Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
alles in allem gut, das Provinzkomitee ist zufrieden […] Was die Zahlen der Toten angeht, so spielt es keine Rolle, ob es nun 480000 oder 450000 sind […] Wenn man die Probleme im Gebiet Xinyang im ersten Halbjahr nicht lösen konnte, jetzt können wir es, wir können uns hier hinsetzen und die Probleme lösen. Denn der Vorsitzende Mao Zedong hat uns die Chance eines ›Fingerzeigs‹ gegeben.« [62]
Das bezog sich auf eine Bemerkung Mao Zedongs in seiner Rede über die »Drei Roten Banner«, wonach ein Problem »ein Finger« sei, der Erfolg hingegen »neun Finger«.
Aufgrund dieser Beschränkung auf den »einen Finger« war es nicht möglich, auf der Konferenz die Probleme grundlegend darzustellen, und viele Teilnehmer hatten noch nicht das Wort ergriffen, als man schon mit dem Resümee der Veranstaltung begann. Anschließend verlagerte sich die Kritik von den Gebietskomitees weg auf den Sekretär des Kreiskomitees von Guangshan Ma Longshan. Da ergriff Yan Zhongru das Wort, stellvertretender Leiter der Parteischule des Gebietskomitees, und kritisierte scharf die Fehler, die in diesem Komitee gemacht worden waren. Yang Weibing sagte zum stellvertretenden Sekretär des Gebietskomitees Wang Dafu: »Wenn die Ansichten dieses Mannes hier (er zeigte auf Yan Zhongru) nicht korrekt sind, dann musst du mit ihm sprechen.«
Am darauffolgenden Tag kritisierte Yang Weibing in einer Rede Yan Zhongru, ohne seinen Namen zu nennen. Li Li, der Leiter des Provinzkomiteesekretariats, sagte: »Wie kommt es, dass ihr in der Parteischule so einen stellvertretenden Schulleiter habt?« Nach der Rede von Yan Zhongru kritisierte auch Yang Shouji, der Sekretär des Kreiskomitees von Gushi, in seiner Rede das Gebietskomitee. Yang Weibing sagte dazu: »Wenn die Probleme in Gushi so ernst sind, […] dann soll er eine Selbstkritik machen.«
Während auf der Konferenz die wahre Lage weiter verschleiert wurde, sprach Wang Guohua, ein alter Rotarmist und stellvertretender Provinzgouverneur, mit Zhang Shubo und seiner Frau Li Ruiying. Zhang Shubo erinnert sich: »Wang Guohuas Rede schlug auf der Versammlung ein wie eine Bombe, er war der erste, der Lu Xianwen namentlich kritisierte, und er war der erste, der mit mir sprach.«
Auf der Konferenz von Jigongshan wurde die Verhaftung von Ma Longshan beschlossen und man war bereit, ihn zum Tode zu verurteilen. Das Provinzkomitee dachte, mit der Hinrichtung von Ma Longshan könne es zeigen, wie ernsthaft es sich der Ereignisse von Xinyang angenommen habe, und außerdem seine eigene Verantwortung herunterspielen.
Zhang Shubos Sekretär Yu Dehong erinnert sich:
»Das Problem mit den Hungertoten in Xinyang ließ sich längst nicht mehr unter dem Deckel halten, Li Jian, Li Zhenhai und andere sprachen in einem Untersuchungsbericht, an dem sie drei Monate gearbeitet hatten, von 1,05 Millionen Toten. In einer solchen Situation waren die Hauptverantwortlichen in Gebiets- und Provinzkomitee auf das höchste alarmiert, vom 20. Juli an berief das Gebietskomitee von Xinyang eine Großversammlung des Ständigen Ausschusses ein. Das Provinzkomitee schickte Yang Weibing, Li Li und Liu Mingbang. Eigentlich wegen rechter Tendenzen in Verruf geratene Kader setzten große Hoffnungen auf diese Konferenz. Sie hofften, man werde den Deckel von den Dingen nehmen können. Aber die Konferenz hat weiter alles verschleiert. Angesichts dieser Lage hat Genosse Zhang Shubo nacheinander drei Reden gehalten (in einer Länge von insgesamt 14000 Schriftzeichen [11] ), in denen er die wahren Probleme im Gebiet von Xinyang zur Sprache und damit die ganze Agenda der Konferenz durcheinanderbrachte. Unter anderen Lu Xianwen, Wang Dafu, Yan Bingyu und Wu Jianhua hielten hinter dem Rücken von Zhang Shubo eine Geheimkonferenz ab, auf der sie die Meinung vertraten, Zhang Shubo führe hier fortgesetzt einen rechtsopportunistischen Revisionismus vor, und sie beschlossen, die Konferenz zu einer konzentrierten Kritik an Zhang umzufunktionieren. Auf Intervention unter anderem von Zhang Shubo kam es nicht dazu. […] Die Konferenz tagte bis zum 15. August, am Ende wurde Kreiskomiteesekretär Ma Longshan festgenommen.«
Ende September 1960 erreichte eine Anordnung des Provinzkomitees Wu Zhipu vom ständigen Ausschuss des Gebietskomitees: »Die Arbeit im Gebiet von Xinyang ist in der Geschichte immer sehr gut gewesen und man hat in der Ausführung der politischen Richtlinien des Zentralkomitees nicht geringe Erfolge erzielt. Die
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