Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
verbreitetes Phänomen. Der Parteikomiteesekretär der Volkskommune, ein Mann namens Tan, ordnete an: Wer immer bei irgendeiner Form von Diebstahl erwischt werde, habe mit Auspeitschung und Geldbußen zu rechnen. Tan hat dann im Laufe der Zeit selbst an sechs Personen ein Exempel statuiert und sie brutal zusammengeschlagen. Er sagte: »Wir haben mehr als genug Arbeitskräfte, wenn ein paar davon draufgehen, dann ist das ohne Belang. Wenn man zehn totschlägt, dann sind das fünf Doppelpacks, die kann man in Stücke hauen und Melonenfelder damit düngen. […] Diesen Leuten muss man kämpferisch begegnen. Wenn man das nicht durchzieht, dann gibt es rechte Tendenzen.«
Außerdem ordnete er an, wer eine Limabohne oder ein Maiskorn stehle, zahle einen, für eine Süßkartoffel fünf Yuan Strafe. Prügel, Essensentzug, Bußgelder, Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen standen an der Tagesordnung. Nach einer Statistik haben 89 von 159 Kadern im Rang von Produktionsteamleitern und darüber sich an den Misshandlungen der Kommunemitglieder beteiligt. 565 Mitglieder wurden geschlagen, 478 bestraft und 588 Haushalte durchsucht. Unter den Strafen für die Kommunemitglieder waren »Aufhängen der Schweinehälfte« [18] , »Entenkükenschwimmen« [19] und »Der Affe bewegt Pickel« [20] üblich.
Nach Untersuchungen einer Untersuchungskommission sind bei diesen Prozeduren 44 Personen ums Leben gekommen, 19 trugen bleibende Schäden davon. In einem Bericht über Nanbing vom 13. November 1961 heißt es:
»Von den 496 Personen der angesprochenen Volkskommune sind 42 aufgehängt, in den Tod getrieben und bei lebendigem Leibe begraben worden; verletzt wurden und bleibende Schäden zurückbehalten haben 62 Personen, 392 Personen sind zu Tode gekommen, weil sie krank zur Arbeit gezwungen wurden oder man ihr Essen einbehielt.
Mit einem Bußgeld belegt wurden 387 Haushalte. Die Gesamtsumme der Bußen beläuft sich auf 12400 Yuan. Ein Kommunemitglied namens Zhang aus dem Verwaltungsbezirk Weißer Hirsch wurde von Kadern gefesselt an einen Baum gehängt und mit einem Bußgeld von 20 Yuan belegt, wovon sie fünf Yuan für Schnaps und Essen abgezweigt haben.« [218]
Am 3. Februar 1960 hat der stellvertretende Sekretär des Bezirkskomitees von Taiping, ein Mann namens Zhang (die Bauern nannten ihn nur »Zhang, der Höllenfürst«) im Rahmen der Kampagne »Sturmangriff auf die Rückständigkeit« etwas gemacht, was als »Zerschlagung von Rückständigkeitsnestern« bezeichnet wurde. Dabei wurden 178 Haushalte, die seiner Meinung nach »rückständig« waren, zu einer »großen Umzugsaktion« gezwungen. 66 Haushalte, die das nicht wollten, wurden bekämpft, 19 wurden schwerpunktmäßig kritisiert, acht Personen wurden in Fesseln geschlagen und das Kommunemitglied Zhong Xiangcheng wurde an Ort und Stelle gezwungen, ins Wasser zu gehen. [219]
Xu Jianmin, zuständiger Leiter der Volksküchen im Verwaltungsbezirk Chunhua in der Volkskommune Chengxi, hat in der Zeit zwischen Dezember 1959 und April 1960 18 Kommunemitglieder ausgepeitscht. Das Kommunemitglied Xu Wenpu, das zwei Süßkartoffeln entwendet hatte, ist fünf Tage nach der Auspeitschung durch Xu Jianmin gestorben. Außerdem hat dieser Verwaltungsbezirk auch noch eine »Umerziehungsbrigade« organisiert, in die in der Regel Leute zur »Umerziehung« geschickt wurden, die sich eines »Fehlers« schuldig gemacht hatten (sie hatten heimlich etwas gegessen). Die Dauer der »Umerziehung« belief sich auf einen, manchmal auch zwei Monate. Für die »Umerziehungsbrigade« gab es jeden Abend zusätzlich eine Nachtschicht, niemand durfte nach Hause gehen. Chen Suhua wurde mit seiner Frau »umerzogen«. Aber einmal sind sie heimlich nach Hause, um ihrem kleinen Kind etwas Medizin zu geben – als die Kader dahinterkamen, zerrten sie die beiden an den Haaren zurück zur »Umerziehungsbrigade«.
Guo Shishen, ebenfalls Kommunemitglied, lag schwer krank zu Hause und konnte nicht aufstehen. Der Brigadeleiter befahl ihm, bei der Arbeit zu erscheinen. Drei Tage später war Guo tot.
Kommunemitglied Zhou Daizhens Sohn brachten sie krank von einer Eisenbahnbaustelle zurück. Der Brigadeleiter ließ andere Kommunemitglieder sofort einen Graben ausheben, er sollte nicht nach Hause dürfen. Auf inständiges Bitten der Kommunemitglieder kam er nach Hause, wo er nach einigen Tagen starb. [220]
Im Januar 1960 sind die Bauern aus dem Kreis Jintang auf der Flucht vor dem
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