Grabstein - Mùbei: Die große chinesische Hungerkatastrophe 1958-1962 (German Edition)
Zedong sie nach dem Eintritt in die Genossenschaft und der Verteilung des Getreides fragte, antwortete der daneben stehende stellvertretende Genossenschaftsleiter für sie.
In einem Bericht wird dieser Besuch Mao Zedongs folgendermaßen beschrieben:
»Als der Vorsitzende gegangen war, fing es noch am gleichen Abend an zu regnen. Der Arbeitspunktkontrolleur von Brigade 24 sagte, das sei genauso wie im Sprichwort ›Ein einziger Schritt des Drachen wird hundert Blumen glücklich machen‹. Andere fragten, was er meine. Er sagte: ›Frühlingsregen ist wertvoller als Öl. Am Nachmittag ist der Vorsitzenden hier gewesen, und am Abend haben wir hier in der Genossenschaft Roter Glanz Regen. Wir werden in diesem Jahr bestimmt die Produktion steigern. Wenn das kein Glück ist, dann weiß ich es auch nicht.«
Vierzig Jahre später erzählt der Autor Dong Fu die Szene nach Mao Zedongs Abfahrt aus der Genossenschaft nicht ohne Spott:
»Seit dem Abend, an dem Mao Zedong angekommen war, war die ganze Genossenschaft Roter Glanz in heller, freudiger Aufregung. Wer das Glück gehabt hatte, den Großen Vorsitzenden gesehen zu haben, erzählte das den anderen voller Stolz und Erregung in allen Einzelheiten, und wer sich die Gelegenheit hatte entgehen lassen, war untröstlich. Die Leute schlugen sich darum, jemandem die Hand zu drücken, der selbst dem Vorsitzenden Mao die Hand gegeben hatte, um wenigstens ein bisschen von dem Segen abzubekommen. Für eine lange Zeit haben die Leute jeder Bewegung, jeder Miene, jedem Wort, jedem Schriftzeichen und jedem Fußabdruck, den der Große Vorsitzende in irgendeinem Winkel hinterlassen hatte, nachgeschmeckt, nachgelauscht und nachgedacht. Man hatte vor, dort, wo Mao Zedong aus dem Wagen gestiegen war, ein ›Segenstor‹ zu errichten; die Feldwege, die er abgeschritten hatte, sollten ›Straßen des Segens‹ genannt und an beiden Seiten Zypressen gepflanzt werden; man wollte eine Gedenkstätte errichten; man wollte einen ›Pavillon des Segens‹ bauen; die Felder, die Mao betreten hatte, wollte man ›Felder des Segens‹ nennen; über den Graben, über den er geschritten war, wollte man eine ›Brücke des Segens‹ schlagen; die auf seine Anweisung hin neu gebaute Volksschule wurde ›Volksschule des Segens‹ genannt; die 18 kleinen Kinder, die ihn gesehen hatten, wurden zu ›Kindern des Segens‹ (später hat man ihre Herkunft überprüft und da behielt nur noch eines der Kinder diesen Namen).
Die tausendfach gesegnete Wen Yaoniang nannte den kleinen Orangenbaum, den Mao Zedong in ihrem Hof gesehen hatte, ›Baum des Segens‹, die Gemüsebeete, an denen Mao Zedong vorbeigekommen war, wurden umgetauft in ›Gärten des Segens‹, die Wasserpfeife und den Backkorb, den Mao Zedong berührt hatte, konnte man nicht gut mit dem Wort ›Segen‹ versehen, aber beides hütete sie wie ihren Augapfel.«
Und doch war die Chengdu-Konferenz für das Land des Reichtums und der Fülle kein Segen, sie war eine Katastrophe, eine Katastrophe für das ganze Land.
Die »Drei Roten Banner« entfesseln einen Orkan
Die »Drei Roten Banner« entfesselten einen Orkan, der ganz Sichuan erfasste. Ende Juli, die Doppelernte-Reisfelder waren längst abgeerntet, als die Genossenschaft Roter Glanz zum ersten Mal einen »Satelliten« losließ, der hieß: 3752 Pfund Ertrag pro Mu.
Am Abend des 5. August verkündete Gao Yilu, der Kreisleiter des Kreises Pi, die Durchschnittsproduktion für die erste Reisernte liege bei 1030 Pfund pro Mu, das sei doppelt so viel wie im Vorjahr, das sei Provinzrekord. Die »Satelliten« von über 3000 Pfund pro Mu, die dann auftauchten, kamen alle aus dem Kreis Pi. Kreisleiter Gao sagte: »Das ist der rote Glanz, den Pi nach dem Besuch des Vorsitzenden Mao ausstrahlt! Das sind die Blumen, die das Volk mit seinem Arbeitseifer in den Himmel wachsen lässt!« Was dann folgte, war ein mit großem Tamtam ausgetragener Wettstreit im Steigenlassen von Satelliten, sämtliche Volkskommunen überboten einander mit immer höheren Rekordertrags-Satelliten.
Am Vormittag des 27. August erreichte der erste Gebietskomiteevorsitzende Song Wenbin an der Spitze des Ständigen Gebietsausschusses Xipu. Nachmittags begann die Ernte, über 100 Bauern strömten auf dieses kaum mehr als einen Mu große Feld, nur um einen noch größeren Satelliten hochgehen zu lassen. Aber ein paar Experten für Wasserreis vom Forschungsinstitut für Agrarwissenschaft sagten, das sei ein falscher Satellit: »Hierhin
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