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Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Titel: Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yang Jisheng
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19 Kinder geboren worden, elf waren zugezogen, das machte insgesamt 870. Das Massensterben begann im Februar und März 1960. Manchmal hatten alle fünf Volksküchen im Verwaltungsbezirk den Betrieb eingestellt, die Überlebenden hatten nicht die Kraft, die Toten unter die Erde zu bringen. Das Ehepaar Wang Qimao, alte Leute, die die Rinder gefüttert hatten, lagen nach ihrem Tod vier, fünf Tage in ihrem Bett. Wang Qisong befahl drei Kommunemitgliedern, die Leichname zu beerdigen; die drei schleppten die Toten weg und warfen sie in eine offene Mistgrube. Bis sie bis auf die Gebeine gefault waren, waren sie nicht mit Erde bedeckt. Nach dem Tod von sechs Kommunemitgliedern, unter ihnen Wang Qihong, Liao Wenlan (eine Frau), wurden ihre Leichen auf einen Erdhaufen geworfen, der keinen Steinwurf von der Straße weg war, die Passanten konnten mit eigenen Augen zusehen, wie die Raben sie auffraßen. Nach einer Statistik der Arbeitsgruppe vom Ende des Jahres waren in diesem Jahr 262 Menschen gestorben, zehn waren geflohen oder möglicherweise nicht mehr am Leben, das waren 40 Prozent weniger als in der Anfangszeit der Volkskommune. [247]  
    Li Fangping von der Volkskommune Qingping im Kreis Wenjiang stand kurz vor dem Hungertod, als eine Untersuchungskommission des Kreiskomitees auftauchte, um nach ihm zu sehen. Die Kader vom Verwaltungsbezirk haben ihn dann aus Angst, er könne etwas ausplaudern, drei Tage in ein Amtszimmer gesperrt, wo er auch gestorben ist.
    Das Kommunemitglied Zhang Shaochun ist vor Hunger beim Rapsziehen am Feldrand zusammengebrochen. Der Gruppenleiter nahm an, er sei tot, und hat sofort ein Loch gegraben, um ihn darin zu verscharren; als er damit halbwegs fertig war, kam Zhang wieder zu sich und schrie: »Der begräbt mich bei lebendigem Leib …!« Der Gruppenleiter ließ entsetzt die Sichel fallen und lief davon. [248]  
    Der Kreiskomiteesekretär von Yingjing erzählt: »Die Hälfte der Einwohner in meinem Kreis ist ums Leben gekommen […] in manchen Dörfern hat nicht einer überlebt. Man musste aus anderen Dörfern Leute schicken, die die Toten begruben, wobei sie die Arbeit machen mussten, ohne etwas zu essen, mit dem Resultat, dass die Totengräber bei ihrer Arbeit starben, woraufhin man wohl oder übel noch einmal Leute aus anderen Dörfern herschickte, um die Totengräber zu begraben.« [249]  
    Liang Jinxue, der stellvertretende Abteilungsleiter der Abteilung Erziehung des Propagandaministeriums des Gebietskomitees von Wenjiang hat in seinen persönlichen Erinnerungen eine schreckliche Szene festgehalten, deren Zeuge er wurde, als man ihn zur Volkskommune Majia im Kreis Xindu geschickt hatte:
»Ich ging zuerst zur zweiten Produktionsbrigade. Als ich hinten aus der Mittelschule von Majia hinaustrat, um mich umzusehen, sah ich, dass die Ernte für den Spätherbst nicht gut stand, vor allem der Raps, die ›Räucherkerzen‹, eine Heilpflanze, stand etwas besser; auf den Spitzen war nur eine kleine Blütenknospe. Niemand arbeitete auf den Feldern, nur ein paar Frauen von der Kommune rissen Süßkartoffelblätter ab. Ich ging zu ihnen und fragte sie: ›Wo sind denn eure Männer alle, wieso sieht man hier niemanden bei der Arbeit?‹
›Die Männer sind in der Siedlung, wir paar Frauen sind die Einzigen, die noch hier arbeiten.‹
Ich war überrascht und fragte: ›Ihr habt noch eine Siedlung gebaut? Wo denn?‹
Sie zeigten mit den Händen und sagten: ›Am Fluss, geht nur hin und schaut euch das an!‹
Ich ging in die Richtung, in die sie gezeigt hatten. Nach etwas mehr als fünfhundert Metern – Himmel, was für ein Anblick! Am Flussufer war ein nach der Volkskommunisierung geplanter kollektiver Friedhof! Er schien ganz neu, es gab gut einhundert Gräber. Ich war völlig am Boden und ging zurück zur Volksküche der dritten Gruppe der Produktionsbrigade, vor der ich in einem Süßkartoffelkeller einen ausgesetzten Säugling sah, er war tot. Ich ging zum Leiter der Produktionsgruppe: ›Suchen Sie einen Platz, wo man das Kind beerdigen kann!‹
Er suchte ein paar Kommunemitglieder, die den toten Säugling in den Keller zerrten. Unter ihm lag noch eine tote alte Frau. Der Produktionsgruppenleiter, dem das peinlich war, sagte zu mir: ›Es ist der Hunger, wir sind machtlos, die Leute sterben und niemand kümmert sich darum, sie unter die Erde zu bringen.‹« [250]  
    Liu Zongtang, ehemaliger Reporter der Nachrichtenagentur Neues China , Büro Sichuan, erzählte, die meisten Menschen

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