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Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)

Titel: Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yang Jisheng
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gestorben waren, sehr kleine Kinder, Personen, die nicht im Erfassungszeitraum der Statistik gestorben waren, Flüchtlinge, deren Verbleib ungeklärt war, und bei gleichen Namen und im Zweifelsfall wurde ein Toter nicht in die Statistik aufgenommen. [59]   Doch nach Bekanntwerden des Problems stieg die Zahl der Toten immer weiter an: »Ursprünglich hat der Kreis Zhengyang für den Zeitraum vom vergangenen Winter bis zum Frühjahr gut 18000 Tote gemeldet, jetzt sind wir hier nach den ersten Schritten der Untersuchung bereits bei 80000 angekommen; der Kreis Xincai hat ursprünglich 30000 Tote gemeldet, jetzt ist die Zahl bereits auf fast 100000 angestiegen. In der Vergangenheit hat die Volkskommune Chaya gut 600 Tote gemeldet, jetzt wurden über 4000 festgestellt, das sind 10 Prozent der Gesamtbevölkerung.« [60]  
    Wang Binglin, der stellvertretende Generalsekretär des Gebietskomitees von Xinyang, sagt in dem Material, in dem er den Sekretariatsleiter des Provinzkomitees von Henan Yang Weibing bloßstellt:
»Im Mai 1960 kam Yang Weibing zu einer Untersuchung nach Xinyang. Wang Binglin, der stellvertretende Generalsekretär des Gebietskomitees von Xinyang, hat ihn empfangen und begleitet. Sonderbar kam ihm dabei vor, dass Sekretär Yang nie auf die Probleme zu sprechen kam, die es seit dem vergangenen Winter bis in den jetzigen Frühling gegeben hat. Daraufhin hat Wang Binglin von sich aus über das Problem mit den Toten in Xinyang berichtet, aber Yang nahm dazu nicht Stellung. Als der Sekretär der Volkskommune Qinhe des Kreises Guangshan auf die Toten in seiner Volkskommune zu sprechen kam, hat Sekretär Yang immer noch nicht Stellung bezogen. Als Ma Longshan, der Kreiskomiteesekretär von Guangshan dem Sekretär Yang schilderte, dass bei ihnen 38800 Menschen gestorben seien, gab dieser daraufhin folgende Anweisung: ›Bei der Klärung der Totenzahlen muss man die Zahlen im Kopf haben, die Ursache für das Ganze liegt in der Hungersnot, das Problem mit den Toten muss nicht weiter verfolgt und auch nicht weiter untersucht werden …‹«
    Wang Binglin sagte, Sekretär Yang sei diesmal insgesamt zehn Tage in Xinyang geblieben. Nur bei dem Empfang in der Volkskommune Chaya habe er vor Ort etwas gegessen, ansonsten nur in Behörden vom Kreis an aufwärts, jede Mahlzeit habe aus fünf bis sechs Gängen und einer Suppe bestanden, mit Fleisch und Eiern, auch Alkohol habe es gegeben, wobei er sich einmal ein Theaterstück und dreimal einen Film angesehen habe.
    Wang Binglin erzählt weiter, im Mai 1960 habe das Provinzkomitee der schriftlichen Verlustmeldung des Gebietskomitees hinzugefügt: »einschließlich der natürlichen Todesfälle« und sie dann an das Zentralkomitee und an die verschiedenen Kreise weitergeleitet.
    Das Gebietskomitee von Xinyang bekannte sich in seinem Untersuchungsbericht zu »politischen Fehlern«, was Yang Weibing umänderte in »Fehler in der Getreidearbeit, die auf Problemen des Subjektivismus und der Arbeitsmethode beruhen«. Durch diese Änderung hat Sekretär Yang die in ihrem Wesen gigantischen Fehler von Xinyang beschönigt. [61]  
    Die Großkonferenz des Gebietskomitees vom Juli 1960 (das heißt die Jigongshan-Konferenz) war eine einzige Verschleierungsaktion. Li Ruiying, die selbst an der Konferenz teilgenommen hat, erzählte dem Verfasser dieses Buches, die Konferenz habe fortgesetzt die »ausgezeichnete Lage« betont, ihr Ziel sei es gewesen, die Verantwortung des Provinz- und des Gebietskomitees für die Ereignisse in Xinyang zu verringern.
    Der Jigong-Berg liegt im Grenzgebiet von Hubei und Henan, ein als Sommerfrische berühmter Ort. In den letzten Jahren der Qing-Dynastie haben ausländische Missionare hier eine Sommervilla gebaut, in den Republikjahren war es eine beliebte Sommerfrische für Würdenträger und Prominente. Auf den endlosen grünen Hügeln verbergen sich eine um die andere kleine Villa. In einem Sommer, in dem Hungerleichen überall herumlagen, haben die Beamten von Kreis, Präfektur und Provinz hier zum einen Schutz vor der Hitze gesucht und sich zum anderen vor ihrer Verantwortung gedrückt. Führungskader mit rosigen Gesichtern wurden von ausgemergelten Bauern mit komischen Tragestangen den Berg hinaufgeschleppt. Sie aßen Huhn, Ente, Fisch und Fleisch, machten jeden Tag ein ausgiebiges Mittagsschläfchen, aßen sich an Wassermelonen satt und dann gingen sie wieder zu einer Sitzung. Auf dieser Sitzung sagte Yang Weibing: »Die Arbeit in Xinyang läuft

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