Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grablichter - Almstädt, E: Grablichter

Grablichter - Almstädt, E: Grablichter

Titel: Grablichter - Almstädt, E: Grablichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
Vom Netzwerk:
aufgesetzt.
    »Polizei, wenn du’s genau wissen willst.«
    »Scheiße auch, ist was passiert?«
    »Meine Nichte ist tot, das ist passiert!«
    »Scheiße aber auch …«
    »Wie heißen Sie?«, fragt Gerlach.
    »Ellen. Ellen Landowsky.«
    »Wohnen Sie hier?«
    »Aber klar. Wo sollte ich denn sonst wohnen?«
    »Hey, was tut denn das zur Sache? Ellen hat Lisanne so gut wie gar nicht gekannt«, warf Kruse ein, der schon an der Wohnungstür stand.
    »Wenn Sie trotzdem mit uns sprechen wollen, melden Sie sich einfach bei mir«, sagte Gerlach halblaut zu ihr. Er drückte ihr schnell eine weitere Karte in die weiche Hand. »Das Mädchen … tot? Connie, wieso das denn?«, fragte sie mit weinerlicher Stimme.
    »Erzähl ich dir später!«, fauchte er ungeduldig und öffnete die Tür.
    Beim Hinausgehen sah Gerlach, dass Kruse ihr die Karte aus der Hand genommen hatte und in der Faust zerknüllte. Egal. Er würde schon noch mit dieser Ellen Landowsky reden, ob es Kruse passte oder nicht.
    Als er die Treppe hinunterging, musste er an seine eigene Jugend denken. Er hatte mal in einem ähnlichen Haus gewohnt, in dem nacheinander vier Mietparteien ein Chaos aus Dreck, Verwüstung und Verzweiflung hinterlassen hatten. Es war wie ein Strudel gewesen, der die Menschen in die Tiefe riss, wenn sie von dem schmalen Pfad von Sinn und Regelmäßigkeit abgekommen waren. Die wenigsten konnten sich aus eigener Kraft wieder befreien.
    Ohne sich noch einmal umzusehen, ging er zum Auto zurück. Was für ein Gegensatz! Auf der einen Seite eine junge Frau, die in einer ländlichen Postkartenidylle mit Wald, Wiesen und Pferden wohnte, und auf der anderen Seite ihr Onkel, der ein Leben am Rande der Gesellschaft zu führen schien … Er stieg in sein Auto und nahm begierig den Geruch des Neuwagens in sich auf. Der Aschenbecher war noch unbenutzt, obwohl er Raucher war. Hier drinnen war er das, was er immer sein wollte, der erfolgreiche Kriminalkommissar, der alle Fälle im Handumdrehen löste und das Elend aus der Welt schaffte.
    Aber die Wirklichkeit sah anders aus: Fünf Jugendliche standen neben den Müllcontainern, sie hatten Bierflaschen in derHand. Vielleicht, sagte Gerlach sich, war ja hier die Mitte, und Lisannes Leben hatte sich am Rande der Gesellschaft abgespielt? Wenn Kruses Behauptung stimmte, dann hatte sie ein finanzielles Polster gehabt, das jede Art von Arbeit wie ein Spiel hatte erscheinen lassen. Was für ein Gefühl das wohl war?
    Vielleicht war Kruse neidisch auf seine Nichte und ihre so ganz anderen Lebensumstände gewesen? Lag hierin ein mögliches Motiv, ihr nach dem Leben zu trachten? Und das suchten sie schließlich: ein Mordmotiv. Der Besuch hier hatte sich zumindest in dieser Hinsicht gelohnt.

6. Kapitel
    W eihnachten? Ich habe noch keine Pläne für Weihnachten, Hinnerk. Können wir heute Abend darüber sprechen?« Pia presste das Mobiltelefon an ihr Ohr, aber entweder war die Verbindung zu schlecht, oder die Nebengeräusche auf dem Flur der Kriminalpolizeistelle in Bad Oldesloe waren zu laut. Sie hatte Mühe, ihren Freund zu verstehen.
    »Es ist eine kleine Hütte in den Alpen, nichts wahnsinnig Komfortables, aber sehr gemütlich. Frag doch mal nach, ob du zwischen Weihnachten und Neujahr ein paar Tage freibekommen kannst. Es wäre bestimmt toll … für uns.«
    »Na ja, es wäre ein Experiment, jedenfalls was mich angeht. Ich fahre sonst nie in die Berge. Aber ich kann jetzt noch nicht sagen, ob ich Urlaub nehmen kann. Das hängt unter anderem vom Verlauf dieser Ermittlungen hier ab …«
    Pia wusste, dass Hinnerk am anderen Ende der maroden Verbindung das Gesicht verzog, als das Wort »Ermittlungen« fiel. Er konnte sich nicht damit anfreunden, dass sie in ihrer Abteilung keinen geregelten Schichtdienst und planbare Urlaubszeiten hatte.
    »Sieh mal zu, was du machen kannst, Pia. Ich muss irgendwann zusagen oder absagen.«
    »Hinnerk, die anderen warten schon auf mich. Wir haben jetzt Einsatzbesprechung. Wir reden heute Abend darüber, okay?«
    »Wann ist das?«
    »Das kann ich jetzt noch nicht sagen, ich ruf’ dich noch mal an!«
    Die Verbindung war unterbrochen. Vielleicht war es Hinnerk zu blöd geworden. Oder die Funkverbindung war endgültig zusammengebrochen. Pia starrte entnervt auf das winzige Telefon in ihrer Hand, klappte es zu und ließ es in ihre Jackentasche gleiten. Sie drehte sich um und wäre beinahe mit Gerlach zusammengestoßen, der unmittelbar hinter ihr stand.
    »Was hast du gegen die Berge,

Weitere Kostenlose Bücher