sehnlicher Wunsch, ich würde zum Teufel gehen, mich nicht davon abhalten würde, meine Arbeit zu tun, desto besser für uns beide.
    »Acuéstate«, befahl David Bingle, und der Hund legte sich hin. »Bien, Bingle. No te muevas.«
    David reichte erneut die Duftmischung sowie Masken herum. Widerwillig nahm ich eine Maske,

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