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Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Titel: Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yang Jisheng
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sehen; gefragt, wo das Fleisch herkomme, habe die Alte lange geschwiegen. Auf die dringlichere Nachfrage der Kader war sie dann gezwungen, mit der Wahrheit herauszurücken. Das Fleisch kam von der Leiche ihres Sohnes.
    Damals kam es auch vor, dass die verhungernden Menschen sich um »herrenlose« Leichen schlugen. Wenn man etwas von einem neuen Grab erfuhr, sind die Leute ausgeschwärmt, haben die Leiche ausgegraben und verzehrt. Auf freiem Feld bis auf den letzten Rest vom Fleisch befreite Gebeine zu sehen, war ein alltäglicher Anblick. [320]  
    Hu Dahai, damals verantwortlicher Leiter des Kreispolizeireviers, erzählt: »Unter den Verbrechern im Untersuchungsgefängnis waren Frauen, die ihre Männer, und Kinder, die ihre Eltern, und Mütter, die ihre Söhne getötet hatten, es gab alle Formen von moralischem Verfall, aber meistens war Hunger der Grund für alles. [321]  
    Wer die Wahrheit sagt, wird unterdrückt
    Die Poststelle des Kreiskomitees für Briefe der Bevölkerung hat in den Jahren 1959 und 1960 1173 Zuschriften bekommen, mit denen in der überwiegenden Mehrzahl nicht sorgsam umgegangen wurde. Und manche dienten sogar als Beweismittel für konterrevolutionäre Aktivitäten.
    Der ehemalige stellvertretende Leiter der Organisationsgruppe des Kreiskomitees Qian Hanxuan hat nach seinem krankheitsbedingten Ausscheiden aus dem Amt unter geändertem Namen einen Brief an Mao Zedong geschrieben, in dem er die Lage in den ländlichen Gebieten von Wuwei schilderte. Yao Kuijia fing diesen Brief ab und übergab ihn dem Amt für Öffentliche Sicherheit. Qian befürchtete, an seiner Stelle könnte jemand Unschuldiges festgenommen werden, also gab er zu, den Brief geschrieben zu haben. Als Yao die Nachricht erhielt, schickte er sofort jemanden, der Qian zum Kreis bringen sollte. Kaum dass Qian vor Yao stand, als der auch schon völlig die Kontrolle über sich verlor: »Du Idiot, du bist ein Handlanger von Zhang Kaifan, ein Lakai, frisst sich durch und tut nichts, aber dann beim Zentralkomitee beschweren!« Anschließend hat er Qian verhaftet und bekämpft.
    Einmal haben Li Yongshan, Sekretär der Volkskommune Tianqiao, Yang Kecai, Sekretär der Produktionsbrigade Hinter dem Tempel, und Tang Shengzhuan, Leiter der Produktionsbrigade Xianghe, gemeinsam einen Brief an Mao Zedong geschickt und sind selbst nach Beijing, um die Probleme mit Yao Kuijia und die Probleme in Wuwei zu schildern. Als Yao davon erfuhr, hat er Leute nach Beijing geschickt, die Li und die anderen zurückholen sollten, sie wurden bekämpft und dann zur Arbeit aufs Land geschickt. Später wurde dann Yang Kecai aus der Partei ausgeschlossen, er verlor sein öffentliches Amt und kam in ein Umerziehungslager; Li Yongshan und Tang Shengzhuan wurden als rechte Opportunisten eingestuft und zur Strafe degradiert. Als sie auf dem Land arbeiteten, hielt Yang Kecai Ausschau nach einer Frau und Li Yongshan bat um Urlaub für einen Krankenbesuch, aber Yao behauptete, sie wollten sich absetzen und beschweren; er ließ sie verhaften und für ein Jahr und acht Monate ins Gefängnis stecken.
    Chen Ying, stellvertretender Direktor der Volksschule Nanqiu in Yanqiao, hat zwischen Juli und Oktober 1959 drei Briefe an Yao Kuijia geschrieben, in denen er den Arbeitsstil der damaligen Basiskader im Kreis Wuwei schilderte und die tatsächlichen Lebensprobleme der Massen. Doch Yao hat die kleine Führungsgruppe zur Ausrichtung des Arbeitsstils von den Briefen Chen Yings in Kenntnis gesetzt, mit der Aufforderung, Chen zu bekämpfen. Am Ende wurde Chen Ying als Rechtsabweichler eingestuft, verlor sein Amt, wurde degradiert und seine Arbeit unter Aufsicht gestellt.
    Yao Kuijia sagte zum Leiter des Kreiskomiteesekretariats: »Von heute an, wenn da von irgendwem Briefe an das Zentralkomitee und den Staatsrat hinausgehen, müssen die Postämter sie festhalten und untersuchen!«
    Einmal kam Yao in einen Ort namens Xian’ganzhen, wo er jemanden zu Gesicht bekam, der einen Stand betrieb, an dem man sich einen Brief aufsetzen lassen konnte. Aus Angst, da könnten auch Briefe des Volkes an ihn abgefasst werden, hat er den Mann eigenhändig zur Volkskommune zu einem Verhör mitgenommen, seinen Stand zerstört und ihm gedroht: »Wenn du noch einmal einen Brief schreibst, dann zerre ich dich vor Gericht!« Der Mann lief entsetzt davon.
    Nachdem eine Reihe von Kadern gemaßregelt worden waren, weil sie die Wahrheit gesagt hatten, wurden sie in Umerziehungslager gesteckt. Die

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