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Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi

Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi

Titel: Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
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Kunstfertigkeit im Heimlich-Griff, dachte Alfie noch, als der schicke Franzose zu Boden ging. Er strampelte noch ein wenig, bekam Schaum vor den Mund, nässte sich im Schritt ein und blieb dann reglos mit weit aufgerissenen Augen liegen.
    Das sah eher nicht danach aus, als hätte er sich nur verschluckt. Er wirkte jetzt irgendwie ...
    ... tot.
    Ob es nun am ungewohnten Alkoholgenuss lag oder an seiner zarten seelischen Konstitution, jedenfalls wurde Alfie daraufhin ohnmächtig. Er merkte noch, wie ihm die Sinne schwanden. Dass er direkt neben dem Toten unsanft auf dem Teppichboden aufkam, bekam er bereits nicht mehr mit.

    Im Gegensatz zu seinem morgendlichen Schläfchen am Küchentisch wusste Alfie ganz genau, wie lange er ohnmächtig gewesen war. Circa zwei Sekunden.
    Als er die Augen aufschlug, sah er in die aufgerissenen, erstarrten Augen des Toten, über dem von dessen Partner gerade haufenweise Tränen vergossen wurden. Echte Männer schämen sich ihrer Tränen nicht. Echte Franzosen schon gleich gar nicht.
    Jemand vom Personal telefonierte deutlich vernehmbar mit der ärztlichen Notrufzentrale und beschrieb die Symptome des Mannes, dem sichtlich nicht mehr geholfen werden konnte.
    Neben Alfie kniete auch jemand, nämlich Jeff Bridges, der vergoss aber keine bitteren, französischen Tränen, sondern raunte ihm ausgesprochen autoritär zu: „Wenn gleich die Bullen kommen, dann gibst du dich zurückhaltend wortkarg, verstanden? Du hast nichts mitbekommen, du bist einfach nur ein entsetzter Bürger. Mach uns ...“ Er stockte kurz. „Mach mir ja keine Schande!“
    Alfies Blick wanderte zu den anderen Casino-Gästen, die wahlweise entsetzt die Hand vor den Mund pressten oder sich cool und abgebrüht gaben. Vielleicht waren sie ja tatsächlich cool und abgebrüht. Das Leben in den Bergen, wo die Lawinen zu Tale donnerten, war hart, da wurden die Schwachen bestimmt rasch aussortiert. Vielleicht kippten hier in Tirol täglich Leute aus den Pantoffeln.
    Alfie wusste, dass er Unsinn dachte. Dass er auf leeren Magen Alkohol getrunken hatte, musste sich ja irgendwie auswirken. Also auch abgesehen von seinem Schwächeanfall. Er holte innerlich Anlauf und richtete sich auf die Ellbogen auf.
    Die Leitung des Casinos hatte diesen oder ähnliche Notfälle offenbar schon geprobt. Niemand durfte den Bereich des Saales, in dem er sich zum Zeitpunkt des Zwischenfalls aufgehalten hatte, verlassen. Beschwerden darüber gab es keine. Ein Blick auf die brezelartig verrenkten Gliedmaßen des Toten, und man wusste: Das war kein Fall von Unverträglichkeit gegenüber vergorenem Traubensaft, hier war einer übelst vergiftet worden. Sollte sich in diesem Moment ein Suizidgefährdeter im Casino befunden haben, so war das eine eindrückliche Demonstration gegen die Einnahme von Gift, um den eigenen Tod herbeizuführen. Es war schmerzhaft, eklig und dauerte – zumindest für die Betroffenen – viel zu lange. Und man gab danach einfach keine schöne Leiche mehr ab.
    Alfie hob den Blick wieder, dorthin, wo eben noch Jeff Bridges eindrücklich auf ihn hinuntergeblickt hatte, aber da klaffte eine Lücke. Jeff Bridges war weg. Und nicht nur Jeff Bridges, auch die Herzoginwitwe und Mireille Mathieu waren verschwunden. In den Pokerraum konnte er, am Boden liegend, nicht sehen, aber Alfie war sicher, dass auch Mosche Dajan das Weite gesucht hatte.
    Ob seine Greise einen der Wachmänner an den Ausgängen bestochen hatten? Womöglich begaben sich Auftragskiller ja nie an einen Ort, ohne vorab alle möglichen Fluchtwege auszubaldowern? Nur für den Fall der Fälle. Jedenfalls waren sie jetzt weg – und Alfie war auf sich gestellt.
    Ihm fiel noch auf, dass auch der elegante Black-Jack-Spieler mit den schulterlangen Haaren nicht mehr anwesend war, ebensowenig die Frau in dem orangenen Sari.
    Doch da kamen auch schon die Rettung und die Polizei.

    „Wie konntet ihr das tun? Wie konntet ihr mich allein zurücklassen?“
    Am frühen Abend kehrte Alfie auf sein Schloss zurück. Im Grunde war es gar nicht schlimm gewesen: Während er auf seine Befragung wartete, hatte ihm der Barkeeper einen Energieriegel spendiert – aufs Haus, weil Alfie keinen müden Cent in der Tasche hatte.
    Später hatte ein freundlicher junger Polizeibeamter seine Personalien aufgenommen und ihn gefragt, was er gesehen hatte. Alfie konnte völlig aufrichtig aussagen, dass er nichts gesehen hatte. Jedenfalls nicht, bevor das Opfer mit seiner Röchelarie anfing.
    Da Alfie erstens

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