Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
dem Produktionsteam in der Nähe des Bahnhofs ein Bild von der Lage zu verschaffen und das Leben der Teammitglieder in Ordnung zu bringen. Als das Gebietskomitee von Zhangye von dem Ganzen erfuhr, hat es sofort die neu ausgesandten Truppen zurückbeordert und den Befehl ausgegeben, auf keinen Fall die Massen zu schlagen, zu beleidigen oder festzunehmen und schon gar nicht, das Feuer zu eröffnen. Den Hungernden, die von weither gekommen waren, sollte zu essen gegeben werden und man sollte sie überzeugen, nach Hause zu gehen. [838]
Zur gleichen Zeit haben in der Stadt Jiuquan über 400 Menschen aus den Massen Leitern herangeschafft und mit Säcken, Pistolen, Knüppeln, Messern und Eisenfräsen in Händen in der Mehlfabrik Getreide gestohlen. Einige von ihnen haben im Schutz der Nacht auf der Landstraße Lastenrikschas mit Nahrungsmitteln angehalten, mit Messern die Getreidesäcke aufgeschnitten und den Inhalt gestohlen. Das Amt für Öffentliche Sicherheit ließ bereits feuern, um die Menge aufzulösen, aber die Plünderungen gingen noch zwei Tage weiter. [839]
Im Januar 1961 erhielt das Provinzkomitee von Gansu einen Bericht, in dem es hieß, die gesellschaftliche Ordnung entlang den Eisenbahnlinien sei nicht mehr aufrechtzuerhalten, ständig würden Güterzüge überfallen und ausgeraubt, das Ganze breite sich weiter aus und die Lage werde von Tag zu Tag schlimmer. Eine Untersuchungsgruppe des Bahnhofs von Beidao fand heraus, dass von 338 Güterzügen, die sich dem Bahnhof genähert hatten, 142 ausgeraubt worden waren. Nach einer anderen Statistik kam es zwischen Oktober 1960 und dem 22. Januar 1962 zu 420 Überfällen auf Güterzüge. Davon fielen auf die gut drei Wochen im Januar 184. Die Gebiete, in denen es zu solchen Überfällen kam, wechselten. Es gab kleine, es gab große, es geschah an Bahnhöfen oder entlang den Gleisen und es weitete sich nach und nach aus. Die Überfälle, zunächst nur von Einzelnen verübt, wurden von Banden organisiert, aus kleineren Diebstählen wurde Raub in großem Stil, aus heimlichen Nacht- und Nebelaktionen wurden Überfälle am helllichten Tag. [840]
In Gansu kam es im Januar 1961 zu fünf- bis sechshundert Nahrungsmittelplünderungen mit einem Verlust von über einer Million Pfund Getreide, fast 10000 Stück Vieh, dazu noch eine Menge anderer Waren, was den Verkehr lahmzulegen drohte. [841]
1961 kam es in der Stadt Zhangye [842] und dem Kreis Anxi [843] nacheinander zu Plünderungen von Getreidespeichern.
Im Dezember 1960 kam es im Sondergebiet Wuhu in Anhui zu 180 Fällen von Nahrungsmittelraub verschiedenen Ausmaßes. Nach statistischer Auswertung von 96 dieser Vorfälle wurden gut 36000 Pfund Getreide gestohlen.
Anfang 1961 kam es provinzweit zu 65 Fällen von Nahrungsmittelraub, bei denen über 10000 Pfund Getreide gestohlen wurden und die sich bis in das Frühjahr 1962 fortsetzten. Untersuchungen belegen, dass an 22 Fällen von Nahrungsmittelraub in 13 Kreisen fast 5500 Menschen beteiligt waren. [844]
Im Kreis Leishan in Guizhou kam es 1960 mehrfach zu Plünderungen staatlicher Speicher. [845]
Im Kreis Liping kam es zwischen Dezember 1960 und Januar 1961 zu hungerbedingten Plünderungen von Getreidespeichern durch über 4000 Personen. [846]
In der Stadt Huzhou in Guangdong kam es zur Plünderung des kollektiven Getreides. [847]
An den veröffentlichten Zahlen von Strafverfahren kann man erkennen, dass in der schlimmsten Hungerperiode zwischen 1960 und 1961 die Zahl der Strafverfahren gewaltig anstieg.
Im Kreis Lu in der Provinz Sichuan war die Lage in Hinsicht auf die öffentliche Sicherheit chaotisch, in den schwer betroffenen Produktionsteams und Verwaltungsbezirken konnten nächtelang keine Versammlungen abgehalten werden. In der Volkskommune Yangjiu kam es zwischen dem 6. und dem 10. Januar 1961 zu einer Reihe von insgesamt 17 Fällen von Nahrungsmittelraub. Dem Kommunemitglied Yang Yunzhang wurden von mit Knüppeln bewaffneten Männern, die in sein Haus eindrangen, sechs Gänse, zwölf Eier und drei Schafe geraubt.
Seit Ende Dezember ist es in der Volkskommune Caoshi zu 104 Fällen von Nahrungsmittelraub gekommen. Laut Statistik ist es in einer Woche im Frühjahr 1961 in 36 von 69 Volkskommunen des Kreises zu solchen Zwischenfällen gekommen. [848]
Die Zunahme der Strafverfahren hat mit den unangemessenen Leitgedanken der Justizbehörden zu tun. In den Kreisannalen von Minqin heißt es: »In den
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