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Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi

Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi

Titel: Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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ist man noch stilvoll gereist, mit Überseegepäck, heute muss alles minimalistisch und praktisch und atmungsaktiv sein. Na schön, dann soll dir Karl-Heinz einen Anzug leihen, das kommt von der Statur her wohl am ehesten hin.“
    Alfie wollte sich innerlich notieren, dass Mireille Mathieu Mai Ling hieß und Mosche Dajan Karl-Heinz. Aber da schlug ihm Jeff Bridges mit wuchtiger Hand auf die Schulter und rief: „Ist das alles nicht ein großer Spaß? Wir haben das bestmögliche Leben!“
    Und irgendwie lösten sich die wirklichen Namen seiner Auftragskillermeute damit wieder im Nebel des Vergessens auf.

    „Ein gutes Spiel beginnt mit einem guten Blatt!“, philosophierte Jeff Bridges. „Das ist beim Poker genauso wie im richtigen Leben.“
    Eine eindrucksvolle Karawane war es, die sie an diesem frühen Nachmittag bildeten.
    Jeff Bridges schritt in seinem sichtlich maßgeschneiderten, sichtlich italienischen Anzug voraus wie Moses; allerdings hatte er nicht vor, den Wildsee zu teilen, sondern allenfalls irgendwelche Busreisegruppen, die sich ihnen in den Weg stellten.
    Dicht hinter ihm trottete Alfie in einem viel zu großen, dunklen Begräbnisanzug, den Mosche Dajan ihm geliehen hatte. Der Anzug hing wie ein Kartoffelsack an ihm, stank penetrant nach Kampfer, und Alfie war sich ziemlich sicher, dass es sich bei den Kügelchen in der rechten Jackentasche um Rattenkötel handelte.
    „Hoffentlich hat dieser gut aussehende Croupier heute Dienst“, hauchte Mireille Mathieu, die zu ihren blutrot lackierten überlangen Fingernägeln ein hautenges, hoch geschlitztes Kleid aus taubenblauer Seide und farblich passende High-Heel-Slings trug. Eigentlich ein sexy Outfit. Wenn auch nicht gerade das, was man von einer über Siebzigjährigen modisch erwarten würde.
    „Wer spielt, kann sein Geld auch gleich in den Gulli werfen. Ich komme nur mit, um endlich wieder einmal anständigen Champagner zu trinken.“ Im Gegensatz zu dem glattgebügelten Botoxgesicht von Mireille war die Herzoginwitwe ein wahres Faltenrelief. Es waren keine Lachfältchen, die sich um ihre Augen zogen, es waren Missbilligungsfurchen. Sie trug weit geschnittene Marlenehosen, die es ein bisschen so aussehen ließen, als habe sie ein bodenlanges Kleid an. Dazu eine mintgrüne Häkeldecke, die wohl eine Wollstola sein sollte, sowie einen schwarzen Gehstock mit Elfenbeingriff, und – voilà! – das Bild der Herzoginwitwe war komplett.
    Den Abschluss bildete Mosche Dajan im Smoking. Er wirkte völlig deplatziert, mitten am helllichten Tag in Seefeld, aber zugegebenermaßen ungeheuer stilvoll. Wie James Bond, nur eben mit Augenklappe. Aber vielleicht war die Augenklappe ja gerade das Tüpfelchen auf dem i. Mehr als eine der Matronen, denen sie unterwegs begegneten, warf ihm glutäugige Blicke zu, die besagten: „Nimm mich hier, nimm mich jetzt!“
    Mosche Dajan achtete mit seinem guten Auge jedoch gar nicht auf die willigen Passantinnen. Er studierte ein Faltblatt. „Heute ist der erste Tag der Herbst-Challenge im Casino“, las er vor. „Texas Hold’em, No Limit, mit einem Buy-In von 200 Euro und maximal fünfzig Teilnehmern.“
    Alfie sagte das nichts. Er verstand kein Wort. Es hätte ebenso gut Kisuaheli sein können, was Mosche Dajan da sagte. Alfie hatte noch nie gepokert und fand Kartenspiele jedweder Art langweilig. Gegen Skat hatte er aufgrund seiner Kindheitserlebnisse sogar eine richtige Aversion. Zudem hatte er keine 200 Euro. In der Ukulele schon, aber nicht bei sich am Körper. „Ich glaube, ich möchte nicht spielen“, verkündete er.
    „Willkommen im Club“, sagte die Herzoginwitwe. „Ehrlich, manchmal komme ich mir vor wie eine Pauschalreisende im Club Med, die gezwungen ist, das komplette Bespaßungsprogramm mitzumachen, obwohl ich viel lieber allein am Pool liegen würde.“
    „Wir haben keinen Pool“, erwiderte Mireille Mathieu süffisant.
    „Wie blond bist du eigentlich unter deiner Madame-Butterfly-Perücke?“, ätzte daraufhin die Herzoginwitwe. „Ich meine das selbstverständlich metaphorisch.“
    „Pö!“, zischte Mireille.
    „Mädels, benehmt euch!“, mahnte Jeff Bridges, wohl auch, weil sie in diesem Moment die Kreuzung an der Innsbrucker Straße erreichten und ein Streifenwagen vorbeikam.
    Alfie merkte, wie die anderen innerlich eine Habachtstellung einnahmen. Er war sich der Blicke auf seinem zu großen Konfirmationsanzug bewusst. Nicht aus Furcht vor der Fashion Police, sondern aus Sorge, er könnte der echten

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