Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi

Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi

Titel: Grabt Opa aus - Ein rabenschwarzer Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Kruse
Vom Netzwerk:
dann ewiges Nirwana.
    Nein, er würde irgendwie überleben. Nur wie?
    Ein Fisch kam angeschwommen und schien ihn – unzufrieden – zu mustern. An Alfie war nicht viel Fleisch, damit konnte man die hundert oder mehr Eier, die man als Fisch legte, nicht wirklich ausreichend füttern. Alfie war versucht, dem Fisch die Zunge herauszustrecken. Widerliches, glitschiges Schuppentier.
    Und da kam Alfie ein Gedanke. Apropos glitsch.
    Er war ein großer Anhänger von Feuchtigkeitscreme. Vielleicht ein allzu großer. Das kam daher, dass er an trockener Haut litt, und wenn er sich nicht ausreichend eincremte, dann juckte es höllisch. Weswegen er in quasi religiöser Andächtigkeit jeden Morgen tubenweise Creme auf seinem Körper verteilte. Außerdem trug er nie Socken, immer nur Füßlinge. Das Plastikseil lag also auf seiner Haut auf. Es war zwar mit einem festen Knoten verschnürt, aber nicht allzu eng um seine Knöchel geschlungen. Vielleicht ... wenn er unter Zurücklassung seiner Bequemschuhe ...
    Alfie wand sich wie ein Aal. Die Luft in der Plastiktüte wurde unter der Anstrengung zunehmend dünner. Er spürte, wie er müde wurde, aber ein Blick auf den Angeknabberten, der neben ihm – jetzt einäugig – im Wildsee wogte, verlieh ihm ein Durchhaltevermögen, das Alfie bislang fremd gewesen war. Und ja ... da geriet etwas in Bewegung.
    Alfie gelang mit seinen schmächtigen, flutschig eingecremten Beinen das scheinbar Unmögliche: Ein Bein glitt aus der Schlinge. Schuh und Füßling waren zurückgeblieben und sanken auf den schlammigen Grund, auch etwas Hautabrieb fehlte, aber der Fuß war frei. Jetzt nur noch einer. Alfie versuchte, ruhig zu bleiben und nicht hektisch zu strampeln, sondern rhythmisch – wie Nurejew, der Balletttänzer – auch sein zweites Bein aus der Schlinge zu lösen. Wie gut auch, dass er nie Schuhe zum Zubinden kaufte, sondern immer Loafer, in die man einfach nur hineinschlüpfen musste! Zum Freuen blieb aber keine Zeit – die Tüte klebte mittlerweile luftleer an seinem schmalen Kopf.
    Die Beine anwinkelnd und abstreckend und wieder anwinkelnd und abstreckend, ähnlich wie eine Kaulquappe, stieg Alfie nach oben an die Wasseroberfläche.
    Gleich darauf riss er sich die Tüte vom Kopf. Geschafft! Er war noch am Leben!
    In tiefen Zügen holte er Luft. Er sah sich um. Weit und breit niemand, kein Boot, das dümpelnd abgewartet hatte, ob er sich befreien konnte, niemand am Ufer, der zu beenden gedachte, was er angefangen hatte. Nur zwei Stockenten zogen vorbei und betrachteten Alfie ungnädig, wie schicke Vorortbewohner, die sich über einen neuen, unschicklichen Nachbarn wunderten und insgeheim überlegten, ob es nicht Zeit war, umzuziehen.
    Keuchend schwamm Alfie ans rettende Ufer.
    Als er klatschnass und barfüßig aus dem Wildsee stolperte, war ihm völlig klar, wer ihn da hatte umbringen wollen: seine Auftragskillerpensionäre. Aus Angst, er könnte sie bei der Polizei verpfeifen.
    Und das, obwohl er selbstlos auf eine Riesensumme verzichtet hatte, nur um ihren Alterssitz zu retten.
    Na wartet!

9
Die Wahrheit und nichts alsdie Wahrheit
    (Aber mal ehrlich: Wer will das?!)
    „Und? Hat mich wer vermisst?“
    Alfie legte all seinen Hohn in diese Frage. Es war ein großer Auftritt – mit lautem Knall schlug er die Eingangstür hinter sich zu und stapfte pfützenbildend in den Salon. Auf den wenigen Metern vom See zum Waldschlössl hatte er sich ausgemalt, wie die Senioren auf seinen Anblick reagieren würden: überrascht natürlich, denn sie wähnten ihn tot. Ungläubig. Fassungslos. Entsetzt. All das, ja. Aber nicht gelangweilt.
    Niemand beachtete ihn.
    „Hallo-o!“, nölte Alfie ungnädig. Es war doch immer wieder enttäuschend, wenn sich die Dinge nicht so entwickelten, wie er es erwartet hatte.
    „Ah ... da bist du ja wieder“, sagte Jeff Bridges, der vor dem flackernden Kamin saß und die Tiroler Tageszeitung durchblätterte. Er sah aber nur kurz hoch und wandte sich dann wieder einem Artikel über die Lokalpolitik zu. Sonst achtete keiner auf Alfie.
    Mandy betätigte sich als Alleinunterhalterin, was ja auch ihr Job war. Sie hatte vor dem Panoramafenster einen tragbaren CD -Player aufgestellt und sang zu einer Karaoke- CD – inbrünstig, aber weit entfernt von den richtigen Tönen – einen Mariah-Carey-Song. Sie konnte keinen Ton halten und hechelte dem Takt immer hinterher, aber sie trug wieder den Push-Up- BH , der sie für die Goldmedaille prädestinierte, sobald das

Weitere Kostenlose Bücher