Grabkammer
worauf Jane ihm einen verärgerten Blick zuwarf. Reg dich ab!, sollte dieser Blick sagen, mit dem Jane ihm zugleich deutlich zu verstehen gab, dass sie hier der Boss war und er gefälligst zu spuren hatte.
Robinson musterte das Schriftstück mit gerunzelter Stirn.
»Sie suchen nach menschlichen Überresten?« Er sah Jane an.
»Nun, die werden Sie hier selbstverständlich finden. Das hier ist ein Museum. Und ich versichere Ihnen, diese Gebeine im zweiten Stock sind sehr alt. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen die entsprechenden Befunde zum Zahnstatus zeigen…«
»Uns interessiert nur, was Sie im Keller gelagert haben.
Wenn Sie uns freundlicherweise die Tür aufschließen würden, könnten wir uns gleich an die Arbeit machen.« Robinsons Blick fiel auf die anderen Detectives, die im Hintergrund warteten, und er entdeckte das Brecheisen in Tripps Hand. »Sie können da nicht einfach irgendwelche Kisten aufbrechen! Sie könnten Artefakte von unschätzbarem Wert beschädigen.«
»Sie dürfen gerne zuschauen und uns beraten. Aber bitte fassen Sie nichts an, und lassen Sie alles an seinem Platz.«
»Warum behandeln Sie dieses Museum wie den Tatort eines Verbrechens?«
»Wir befürchten, dass Madam X nicht die einzige Überraschung in Ihrer Sammlung sein könnte. Und jetzt kommen Sie bitte mit uns nach unten in den Keller.«
Robinson schluckte hörbar und wandte sich an die greise Museumsführerin, die den Wortwechsel mit angehört hatte. »Mrs. Willebrandt, würden Sie bitte Josephine anrufen und ihr sagen, dass Sie sofort herkommen soll? Ich brauche sie.«
»Es ist fünf vor zehn, Dr. Robinson. In wenigen Minuten werden die ersten Besucher hier sein.«
»Das Museum muss heute geschlossen bleiben«, sagte Jane.
»Es wäre uns lieber, wenn die Presse von den Vorgängen hier im Haus keinen Wind bekommen würde. Also schließen Sie bitte die Eingangstüren ab.«
Ihre Aufforderung wurde von Mrs. Willebrandt geflissentlich ignoriert, die den Blick nicht von dem Kurator wandte. »Dr. Robinson?«
Er seufzte resigniert. »Anscheinend haben wir in dieser Sache keine Wahl. Bitte tun Sie, was die Polizei sagt.« Er trat hinter den Empfangstresen, zog eine Schublade auf und nahm einen Schlüsselbund heraus. Dann ging er voran, vorbei an der Wachsfigur von Dr. Cornelius Crispin und den griechischen und römischen Statuen und weiter zur Treppe. Ein Dutzend knarrende Holzstufen führten sie hinunter ins Kellergeschoss.
Dort hielt er inne, wandte sich an Jane und fragte: »Brauche ich einen Anwalt? Werde ich verdächtigt?«
»Nein.«
»Aber wer dann? Verraten Sie mir wenigstens so viel.«
»Diese Geschichte geht möglicherweise auf eine Zeit zurück, als Sie noch gar nicht hier gearbeitet haben.«
»Von welcher Zeit sprechen Sie?«
»Von der Amtszeit des vorigen Kurators.«
Robinson lachte ungläubig. »Der arme Mann hatte Alzheimer!
Sie glauben doch nicht im Ernst, dass der alte William hier unten Leichen gehortet hat, oder?«
»Die Tür, Dr. Robinson.«
Kopfschüttelnd sperrte er die Tür auf, und kühle, trockene Luft strömte ihnen entgegen. Sie traten ein, und Jane hörte das verwunderte Gemurmel ihrer Kollegen, als sie sich in dem riesigen Lagerraum umsahen, in dem sich Reihen über Reihen von Kisten fast bis zur Decke stapelten.
»Bitte achten Sie darauf, die Tür geschlossen zu halten«, sagte Robinson. »Das ist ein klimatisierter Bereich.«
»O Mann«, platzte Detective Crowe heraus, »das wird ja eine Ewigkeit dauern, das alles zu durchsuchen. Was steckt eigentlich in diesen ganzen Kisten?«
»Wir haben schon mehr als die Hälfte erfasst«, antwortete Robinson. »Wenn Sie uns nur noch ein paar Monate geben würden, könnten wir die Inventur abschließen und Ihnen genau sagen, was jede dieser Kisten enthält.«
»Ein paar Monate sind in diesem Fall eine lange Zeit.«
»Ich habe allein ein Jahr gebraucht, um die Reihen dort bis zu den hintersten Regalen durchzugehen. Für den Inhalt dieser Kisten kann ich mich persönlich verbürgen. Aber die an diesem Ende habe ich noch nicht geöffnet. Es ist ein mühseliger Prozess, denn man muss sehr behutsam vorgehen und alles sorgfältig dokumentieren. Manche der Stücke sind viele Jahrhunderte alt und möglicherweise schon halb zerfallen. »
»Sogar in einem klimatisierten Raum?«, fragte Tripp.
»Die Klimaanlage wurde erst in den Sechzigerjahren eingebaut.«
Frost deutete auf eine Kiste ganz unten in einem Stapel.
»Seht mal, was hier für eine Jahreszahl
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