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Grablichter - Almstädt, E: Grablichter

Grablichter - Almstädt, E: Grablichter

Titel: Grablichter - Almstädt, E: Grablichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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zu, oder?«
    »Ja. Da gab es Meinungsverschiedenheiten. Lisanne stand in dieser Frage auf Seiten des Umweltschutzes. Sie wollte nicht, dass die Straße hier hinter den Höfen durch den Schwarzen Brook verläuft. Aber dazu sollten sie wirklich die Bürgermeisterin befragen.«
    »Wie heißt sie, und wo finde ich sie?«
    »Marion Burmeister. Sie wohnt nebenan. Es ist nicht zu verfehlen. Burmeister – Tischlerei und Bestattungen steht außen am Haus dran. Sie und ihr Mann haben ein Bestattungsinstitut.«
    Pia machte sich eine kurze Notiz.
    »Wann kann sie … Ich meine, wann wird man Lisanne beerdigen können?«, fragte er mit rauer Stimme.
    »Sobald die Rechtsmedizin die Leiche freigibt. Eigentlich müsste sich Lisannes Schwester darum kümmern.«
    »Die werden Sie vielleicht gar nicht ausfindig machen …«, sagte er düster.
    »In dem Fall werden Sie sich mit dem Onkel von Frau Olsen abstimmen müssen, wer von Ihnen die Beerdigung organisiert …«
    Pia sah, wie Dettendorf immer blasser wurde. Sie hätte ihn gern irgendwie getröstet, doch das lag nicht in ihrer Macht.Vielleicht würde die Aufklärung des Falls ihm einen gewissen Trost bieten.
    Als Pia aufstand, sagte Dettendorf zögernd: »Mir fällt noch was ein: Montag vor einer Woche war Lisannes Vorderreifen platt. Es hat so ausgesehen, als hätte jemand mit einem spitzen Gegenstand hineingestochen. Lisanne hat die Sache runtergespielt, doch ich fand es merkwürdig. Aber das war ja nur ein zerstochener Reifen … Dass Lisanne wenige Tage später tot sein würde …«
     
    Lisannes Onkel wohnte in einem gesichtslosen Wohnblock aus den sechziger Jahren. Das Haus Nummer 22 zeigte zwar einen frischen rosafarbenen Anstrich, und die Balkone leuchteten senfgelb, aber auch der massive Einsatz von Farbe machte die Häuser nicht einladender. Bewohner, deren ästhetisches Empfinden von dieser Farbgebung beleidigt wurde, versuchten offenbar, mit blinkenden Weihnachtsdekorationen optische Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Reine Notwehr, dachte Gerlach, als er sein Auto in eine gerade frei gewordene Parklücke manövrierte, es war schließlich erst Mitte November. Er stieg aus und ging über den Plattenweg zwischen Müllcontainern und Abstandsgrün zum Haus.
    Conrad Kruse wohnte anscheinend im vierten Stock. Die Tür stand weit offen, und Gerlach betrat das Haus. Er fuhr nicht mit dem schmalen Fahrstuhl, sondern ging zu Fuß. Durch die Treppenhausfenster sah er aus jedem Stockwerk hinaus auf sein neues Auto. Daneben wühlte eine Frau in einem der Papiercontainer. Sie zog eine zerfledderte Zeitschrift heraus und steckte sie in eine Plastiktüte.
    Vor einer zerkratzten blassgelben Tür blieb Gerlach stehen. Auf dem Klingenschild stand Kruse/Landowsky . Er starrte auf das glotzende Glasauge des Spions und zögerte.
    Wie würde Lisannes Onkel die Nachricht vom tödlichen Unfall seiner Nichte wohl aufnehmen? Die Reaktionen der Betroffenen waren unterschiedlich: Unglauben, Erstarrung, wütendes Verneinen, Resignation … Erst kam der Schock, dann das Begreifen. Gerlach seufzte leise. Conrad Kruse war Lisanne Olsens einziger Familienangehöriger, wenn man von der dubiosen Schwester absah, deren Adresse sie noch nicht herausgefunden hatten. Er drückte auf den Klingelknopf und wartete. Es folgte ein Poltern, dann ein wütendes Schimpfen, schließlich öffnete sich die Tür. Ein magerer Mann mit speckig glänzendem Haar stand im Flur und musterte ihn. Er trug einen Jogginganzug in Grün und Lila, seine Füße steckten in Badelatschen.
    »Was is’?« Der Mann starrte den unerwarteten Besucher mit misstrauisch zusammengekniffenen Augen an.
    Gerlach zeigte seinen Dienstausweis. »Sind Sie Herr Conrad Kruse?«
    Kruse zögerte, dann nickte er. »Ich muss gleich weg. Es dauert doch nicht lange, oder?« Widerstrebend trat er zur Seite.
    Gerlach folgte ihm in den dunklen Flur, ohne die Frage zu beantworten. Es roch nach Müll und ungewaschenen Socken. Im Hintergrund trat eine korpulente Frau im Bademantel aus einem der Zimmer und starrte den fremden Mann mit aufgerissenen Augen an.
    »Verzieh dich, Ellen. Ist nur für mich«, fauchte Kruse sie an. Er stieß eine Tür auf, und Gerlach fand sich im Wohnzimmer wieder. Die Reste eines abendlichen Gelages waren noch nicht beseitigt worden. Der Fernseher lief noch oder schon wieder. Conrad Kruse setzte sich breitbeinig auf die Couch und zündete sich eine Zigarette an. Bevor Gerlach ihm gegenüber auf einem Hocker Platz nehmen konnte, musste er eine

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