Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

zu suchen, sich dafür zu rächen.
    Zwischen dem 23. April und dem 8. Mai 1962 fand in Chongqing eine Vollversammlung sämtlicher Komitees statt, auf der eine antikommunistische Clique um Liao entlarvt wurde. Das Provinzkomitee war der festen Überzeugung, diese Clique habe einen »düsteren schwarzen Wind« über Sichuan wehen lassen, einen »revisionistischen Wind«, einen »Wind der Privatisierung«. [242]  

Wie viele Menschen sind in Sichuan verhungert?
    Nach den Zahlen des Statistischen Amtes der Provinz Sichuan lag die Getreideproduktion der Provinz 1961 um 44,1 Prozent unter der von 1957, es gab 56 Prozent weniger Schweine, 5,7 Prozent weniger Ackervieh, Ölprodukte waren um 51 Prozent zurückgegangen. Dennoch erzählte mir Liu Zhongtang, ehemaliger Journalist des Provinzbüros der Nachrichtenagentur Neues China , diese Zahlen seien eine grobe Schönfärberei der wahren Einbußen; die vom Statistischen Provinzamt herausgegebenen Zahlen müssten für die Führung des Provinzkomitees akzeptabel sein. So habe der Rückgang in der Produktion von Ölen mindestens bei 70 Prozent gelegen; mit der Kopfzahl der Schweine könnten die wahren Einbußen nicht sichtbar werden, da die übriggebliebenen Schweine nur noch aus Haut und Knochen bestanden hätten (Sichuan ist einer der chinesischen Hauptproduzenten von Schweinefleisch).
Tab. 3.1  
Produktionsstatistik 1955 – 1961 über die Produktionsmengen an Getreide, Schweinen, Ackervieh und Ölen [243]  
 
Jahr 
 
 1955
 
 1956
 
 1957
 
 1958
 
 1959
 
 1960
 
 1961
 
Getreide (in  100 Millionen Pfund)
 
 404,6
 
 445
 
 465
 
 492
 
 368
 
 323
 
 260
 
Schweinebestand (in  10000 Köpfen)
 
 1907,3
 
 2000
 
 2500
 
 2600
 
 2000
 
 1200
 
 1100
 
Ackervieh (in  10000 Köpfen)
 
 492,6
 
 509,7
 
 515,5
 
 525,3
 
 556,3
 
 516,1
 
 496,5
 
Öle (in  50 Liter)
 
 842,6
 
 814,4
 
 814,6
 
 843,8
 
 1000
 
 500
 
 400
    Die Mitglieder der Planungskommission des Provinzkomitees von Sichuan halten die Zahlen des Statistischen Provinzamtes für die Getreideproduktion für zu hoch gegriffen. Im Juli 1962 haben sie für die Jahre von 1957 bis 1961 eine rückblickende Analyse der Getreideproduktion in Sichuan durchgeführt. Das Resultat dieser Analyse war wie folgt (in 100 Millionen Pfund):

    1957:430
    1958:470
    1959: 390
    1960: 323
    1961: 260. [244]  

    Nach diesen Zahlen lag 1960 die Getreideproduktion 40 Prozent unter der von 1957.
    1960 war ein Jahr, an dem besonders viele Schweine verendeten. Im Oktober gab es in Neijiang, einer Stadt in Sichuan, nur noch 52892 Stück, das waren 43,6 Prozent weniger als 1959 und 37,2 Prozent weniger als noch im Juni 1960. Zwischen Januar und Oktober 1960 gingen provinzweit 47298 Schweine ein, das waren 58,5 Prozent der Stückzahl vom Ende 1959 und es sind 89,4 Prozent der Stückzahl, die wir gegenwärtig dort haben. 61,2 Prozent starben an Auszehrung, 27,2 Prozent infolge einer Krankheit. [245]  
    Die Einwohnerzahl der Volkskommune Hezhun im Kreis Xinfan belief sich zur Zeit der Volkskommunisierung auf 10650 Personen, im März 1962 war diese Zahl auf 8500 gesunken; die Rinderstückzahl war von 400 auf 343, die Schweinestückzahl von 4700 auf 1684 zurückgegangen; die Getreidekübel gingen von 1576 zurück auf 750; Trockenmatten von 5340 auf 785. Das landwirtschaftliche Großgerät verminderte sich um 70 bis 80 Prozent.
    So blieben manchen Produktionsteams von 30 Haushalten nur noch drei Kornschwingen, zwei verrottete Bambuskörbe und ein Sack zum Trocken von Dung. [246]   Der Kreis Xinfan liegt in der Ebene von Chengdu und profitiert von der Stadt Dujiangyan, außerdem ist der Kreis nicht weit von der Provinzhauptstadt Chengdu entfernt, so dass seine Bedingungen auf die gesamte Provinz gesehen nicht die schlechtesten sind. Diese Volkskommune hatte 1959 einen Ertrag von 457 Pfund pro Mu Nassfeldreis, 1960 ging der Ertrag auf 380 Pfund zurück und sank 1961 noch einmal auf 277 Pfund. Die Einkommensverteilung von 1961 zeigt, dass 68 Prozent der Haushalte »zusetzten«, das heißt, 68 Prozent der Bauernhaushalte hielten ein Jahr lang den Hunger aus und arbeiteten weiter; sie bekamen nicht nur keinen Fen Lohn, sie schuldeten dem Kollektiv auch noch Geld!
    Im 3. Verwaltungsbezirk der Volkskommune Daozuo im Kreis Qionglai gab es zur Zeit des Aufbaus der Volkskommune im November 1958 840 Personen, bis Ende 1960 waren