Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
Gesamtbevölkerung. Zwei Haushalte sind vollständig ausgestorben und die vier Dörfer sind heute zu einem zusammengelegt.
In der vierköpfigen Familie von Xu Yingzi sind zuerst die Erwachsenen gestorben. Sie wurden von niemandem beerdigt, später sind auch die beiden Kinder gestorben, die vier Leichen lagen im Ganzen fast 14 Tage herum.
Die kleine Produktionsgruppe Yangdawei aus dem Produktionsteam Chensai der Produktionsbrigade Sanpise bestand ursprünglich aus 23 Haushalten mit 119 Personen – davon starben 51, drei Haushalte starben aus. Da es zu viele Tote gab und den Überlebenden die Kraft dazu fehlte, wurden die Toten nicht begraben. Ein kleiner Junge namens Yang Yousan starb in der Volksküche und lag dort gute 14 Tage. Später organisierte der Parteizellensekretär Cheng Linde ein paar Leute, die 36 Leichen in einem Graben verscharrten.
Mitte August stellten in der gesamten Volkskommune die Volksküchen den Betrieb ein und blieben bis zum 7. Dezember, also insgesamt 53 Tage, geschlossen. Die Kader im Kreis wussten das alle, aber niemand wagte, etwas zu sagen.
Zur Volksküche von Zhugang gehörten 37 Haushalte mit insgesamt 138 Personen, von ihnen starben 47 und fünf Haushalte starben aus. Keine Toten zu beklagen hatten vor allem Haushalte von Kadern, Buchhaltern und Arbeitskräften (und solche, die wildes Gemüse ausgruben), unter den ausgestorbenen Haushalten waren kaum die von Arbeitskräften, in ihnen hatte niemand nach wildem Gemüse gegraben.«
Der ehemalige Gebietskommissar von Xinyang Zhang Shubo schreibt in seinem Buch Die Ereignisse von Xinyang – eine bitter historische Lehre :
»Ein 14, 15 Jahre altes Mädchen aus dem Dorf Wulidian in Xinyang hat ihren vier, fünf Jahre alten kleinen Bruder umgebracht, gekocht und gegessen. Da ihre Eltern schon verhungert waren, waren nur die beiden Kinder übrig geblieben. Als das Mädchen den Hunger nicht mehr aushielt, hat sie ihr Brüderchen gegessen. Als mir dieser Fall vorgelegt wurde, hatte ich große Probleme, mit ihm umzugehen. Nach dem Gesetz handelte es sich um eine Notlage. Ich überlegte eine ganze Nacht lang, habe das Mädchen tags darauf doch festnehmen lassen. Mein Gedanke war, dass sie, wenn ich sie nicht festnahm, ebenfalls verhungern würde, da war es doch besser, ich steckte sie ins Gefängnis, wo sie wenigstens etwas zu essen bekam.«
Die meisten Toten im Gebiet von Yinyang gab es in absoluten Zahlen im Kreis Guangshan, der höchste Prozentsatz an Toten im Bezug zur Gesamtbevölkerung wurde im Kreis Huaibin erreicht. Ein alter Kader aus Xinyang hat dem Autor dieses Buches erzählt, der kleine Wagen des Sekretärs des Untersuchungskomitees der Provinz Liu Mingbang und des Gebietskomiteesekretärs Lu Xianwen sei an den Leichen am Straßenrand vorbeigefahren, aber sie hätten nach oben nicht gemeldet, wie die Lage wirklich war. Im Bericht von Yang Weibing, dem Sekretär des Provinzkomitees, heißt es: »Im Kreis Guangshan liegt die Zahl der Toten bei über 20 Prozent der Gesamtbevölkerung. In der Produktionsbrigade Großer Birnbaum der Volkskommune Huaidian liegt die Zahl der Toten bei über 60 Prozent, in der Produktionsbrigade Neues China der Volkskommune Shuangliu im Kreis Huangchuan bei über 65 Prozent, 13 Dörfer sind vollständig ausgestorben.« [39]
Und um diese vielen Hungertoten hat niemand je geweint. Um die Leichen hat sich im Winter niemand gekümmert. Erst als zur Frühjahrssaison Getreide ausgegeben wurde, haben die Volkskommunen eingegriffen und Leute organisiert. Jeder bekam ein Paar Handschuhe und wenn die Leichen so entstellt waren, dass man sie nicht mehr identifizieren konnte, wurden sie in Gemeinschaftsgruben beerdigt. In der Regel kamen auf eine solche Grube jeweils über 100 Leichen.
In einem Bericht einer Untersuchungskommission des Provinz- und Zentralkomitees heißt es über den Kreis Xi:
»Nach einer unvollständigen Statistik des Kreiskomitees sind im Kreis Xi in den vier Monaten zwischen Oktober 1959 und April 1960 insgesamt 104523 Menschen zu Tode gekommen, das macht 14 Prozent der ehemaligen Gesamtbevölkerung. […] Die wirklichen Zahlen dürften deutlich höher liegen. Erstens, weil der Zeitraum eingegrenzt ist, in Wirklichkeit sind auch schon eine ganze Menge Menschen vor Oktober 1959 verhungert, ebenso wie im dritten Quartal 1960. Außerdem wurde zweitens die Zahl der normalen Todesfälle zu hoch angesetzt, so dass viele in diese Statistik eingegangen sind, die in Wahrheit
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