Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Titel: Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yang Jisheng
Vom Netzwerk:
bekämpft, es kam zu zwölf Fällen von Totschlag und von Selbstmord infolge von Prügeln. [860]  
    Mit dem Beginn des Großen Sprungs nach vorn wurde die Kontrolle der untersten Verwaltungsebene gegenüber »feindlichen Kräften verstärkt«. In den Kreisannalen von Dianjiang heißt es: »Seit 1959 wurden aus Mitgliedern von Partei, Kommunistischer Jugendliga, öffentlichen Sicherheitskräften und Miliz ›kleine Zangengruppen‹ gebildet, die Grundbesitzer, reiche Bauern, Konterrevolutionäre und schlechte Element in Verwahrung nahmen; man ging nach dem System vor, eine Belehrung im Monat, eine Bewertung im Quartal und Abschlusskritik am Ende des Jahres. Je nach dem, wie einer sich aufführte, nahm man ihm einen ›Hut‹ ab oder setzte ihm einen auf, was öffentlich bekanntgegeben wurde.« [861]   Die Maßnahmen, die man im Kreis Dianjiang in Sichuan anwandte, haben Beispielcharakter.
    Das straffe System gesellschaftlicher Überwachung
    Nach der Machtergreifung durch die Kommunistische Partei wurde ein ganzes System straffer gesellschaftlicher Kontrolle errichtet, das unter anderem ein Organisationssystem, Einwohnermeldesystem, Nahrungsmittelverteilungssystem und ein System zur Kontrolle der Wanderarbeiter umfasste.
    Die politische und wirtschaftliche Macht lag in den Händen der Kommunistischen Partei. Während des Großen Sprungs 1958 hatte die KP Chinas 15 Millionen Mitglieder. Durch die disziplinären Fesseln, durch die »der Einzelne der Organisation, die unteren Ebenen den oberen Ebenen und die gesamte Partei dem Zentralkomitee gehorcht«, mussten alle Parteimitglieder dem Willen der Partei folgen und die Massen um sie herum antreiben und kontrollieren, damit sie den Willen der Partei umsetzten. Die Kontrolle der Parteiorganisationen drang bis in die Gemeinden und Dörfer, bis in die Zugabteile, in jede Schule, jeden Laden, jede Kompanie. Dazu hatte die Kommunistische Partei die Leitung über »Massenorganisationen« wie die Kommunistische Jugendliga, die Gewerkschaften, den Frauenverband und die Jungen Pioniere; fast jeder hat in von der Kommunistischen Partei kontrollierten Organisationen gearbeitet, gelernt oder gelebt. Nur über diese Organisationen war das Lebensnotwendigste zu bekommen, nur über diese Organisationen kam man an Informationen. Das Verhalten und die Gedanken jedes Einzelnen wurden von den Organisationen kontrolliert. Nur wenige haben von der Regierung abweichende Meinungen geäußert, Aktionen gegen die Regierung waren ausgesprochen vereinzelte, radikale Taten.
    Am ehesten konnte es unter den unkontrollierbaren Wanderarbeitern zu gesellschaftlichen Unruhen kommen. Nach Gründung der Volksrepublik China hat die Regierung der Verringerung und Kontrolle dieser Wanderarbeiter große Aufmerksamkeit gewidmet. Nach der Einführung des Ankaufs- und Rückverkaufssystems von Getreide 1953 wurde der Stadtbevölkerung das Lebensnotwendigste auf staatliche Marken geliefert. Auf diese Marken bekam man nur etwas an seinem Wohnort. Im Januar 1958 bestimmte der Staatsrat, dass das Amt für Öffentliche Sicherheit für die Arbeit der Wohnsitzerfassung zuständig ist. Über die Kontrolle des Wohnsitzes kannte das Amt für Öffentliche Sicherheit jeden Bürger wie die eigene Hosentasche. Wer seinen Wohnsitz verließ, um sich für eine kurze Zeit an einen anderen Ort zu begeben, brauchte eine vom jeweiligen Amt vor Ort ausgestellte Genehmigung, außerdem musste er die entsprechenden Marken bei sich führen, und wenn er an seinem Zielort angekommen war, musste er sich mit seiner Genehmigung bei dem jeweiligen Polizeirevier melden. Erst danach konnte er für die mitgeführten Marken etwas zu essen bekommen. Die Bauern waren fest an ihre Scholle gebunden. Außer zu irgendwelchen landwirtschaftlichen Arbeiten war es ihnen nicht erlaubt, andernorts zu arbeiten; wer das Dorf verlassen wollte, brauchte die Genehmigung des Produktionsteamleiters. Damit gab es praktisch keine Wanderarbeiter mehr in der Gesellschaft.
    Nach dem Ausbruch der Hungersnot nahm die Abwanderung der hungernden Menschen zu, aber die verschiedenen Behörden haben die Kontrolle der wandernden Bevölkerung verstärkt. In allen Regionen wurde verlangt, der Abwanderung der Bauern Einhalt zu gebieten und die vor der Hungersnot fliehenden Bauern wegen »Landflucht« vermehrt unter Arrest und an den Pranger zu stellen und auszupeitschen, noch mehr allerdings wurden einfach abgefangen und abgeschoben.
    Im Oktober 1962 gab der Minister für

Weitere Kostenlose Bücher