Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
ist«, kritisierte, »wo man irgendein ›Eigentumssystem mit Produktionsgruppen als Basis‹ und eine ›Überantwortung der Produktion an die Haushalte‹ benutzt habe, um mit kleinem Privatbesitz und kleinen Freiheiten große private Nebenverdienste aufzubauen und die Kollektivwirtschaft zu zerschlagen«.
Das Zentralkomitee weiter: »In den ländlichen Gebieten findet zur Zeit ein Richtungskampf statt, dieser Richtungskampf ist die Fortsetzung des Kampfes zwischen dem kapitalistischen und dem sozialistischen Weg, der in den ländlichen Gebieten seit zehn Jahren ausgefochten wird, ein heftiger und sehr tief gehender Klassenkampf.« [750]
Gleichzeitig ist der Regierungsapparat intern mit recht großer Vehemenz gegen die »Rettungsfelder« vorgegangen. Einige Führungspersönlichkeiten waren in ihrer Kritik an den rechten Tendenzen noch entschlossener als Mao selbst.
Erst Ende 1960 haben die Führungspersönlichkeiten des Zentralkomitees um Mao Zedong das Ausmaß der Hungersnot zur Kenntnis genommen und, weil sie nicht mehr weiter wussten, schweigend die Überantwortung der Produktion an die Haushalte geschehen lassen. Maos Haltung dieser Überantwortungspolitik gegenüber ist durchgehend sehr schwer zu beschreiben.
Nach dem Herbst 1962, als die Hungersnot etwas abzuklingen begann, hat das Zentralkomitee deutlich verlautbart, dass die Überantwortungspolitik den Weg des Kapitalismus beschreite, und hat den einzelnen Regionen befohlen, das »zu korrigieren«. Anfangs hat man die Basiskader, die das Verantwortungssystem eingeführt und damit die Bauern von der Schwelle des Todes gerettet haben, angegriffen. Während der nachfolgenden »Vier Säuberungen« und in der Kulturrevolution hat man diese politische Rechnung noch verdoppelt.
Die Ausrichtung des Arbeitsstils und der Volkskommunen bürdet den Basiskadern die Verantwortung auf
Die Korrekturmaßnahmen von oben zielten alle auf das Problem der Radikalisierung bei den Drei Roten Bannern. Das traf den sensibelsten Nerv von Mao Zedong und seinen Leuten. Sie waren der Auffassung, »eine wahnsinnige Gegenströmung gegen den Weg des Sozialismus« vor sich zu haben. Sie glaubten, die Hauptursache für den massenhaften Hungertod der Bauern liege bei Grundbesitzern, reichen Bauern, Konterrevolutionären, schlechten und rechten Elementen. Sie seien gegen die Drei Roten Banner und verantwortlich für die schweren Probleme in den ländlichen Gebieten. Als Ende 1960 die Ereignisse von Xinyang auf den höchsten Ebenen der Partei aufgedeckt wurden, korrigierte Mao Zedong seine frühere Fehleranalyse von dem Verhältnis 9 : 1 (neun Finger zu einem Finger) zu einem Drittel aller Gebiete, in denen es Probleme gebe. Doch dieses Drittel war in seinen Augen von üblen Elementen, die unter den Basiskadern die Macht an sich gerissen hatten, verursacht worden.
Am 15. November 1960 heißt es in einem Aktenvermerk Mao Zedongs: »Die Lage in zwei Dritteln des Landes ist ausgezeichnet; doch in einem Drittel der Gebiete steht es nicht gut. In den nächsten fünf Monaten wird sich die Gesamtsituation grundlegend ändern. […] Schurken und Gaunereien werden abgeschafft, missliebige Tendenzen zurückgedrängt und die richtigen Strömungen Oberhand gewinnen.«
Zu dem gleichen Bericht macht Mao einen an Zhou Enlai gerichteten Vermerk: »Wir werden eine Zeit brauchen, um uns ausführlicher über die ungünstige Lage in einem Drittel der Gebiete zu unterhalten. Schurken sind an der Macht, sie schlagen und morden, sie verringern die Getreideproduktion, so dass man sich nicht mehr satt essen kann. Die demokratische Revolution ist noch nicht zu Ende, die feudalistischen Kräfte machen großen Ärger, sie betrachten den Sozialismus mehr und mehr als ihren Feind und zerstören die Produktionsbeziehungen und die Produktionskräfte des Sozialismus.« [761]
Am 8. Dezember 1960 schreibt das Zentralkomitee in einem Instruktionspapier:
»Über die schwierige Situation, die in einigen Gebieten der Provinzen Shandong, Henan und Gansu eingetreten ist, wisst ihr alle Bescheid. Die in Dokument 215 […] beschriebene Lage der Arbeit, vor allem die schweren Extravaganzen und Verschwendungen, die Korruption und Unterschlagungen, die Verstöße gegen die Disziplin, bei denen keine Rücksicht auf Leib und Leben der Bevölkerung genommen wird, bei den Kadern der mittleren Ebene kann man sich das manchmal einfach nicht vorstellen. Einige dieser schädlichen konterrevolutionären Auswüchse sind
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