Grablichter - Almstädt, E: Grablichter
Burmeister klang vorwurfsvoll.
»Die Autobahnen werden ja gesalzen. Ich fahre auf jeden Fall. Der Termin ist schon einmal verschoben worden, am Ende tritt der Kunde sonst noch vom Kauf zurück.« Dettendorf hatte sich schon ein wenig auf die Fahrt gefreut, die es ihm ermöglichte, ein paar Stunden aus Kirchhagen rauszukommen. Er fühlte sich seit Lisannes Tod noch angebundener als früher, denn er konnte den Hof ja nie länger als für ein paar Stunden allein lassen.
Sie verabschiedeten sich im Hausflur voneinander, wo Marion ihren Pelzmantel für besondere Gelegenheiten überstreifte, während Jan seine derben Stiefel und seinen Parka anzog.
Burmeister öffnete die Haustür, und ein Schwall kalter, feuchter Luft wurde hereingeweht.
Dettendorf stand schon draußen, als ihm einfiel, dass er eine wichtige Frage vergessen hatte. »Kann ich sie noch einmal sehen, Simon, bevor …« Er stockte und sah Burmeister bittend an.
»Lass es lieber, Jan«, mischte sich Marion Burmeister ein.
Dettendorf sah zu ihrem Mann hinüber, doch der hatte den Kopf gesenkt und schwieg.
»Ja, dann …«, sagte er, drehte sich um und ging.
20. Kapitel
P ia war auf den Hof von Frank Reuter abgebogen und sah sich um. Im Gegensatz zu Jan Dettendorfs gepflegtem Anwesen sah es hier nach Arbeit aus. Viel zu viel unerledigter Arbeit. Wo bei Dettendorf sauber gefegtes Pflaster, alte, aber recht gut erhaltene Gebäude und gepflegte Fahrzeuge das Bild beherrschten, regierte bei Reuter das Chaos. Pia parkte ihren Citroen zwischen einer rostigen Scheibenegge und einem Berg alter Autoreifen und stieg aus. In diesem Augenblick fuhr ein grüner Traktor aus der Scheune heraus und steuerte auf sie zu. Direkt neben Pia bremste der Fahrer ab und sah zu ihr hinunter.
»Moin! Kann ich Ihnen irgendwie helfen?« Der unfreundliche Tonfall des Mannes ließ das Hilfsangebot wenig glaubwürdig erscheinen.
»Ich suche Frank Reuter. Mein Name ist Korittki von der Kripo in Lübeck.«
»Der bin ich. Ich hab’ aber keine Zeit für Sie. Ich muss um dreizehn Uhr bei einem Kunden sein. Mit Schlepper und Anhänger bin ich da bestimmt drei Stunden pro Tour unterwegs. Kommen Sie morgen wieder.«
»Nein, wir müssen jetzt miteinander sprechen. Es geht um die Ermittlungen im Mordfall Olsen, und ich brauche ein paar Informationen von Ihnen.«
»Worum sollte es auch sonst gehen«, murrte Frank Reuter. Pia konnte seine Worte wegen des immer noch laufenden Treckermotors kaum verstehen, aber sein unwilliger Gesichtsausdrucksprach für sich. Die Kollegen vor Ort hatten ihn als eigenwillig und schwer zugänglich beschrieben. Vielleicht hatte Gabler es deshalb für eine gute Idee gehalten, eine Frau zu ihm zu schicken.
»Es dauert nicht lange. Rufen Sie Ihren Kunden kurz an, und erklären Sie ihm, warum Sie eine halbe Stunde später kommen werden.« Pia kam sich vor wie ein Zahnarzt, der einen misstrauischen Patienten zu einer Wurzelbehandlung überreden will. Und Reuter sah so aus, als stünde ihm genau das bevor. Sein schmales Gesicht war verzerrt, und er dachte offensichtlich nicht daran, von seinem Gefährt herunterzusteigen. Stattdessen machte er sogar Anstalten, langsam vom Hof zu rollen. Die Reifen des Treckers waren fast so groß wie Pia selbst, die Wülste des Profils so dick wie ihr Unterarm. Sie hatte wenig Lust, sich vor den Trecker zu stellen, um Reuter am Wegfahren zu hindern.
Sie trat ein paar Schritte zurück und warf einen prüfenden Blick auf die Deichsel des Anhängers. »Sie wissen, dass Ihr Gespann nicht verkehrssicher ist, oder? Sie dürfen damit keine öffentlichen Straßen befahren«, rief sie zu Reuter hoch. Es war zwar schon lange her, dass sie etwas über diese Dinge gelernt hatte, aber einen Versuch war es wert.
»Wieso das denn?« Er warf einen wütenden Blick zu ihr hinunter und mimte den Unwissenden.
»Die Deichsel ist krumm gezogen, und außerdem haben Sie die Auflaufbremse des Anhängers festgeschweißt.«
»Soll ich etwa jedes Mal, wenn ich rückwärts fahren will, aussteigen und die Bremse lösen?«
»Die Auflaufbremse muss funktionstüchtig sein. Und am Anhänger fehlt außerdem noch die Lichtanlage.«
»Es ist doch hell, verdammt …«
»Sie haben doch gerade gesagt, dass Sie heute drei Stundenpro Strecke brauchen. Da ist es längst dämmrig, wenn Sie wieder hier ankommen, oder? Außerdem ist es Vorschrift.«
»Scheiß Vorschriften! Wie soll man denn da einen Betrieb führen, frag’ ich Sie?«
»Ich will nur einen Augenblick mit
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